OLG Köln, Beschluss vom 18.01.2008 - 2 Ws 717/07
Fundstelle
openJur 2011, 54297
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 55 Vollz 8/06

Lässt die Verfahrensgestaltung den Eindruck aufkommen, dass ein Richter nicht bereit und willens ist, über einen Antrag zu entscheiden und stattdessen den Antragsteller zur Rücknahme des Antrages drängen will, kann das die Besorgnis der Befangenheit begründen.

Tenor

1. Dem Verurteilten wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Auf die sofortige Beschwerde wird in Abänderung der angefochtenen Entscheidung das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen den Richter am Landgericht H für gerechtfertigt erklärt.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die darin dem Verurteilten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

1.

Dem Verurteilten ist gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gemäß §§ 44, 45 II S. 3 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat insoweit zu dem Rechtsmittel folgendes ausgeführt :

Die Beschwerde ist zwar erst am 11.12.2007 beim Landgericht Bonn eingegangen, dem Verurteilten ist aber von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Da ein Briefumschlag nicht zur Akte gelangt ist, ist der Verurteilte so zu behandeln, als ob seine unter dem 1.12.2007 verfasste sofortige Beschwerde fristgerecht beim Landgericht Bonn eingegangen wäre. Nicht nachvollziehbar ist, dass sein Schreiben erst am 7.12.2007 beim Amtsgericht Rheinbach eingegangen sein soll. Diese lange Laufzeit ist mit einer geordneten Briefweiterleitung in der JVA Rheinbach nicht vereinbar.

Dem stimmt der Senat zu.

2.

Der Senat hält abweichend von der angefochtenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer das Ablehnungsgesuch für begründet.

Nach der letzten Senatsentscheidung in vorliegender Sache vom 26.01.2007 (2 Ws 50/07), der bereits fünf Anfragen des abgelehnten Richters bei dem Antragsteller vorangegangen waren, ob dieser nicht seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Versagung von Besitz und Nutzung einer "Sony Playstation II" wegen des hiermit verbunden Kostenrisikos zurückzunehmen gewillt sei, hat Richter am Landgericht H erneut unter dem 30.03. und dem 17.09.2007 den Antragsteller unter Hinweis auf ein widrigenfalls einzuholendes Sachverständigengutachten und das hiermit verbundene Kostenrisiko hingewiesen. Beide Male hat der Antragsteller hieraufhin seine Rechtsauffassung wiederholt, ein neues Gutachten sei nicht erforderlich; er begehre eine Sachentscheidung. Hieraufhin hat Richter am Landgericht H am 08.10.2007 eine Anhörungstermin auf den 23.10.2007 bestimmt und diesen durchgeführt, obwohl der Antragsteller noch mit Schreiben vom 14.10.2007 gebeten hatte, den Termin aufzuheben und nach der Aktenlage eine Entscheidung zu treffen.

Aus der - maßgeblichen - Sicht des Antragstellers konnte insbesondere die Anberaumung und Durchführung des Anhörungstermins keinem anderen Zweck dienen, als ihn - erneut - zur Antragsrücknahme zu bewegen. Eine sachliche Förderung des Verfahrens war von diesem Termin nach Lage der Dinge indessen nicht zu erwarten. Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Anfragen, ob er nicht gewillt sei, den Antrag zurückzunehmen, musste sich daher auch einem nüchtern und vernünftig denkenden Antragsteller der Eindruck aufdrängen, der abgelehnte Richter sei nicht bereit und willens, in seiner - immerhin bereits im März 2006 eingeleiteten - Sache eine verfahrensfördernde Entscheidung - und sei es die Einholung eines Sachverständigengutachtens - zu treffen. Vielmehr konnte er aus seiner Sicht die Anberaumung und Durchführung des Anhörungstermins bei verständiger Würdigung der Vorgeschichte als Versuch auffassen, Druck in Richtung einer Antragsrücknahme auf ihn auszuüben (s. auch OLG Köln, B. v. 11.06.1006 - 25 WF 65/96, NJW-RR 1997, 1083).

Auch für den Senat ist die Verfahrensgestaltung nach der letzten Senatsentscheidung, nach der ein weiteres Jahr ohne wirkliche Förderung des Verfahrens ins Land gegangen ist, um so unverständlicher, als zwischenzeitlich in der obergerichtlichen Rechtsprechung - soweit ersichtlich - einhellig die Auffassung vertreten wird, dass die Genehmigung einer Spielkonsole des Typs "Sony Playstation II" jedenfalls in Anstalten höherer Sicherheitsstufe wegen der diesem Gerät innewohnenden abstrakten Gefährlichkeit, der mit milderen Mitteln nicht begegnet werden kann, nicht in Betracht kommt (so zuletzt unter Aufgabe der vorherigen gegenteiligen Rechtsprechung und mit zahlreiche Nachweisen: OLG Karlsruhe, B. v. 18.01.2007 - 1 Ws 203/05, zitiert nach Juris).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte