OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006 - 7 A 964/05
Fundstelle
openJur 2011, 50420
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte bis zum 19. Juli 2004 verpflichtet war, der Klägerin die mit Bauantrag vom 20. Dezember 1999 beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Im Óbrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin drei Viertel und die Beklagte ein Viertel; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die teilweise Nutzungsänderung eines Möbelmitnahme-Markts in einen Elektrofachmarkt auf ihrem in X. gelegenen Grundstück E. Straße 19. Lage und Umgebung dieses Grundstücks (Baugrundstück) sind aus dem nachfolgenden Kartenausschnitt ersichtlich.

Auf Abdruck wurde verzichtet.

Das Baugrundstück liegt zwischen der N.---------straße und der E. Straße (L 660), die beide von der das Stadtgebiet der Stadt X. von Nordwesten nach Südosten durchquerenden B.----straße (L 625) nach Nordosten führen. Dabei ist die N.---------straße nur in ihrem südlichen Abschnitt für Kraftfahrzeuge befahrbar, während die E. Straße nach Unterquerung der ehemaligen Bahnanlagen weiter nach Norden führt. Nördlich des Baugrundstücks - südlich der ehemaligen Bahnanlagen - führt von der E. Straße parallel zu den ehemaligen Bahnanlagen ein gleichfalls E. Straße benannter Straßenabschnitt nach Westen, an den die umfangreichen Stellplatzanlagen des Baugrundstücks angebunden sind.

Auf dem Baugrundstück befindet sich ein größerer Baukomplex, der im wesentlichen für einen Möbelmitnahmemarkt mit Hochregallager (Nutzfläche über 7.000 qm) genutzt wird. Ferner werden im nördlichen Teil des Baukomplexes ein Getränkemarkt (E1. ) und ein Tierfuttermarkt (G. ) - beide jeweils mit knapp 600 qm Nutzfläche - betrieben. Östlich des Grundstücks der Klägerin - zur E. Straße (L 660) hin - befindet sich ein größerer Baumarkt mit Gartencenter, dessen Stellplatzanlage sich östlich an die auf dem Baugrundstück befindlichen Stellplätze anschließt. Die weitere Umgebung des Baugrundstücks wird wie folgt genutzt:

Nordwestlich der N.---------straße - dem Baugrundstück gegenüber - wird auf dem früheren Gelände der N1. -Werke eine Maschinenfabrik betrieben. Nördlich der ehemaligen Bahnanlagen - zwischen diesen und der in West-Ost- Richtung verlaufenden Westfalenstraße - befinden sich u.a. das Gelände der Stadtwerke X. und östlich der Weiterführung der E. Straße (L 660) ein Schnellrestaurant (C. L. ) sowie ein Werk zur Herstellung von Teilen für die Autoindustrie. Südlich der ehemaligen Bahnanlagen befinden sich südöstlich der E. Straße (L 660) weitere gewerbliche Anlagen. Das südlich des Baugrundstücks und des östlichen Nachbargrundstücks zwischen der E. Straße (L 660) und der N.---------straße gelegene Gelände wird insbesondere für eine Kultureinrichtung (X1. Werk-Stadt), ein Trainingszentrum für Kraftsport, den städtischen Fuhrpark, die Feuerwehr sowie Lagerplätze und städtische Verwaltungseinrichtungen genutzt. Entlang der B.----straße schließt sich insbesondere Wohnbebauung an. Südwestlich der B.----straße führt die Oberstraße als Fortsetzung der N.---------straße zu dem rd. 500 m entfernten Straßenzug I.---- straße /S.---straße , an dem sich u.a. das Rathaus und der zentrale Busbahnhof befinden. Von diesem Straßenzug führt die als Fußgängerzone angelegte C1.------ straße nach Westen.

Die Stadt X. hat 1997 ein Gesamtstädtisches Struktur- und Entwicklungsgutachten "Einkaufsstadt X. " der GMA - im Nachfolgenden "GMA- Gutachten 1997" genannt - erstellen lassen. In diesem Gutachten sind auf der Grundlage von im Oktober 1996 durchgeführten Bestandserhebungen vier als "städtebaulich integrierte Versorgungsbereiche" bezeichnete Bereiche dargestellt. Sie erfassen

- den Innenstadtbereich beiderseits der I.----straße /S.---straße und der C1.------ straße ,

- einen kleineren nördlich der B.----straße und westlich der Q.---------straße gelegenen Bereich, das sog. "Boni-Center",

- einen Bereich beiderseits der B.----straße , der sich vom Knotenpunkt E. Straße/B.----straße nach Südosten erstreckt, und

- einen kleineren Bereich, der rd. 1 km nordwestlich des dargestellten Innenstadtbereichs liegt, das sog. "Versorgungszentrum D. ".

Der Bereich des Baugrundstücks und des östlich benachbarten Grundstücks mit dem Baumarkt, sog. "Geschäftsbereich Stinnes", wird in dem GMA-Gutachten 1997 umschrieben als ein "Solitärstandort, der durch großflächige Einzelhandelsbetriebe mit nicht innenstadtrelevanten Sortimenten charakterisiert wird".

Das GMA-Gutachten 1997 zielt u.a. ab auf konzeptionelle Empfehlungen im Rahmen eines abgestuften Zentrenmodells mit Funktionszuweisungen für die Innenstadt und die Nahbereichszentren. Abschließende Beschlüsse des Rates der Stadt X. zur Umsetzung der Empfehlungen des Gutachtens in ein städtisches Einzelhandelskonzept liegen bislang nicht vor.

Das Baugrundstück und das östliche Nachbargrundstück mit dem Baumarkt liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 175 "N.---------straße /Rheinische Bahn/E. Straße" der Stadt X. . Dieser am 8. März 1997 bekannt gemachte Bebauungsplan weist für das Baugrundstück und das östliche Nachbargrundstück insbesondere zwei Sondergebiete sowie mehrere Stellplatzanlagen aus. In den Sondergebieten mit der Zweckbestimmung "großflächige Einzelhandelsbetriebe" sind zulässig:

- Möbelmarkt, max. Verkaufsfläche 5.500 qm;

- Bau und Heimwerkermarkt mit Gartencenter; max. Verkaufsfläche 10.000 qm;

- Fachmärkte mit insgesamt maximal 3.000 qm Verkaufsfläche für nicht citytypische Sortimente.

Ausnahmsweise zulässig sind

- den zugelassenen großflächigen Einzelhandelsbetrieben zugeordnete Büro- und Verwaltungsgebäude

- Selbstbedienungsrestaurants, welche die zugelassenen großflächigen Einzelhandelsbetriebe ergänzen.

Die textlichen Festsetzungen enthalten u.a. eine Auflistung der zulässigen Kern- und Randsortimente für die Nutzungen "Möbelmarkt", "Bau- und Heimwerkermarkt" und "Gartencenter", eine nähere Umschreibung der "citytypischen Sortimente" für die weiter zulässigen Fachmärkte enthalten sie nicht. In der Begründung zu diesem Bebauungsplan ist u.a. ausgeführt:

"Das überregional bedeutsame und am Standort X. landesplanerisch abgestimmte Möbelhaus P. wurde für eine Größenordnung von insgesamt 40.000 m2 Verkaufsfläche am Standort S1. Feld ausgelegt. Aus Vermarktungsgründen war es nötig geworden, diese Verkaufsfläche zu segmentieren und auf zwei räumlich voneinander getrennte Standorte zu verteilen...

Am neuen Standort zwischen N.---------straße und E. Straße wird der Möbel-Mitnahmemarkt auf max. 5.500 m2 Verkaufsfläche festgelegt..."

Zum Bau- und Heimwerkermarkt mit Gartencenter heißt es u.a.:

"Zur Vermeidung von negativen Folgen für die Innenstadt sollen die zulässigen Sortimente so eingegrenzt werden, dass keine innenstadttypischen Produkte angeboten werden."

Mit Bauantrag vom 20. Dezember 1999, bei der Beklagten eingegangen am 23. Dezember 1999, beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die teilweise Nutzungsänderung des Möbelmitnahmemarkts in einen Elektrofachmarkt. Nach den zur Genehmigung gestellten Bauvorlagen soll der im Erdgeschoss des bestehenden Baukomplexes einzurichtende Elektrofachmarkt unter Beibehaltung des Möbelmitnahmemarkts im Übrigen wie auch des Getränke- und des Tierfuttermarkts eine Verkaufsfläche von 2.256,41 qm aufweisen mit weiteren 502,74 qm Lager. Dem Antrag beigefügt war eine Sortimentsbeschreibung, die insbesondere Elektrogroß- und -kleingeräte, Rundfunkgeräte, Hifi, Fernseher, Kameras, Tonträger, Videofilme und Computer umfasst.

Mit Bescheid vom 3. Januar 2002 lehnte die Beklagte die Erteilung der Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte sie aus, das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, weil die vorgesehenen Sortimente "citytypisch" seien. Den hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin wies der Landrat des F. -S2. -Kreises mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2004 aus denselben Gründen zurück und führte ergänzend aus, gemeinsam mit den beiden bereits vorhandenen Fachmärkten (Getränke; Tierfutter) würde auch die maximal zulässige Verkaufsfläche für Fachmärkte mit nicht citytypischen Sortimenten von 3.000 qm überschritten.

Eine weitere Bauvoranfrage der Klägerin für die teilweise Nutzungsänderung des Möbelmarkts in einen Lebensmittelmarkt hatte gleichfalls keinen Erfolg. Die gegen den zu dieser Voranfrage ergangenen Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Landrats des F. -S2. - Kreises vom 28. Januar 2004 erhobene Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht Arnsberg mit Urteil vom 25. Januar 2005 (4 K 573/04) abgewiesen. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung (7 A 965/05) hat die Klägerin zurückgenommen. Beim Senat noch anhängig sind drei weitere Anträge der Klägerin auf Zulassung der Berufung, die sich auf folgende Bauvoranfragen der Klägerin für das Baugrundstück beziehen:

- Bauvoranfrage vom 17. März 2004 für einen Textilmarkt mit einer maximalen Verkaufsfläche von 700 qm (7 A 4104/06);

- Bauvoranfrage vom 17. März 2004 für einen Schuhmarkt mit einer maximalen Verkaufsfläche vom 600 qm (7 A 4106/06) und

- Bauvoranfrage vom 30. September 2004 für einen Drogeriemarkt mit einer maximalen Verkaufsfläche von 500 qm (7 A 4105/06).

Zur Begründung ihrer am 19. Februar 2004 erhobenen Klage hinsichtlich des hier in Rede stehenden Elektrofachmarkts hat die Klägerin insbesondere vorgetragen, ihr Vorhaben verstoße nicht gegen den Bebauungsplan Nr. 175. Hierzu habe sie - die Klägerin - im Aufstellungsverfahren angeregt, auf die Benennung der zentrenrelevanten Sortimente zu verzichten und diese nur allgemein zu umschreiben. Angesichts dessen sei der Bebauungsplan - planerhaltend - dahin zu verstehen, dass die Sortimente nach den konkreten Verhältnissen keine negativen Auswirkungen auf die innerstädtische Versorgung haben dürften. Das treffe zu. Sollte der Bebauungsplan als unwirksam anzusehen sein, scheitere das dann zulässige Vorhaben jedenfalls nicht an den Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 BauGB n.F., da es keine schädlichen Auswirkungen im Sinne dieser Vorschrift bewirke. Hierzu hat die Klägerin insbesondere auf eine von ihr vorgelegte Analyse der Gesellschaft Dr. M. & Partner vom Januar 2005 - im Nachfolgenden "M. -Gutachten 2005" genannt - verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 3. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrats des F. -S2. -Kreises vom 4. Februar 2004 zu verpflichten, den Bauantrag der Klägerin vom 20. Dezember 1999 zu genehmigen,

hilfsweise

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 3. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrats des F. - S2. -Kreises vom 4. Februar 2004 zu verpflichten, auf den Bauantrag der Klägerin vom 20. Dezember 1999 einen entsprechenden planungsrechtlichen Bauvorbescheid zu erteilen,

weiter hilfsweise

festzustellen, dass der o.g. Bauantrag vom 20. Dezember 1999 bis zum 1. Juli 2004 positiv hätte beschieden werden müssen,

weiter hilfsweise,

festzustellen, dass der Bauantrag vom 20. Dezember 1999 bis zum 1. Juli 2004 unter Ausklammerung der bautechnischen Nachweise hätte positiv beschieden werden müssen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere vorgetragen, Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans bestünden nicht; hinsichtlich eventueller Mängel sei die Sieben- Jahres-Frist für deren Geltendmachung abgelaufen. Bei einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans sei zu berücksichtigen, dass im Zentrum von X. insgesamt drei Betriebe der Branchen Elektro/Unterhaltungsmedien vorhanden seien. Hierzu gehöre u.a. das Unternehmen T. , dessen Schließung bei Ansiedlung des Vorhabens der Klägerin zu befürchten sei; damit sei auch der Fortbestand etwa des Kaufhauses, dem der Betrieb T. räumlich angegliedert ist, gefährdet.

Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt. Sie hat insbesondere darauf verwiesen, es sei nach dem Einführungserlass zum EAG Bau Sache der Klägerin, das Fehlen von städtebaulichen Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB darzulegen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, der Bebauungsplan Nr. 175 der Stadt X. sei unwirksam, weil der Begriff "citytypisch" nicht hinreichend bestimmt sei; eine Legaldefinition für "citytypische" Sortimente gebe es nicht. Bei der danach gebotenen bauplanungsrechtlichen Bewertung nach § 34 BauGB sei das Vorhaben der Klägerin zwar an sich zulässig, weil es in einem faktischen Kerngebiet errichtet werden solle; ihm stehe jedoch § 34 Abs. 3 BauGB n.F. entgegen. Im Zentrum von X. seien vier städtebaulich integrierte Versorgungszentren vorhanden (Innenstadt, C2. -Center, B.----straße , D. ). Der hier betroffene Bereich "Stinnes" sei hingegen nicht städtebaulich integriert, wie aus dem GMA-Gutachten 1997 folge. Insoweit schließe eine Umsatzverteilung von weniger als 10 % (hier: 8,9 % im Bereich der Innenstadt X. ) schädliche Auswirkungen im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB n.F. nicht aus. Dem ersten Hilfsantrag stehe die planungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens entgegen. Dem zweiten Hilfsantrag stehe entgegen, dass der Bauantrag vor Inkrafttreten des EAG Bau wegen Fehlens eines Brandschutzkonzeptes nicht bescheidungsfähig gewesen sei.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 29. Mai 2006 die Berufung zugelassen. Die Klägerin hat rechtzeitig einen Berufungsantrag gestellt und diesen begründet.

Nach Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts hat der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz der Stadt X. am 21. April 2005 beschlossen, das Verfahren zur Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 175 und zur Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 213 "E. Straße/N.---------straße /S3. -nische Bahn" für denselben Planbereich durchzuführen. Zur Begründung ist in der dem Beschluss zugrunde liegenden Verwaltungsvorlage ausgeführt, für die Neuaufstellung des als unwirksam angesehenen Bebauungsplans bestehe weiterhin ein städtebaulicher Steuerungsbedarf; inhaltlich solle der Plan grundsätzlich die Art (Sondergebiete) und das Maß der baulichen Nutzung beibehalten und den gerichtlich festgestellten Mangel der Bestimmtheit beheben. Am 9. Mai 2005 beschloss der Rat der Stadt X. weiterhin eine Satzung über die Veränderungssperre für den neu aufzustellenden Bebauungsplan Nr. 213. Der Aufstellungsbeschluss und die Satzung über die Veränderungssperre wurden am 16. Juni 2005 bekannt gemacht.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin insbesondere vor, planungsrechtliche Grundlage für die Zulässigkeit ihres Vorhabens sei § 34 BauGB, weil der Bebauungsplan Nr. 175 unwirksam sei. Es könne dahinstehen, ob das Vorhaben in einem faktischen Kerngebiet - so das Verwaltungsgericht - oder einem nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilenden Bereich liege. In beiden Fällen sei es nach § 34 Abs. 1 BauGB bzw. nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 BauNVO zulässig. Die Veränderungssperre stehe ihrem Vorhaben nicht entgegen. Mit dem zu ihrer Begründung angeführten städtebaulichen Steuerungsbedarf könne die Veränderungssperre nicht gerechtfertigt werden, da jeder Planung ein Steuerungsbedarf eigen sei. Die Veränderungssperre greife ferner jedenfalls nicht gegenüber dem hier strittigen Vorhaben, weil die Grundsätze des § 17 Abs. 3 BauGB für eine erneute Veränderungssperre anwendbar seien. Die Beklagte müsse sich auch die Zeit anrechnen lassen, in der der Antrag wegen der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht habe abgelehnt werden dürfen. Schließlich stehe dem Vorhaben auch § 34 Abs. 3 BauGB n.F. nicht entgegen. Das Vorhaben befinde sich nicht in einer nichtintegrierten Lage, sondern sei selbst Bestandteil der Innenstadt von X. ; es solle in einer Entfernung von nur 10 Minuten Fußweg zur Innenstadt errichtet werden. Von dem Vorhaben gingen auch keine schädlichen Auswirkungen im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB aus. Die hierfür maßgebliche Schwelle sei erst bei Umsatzumverteilungen anzusetzen, die über 10 % lägen. Das M. -Gutachten 2005 belege, dass nur Umsatzumverteilungen bis zu 8,9 % in der Innenstadt von X. zu erwarten seien. Dem Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung stehe auch nicht entgegen, dass dem Bauantrag kein Brandschutzkonzept beigefügt gewesen sei. Ein solches sei erst nach der am 1. Juni 2000 in Kraft getretenen Änderung der BauO NRW erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 3. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrats des F. -S2. -Kreises vom 4. Februar 2004 zu verpflichten, den Bauantrag der Klägerin vom 20. Dezember 1999 zu genehmigen,

hilfsweise,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 3. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrats des F. - S2. -Kreises vom 4. Februar 2004 zu verpflichten, auf den Bauantrag der Klägerin vom 20. Dezember 1999 einen entsprechenden planungsrechtlichen Bauvorbescheid zu erteilen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagte bis zum 19. Juli 2004 verpflichtet war, der Klägerin die mit Bauantrag vom 20. Dezember 1999 beantragte Baugenehmigung zu erteilen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagte bis zum 19. Juli 2004 verpflichtet war, der Klägerin einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für das mit Bauantrag vom 20. Dezember 1999 zur Genehmigung gestellte Vorhaben zu erteilen,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Veränderungssperre sei hinreichend gerechtfertigt. Ziel des künftigen Bebauungsplans Nr. 213 sei die Erhaltung und Stärkung der Einzelhandelsfunktion für die zentralen Versorgungsbereiche der Stadt. § 17 Abs. 3 BauGB sei hier nicht - auch nicht entsprechend - anzuwenden. Dem Vorhaben stehe schließlich auch § 34 Abs. 3 BauGB n.F. entgegen. Die Darlegungslast für das Fehlen schädlicher Auswirkungen liege bei der Klägerin, denn der Umstand, dass § 34 Abs. 3 BauGB negativ formuliert sei, führe nicht dazu, dass es sich nicht um eine anspruchsbegründende Voraussetzung handele. Das Vorhaben befinde sich auch an einem städtebaulich nicht integrierten Standort. Schädliche Auswirkungen könnten schließlich auch bei Kaufkraftabflüssen von weniger als 10 % vorliegen.

Die Beigeladene stellt keinen Sachantrag.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 4 K 573/04 VG Arnsberg = 7 A 965/05 OVG NRW, der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge, Pläne, Gutachten und sonstigen Unterlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nur mit dem zweiten Hilfsantrag begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zu Recht abgewiesen, weil das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

Das Vorhaben soll zwar im Geltungsbereich des - qualifizierten - Bebauungsplans Nr. 175 der Stadt X. errichtet werden. Gleichwohl richtet sich seine bauplanungsrechtliche Beurteilung nicht nach § 30 Abs. 1 BauGB, sondern nach § 34 BauGB, weil dieser Bebauungsplan ungültig ist.

Die Festsetzungen des Bebauungsplans zur zulässigen Art der baulichen Nutzung in den ausgewiesenen Sondergebieten leiden an einem - unabhängig von Rügen nach den §§ 214, 215 BauGB - beachtlichen Mangel. Soweit Nr. 3 dieser Festsetzungen in den Sondergebieten nur Fachmärkte mit insgesamt maximal 3.000 qm Verkaufsfläche "für nicht citytypische Sortimente" zulässt, ist diese Regelung unbestimmt. Dies führt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, zugleich zur Ungültigkeit des Bebauungsplans in seiner Gesamtheit.

Der Plangeber wollte mit dem Begriff "citytypisch" für die zulässigen Fachmärkte ersichtlich solche Sortimente ausschließen, die gemeinhin als "zentrenrelevant" oder "zentrentypisch" angesehen werden, nämlich Sortimente, die vornehmlich in den Versorgungszentren der Innenstädte angeboten werden (sollen). Eine Legaldefinition dafür, welche Sortimente in diesem Sinne "citytypisch" oder "zentrenrelevant" sind, gibt es jedoch nicht, so dass sich der Inhalt dieses Begriffs nicht etwa bereits aus sich heraus erschließt.

Vgl.: OVG NRW, Urteile vom 3. Juni 2002 - 7a D 92/99.NE -, BRS 65 Nr. 38 und vom 9. Oktober 2003 - 10a D 55/01.NE -, JURIS-Dokumentation zu "zentrenrelevanten" Sortimenten; OVG NRW, Urteil vom 9. Oktober 2003 - 10a D 76/01.NE -, BRS 66 Nr. 39 zu "innenstadtbedeutsamen" Sortimenten.

Auch sonst lässt sich im vorliegenden Fall der nähere Inhalt dieses Begriffs nicht feststellen.

Zwar kann bei der Festsetzung von zulässigen Sortimenten des Einzelhandels ein Rückgriff auf Listen in Einzelhandelserlassen oder sonstige Orientierungshilfen unbedenklich sein, soweit dadurch bestimmte Arten von Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO zutreffend gekennzeichnet werden.

Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2001 - 4 BN 45.01 -, BRS 64 Nr. 28.

Nichts anderes, nämlich das Erfordernis einer hinreichenden Bestimmtheit, gilt auch dann, wenn - wie hier - im Rahmen der Ausweisung eines sonstigen Sondergebiets im Sinne von § 11 BauNVO die zulässige Art der Nutzung festgesetzt wird. Zwar liegt bei der Ausweisung von Sondergebieten die Definitionsmacht darüber, welche Anlagen zulässig oder ausnahmsweise zulassungsfähig sind, bei der Gemeinde, so dass diese über die Möglichkeiten hinaus, die etwa § 1 Abs. 9 BauNVO bei der Feindifferenzierung von den in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebieten eröffnet, näher konkretisieren und zu diesem Zweck die Merkmale bestimmen kann, die ihr am besten geeignet erscheinen, um das von ihr verfolgte Planziel zu erreichen.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 - 4 CN 5.01 -, BRS 65 Nr. 67.

Auch das entbindet die Gemeinde jedoch nicht von der Pflicht, die im Sondergebiet zulässigen Arten von Nutzungen so hinreichend bestimmt festzulegen, dass die Normadressaten - sei es auch erst im Wege der Auslegung der Festsetzung - im Einzelfall feststellen können, ob eine bestimmte Nutzung zulässig ist oder nicht.

Eine solche hinreichende Bestimmtheit des hier gewählten Begriffs "citytypisch" ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man wie die Widerspruchsbehörde im Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2004 zu seiner näheren Eingrenzung auf den für das Land Nordrhein-Westfalen (noch) einschlägigen Einzelhandelserlass 1996 - Runderlass vom 7. Mai 1996 (MBl. NRW. S. 922) - zurückgreift. Soweit in diesem Einzelhandelserlass 1996 bestimmte Sortimente dahin umschrieben werden, dass sie "als zentrenrelevante Sortimentsgruppen gelten", lässt sich hieraus nicht herleiten, dass sie im konkreten Einzelfall tatsächlich "zentrenrelevant" - oder nach der hier gewählten Terminologie "citytypisch" - sind. Dies folgt schon daraus, dass der Einzelhandelserlass 1996 hinsichtlich der konkreten Zentrenrelevanz bestimmter Warengruppen auf eine individuelle Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation abstellt. Demgemäß lässt sich aus dem Einzelhandelserlass 1996 allein die Zentrenrelevanz bestimmter Warengruppen noch nicht herleiten. Welche Sortimente in der jeweiligen örtlichen Situation "zentrenrelevant" - oder im Sinne der hier gewählten Terminologie "citytypisch" - sind, bedarf vielmehr einer individuellen Betrachtung der örtlichen Situation und daran anknüpfend einer näheren Konkretisierung durch die planende Gemeinde.

Vgl. zu alledem bereits: OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 2002 - 7a D 92/99.NE -, BRS 65 Nr. 38.

Eine solche Konkretisierung hat die Stadt X. hier zwar für die zulässigen Kern- und Randsortimente der in den Sondergebieten zulässigen Nutzungsarten "Möbelmarkt", "Bau- und Heimwerkermarkt" sowie "Gartencenter" vorgenommen und ausdrücklich festgesetzt, nicht jedoch hinsichtlich der für die sonstigen Fachmärkte zulässigen "citytypischen" Sortimente.

Diese Unbestimmtheit der Festsetzung zur Art der Nutzung hinsichtlich der Fachmärkte führt zugleich zur Ungültigkeit des gesamten Bebauungsplans. Die Umschreibungen der in den Sondergebieten ihrer Art nach zulässigen Nutzungen sind das zentrale Element des Plans. Dabei entfällt auf die Fachmärkte mit einer zulässigen Gesamtverkaufsfläche von max. 3.000 qm ein solch beachtlicher Teil der in den Sondergebieten insgesamt zulässigen Verkaufsflächen, nämlich von immerhin rd. 16 %, dass die Ungültigkeit der hierfür getroffenen Regelungen zugleich die Sondergebietsausweisung insgesamt erfasst.

Der hiernach wegen der Ungültigkeit des Bebauungsplans und der Lage des Vorhabens in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gemäß § 34 BauGB zu beurteilenden planungsrechtlichen Zulässigkeit steht - unabhängig von den Voraussetzungen der genannten Vorschrift - nicht bereits die zwischenzeitlich erlassene Veränderungssperre entgegen. Diese Veränderungssperre ist entgegen der Auffassung der Klägerin zwar wirksam, sie kann dem strittigen Vorhaben jedoch wegen Zeitablaufs nicht (mehr) entgegen gehalten werden.

Gemäß § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen. Diese Voraussetzung liegt hier vor.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz der Stadt X. hat am 21. April 2005 beschlossen, das Verfahren zur Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 175 durchzuführen, und zugleich einen Aufstellungsbeschluss für einen neuen Bebauungsplan für den betroffenen Planbereich - den Bebauungsplan Nr. 213 "E. Straße/N.---------straße /S4. Bahn" - gefasst. Dass dieser Aufstellungsbeschluss nicht vom Rat der Stadt X. , sondern einem Ausschuss gefasst wurde, ist unschädlich. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erwähnt nur den "Beschluss, einen Bebauungsplan aufzustellen", enthält jedoch keine Aussage darüber, welches Gemeindeorgan für einen solchen Beschluss zuständig ist. Dies richtet sich vielmehr nach den internen Zuständigkeitsregelungen der Gemeinden. Insoweit legt § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchst. g GO NRW u.a. fest, dass der Rat lediglich "abschließende Satzungsbeschlüsse auf der Grundlage des Baugesetzbuches" nicht übertragen kann. Zulässig ist damit die Übertragung jedenfalls der verfahrensbegleitenden Beschlüsse, zu denen auch der Aufstellungsbeschluss für einen Bauleitplan (hier: Bebauungsplan) nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB gehört. Eine solche Übertragung auf den hier tätig gewordenen Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz (nunmehr: Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Umweltschutz) liegt auch vor, wie sich aus der dem Senat vorgelegten Zuständigkeitsordnung für die Ausschüsse ergibt.

Die Satzung über die Veränderungssperre für den Geltungsbereich eben dieses künftigen Bebauungsplans Nr. 213 hat der Rat der Stadt X. sodann am 9. Mai 2005 beschlossen. Die Wirksamkeit dieser Satzung setzt allerdings nicht nur voraus, dass der Aufstellungsbeschluss für den zu sichernden Bebauungsplan gefasst ist, sondern dieser muss auch wirksam sein. Wirksam wird der Aufstellungsbeschluss erst dann, wenn er gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB ortsüblich bekannt gemacht ist. Diese Bekanntmachung kann - wie hier geschehen - auch gleichzeitig mit der Bekanntmachung der Satzung über die Veränderungssperre in demselben Bekanntmachungsorgan erfolgen.

Vgl.: BVerwG, Beschlüsse vom 6. August 1992 - 4 N 1.92 -, BRS 54 Nr. 77 und vom 11. Oktober 1996 - 4 BN 19.96 -, nicht veröffentlicht; vgl. ferner OVG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2006 - 7 D 67/05.NE - m.w.N..

Auch die weiteren materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre liegen vor.

Insoweit setzt die Gültigkeit einer Veränderungssperre voraus, dass bei ihrem Erlass die Bebauungsplanung, die sie sichern soll, hinreichend konkretisiert ist. Voraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre ist mithin, dass die Planung, die die Veränderungssperre sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die nur einzelne Vorhaben ausschließt, reicht nicht aus.

Vgl. zu alledem: BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2004 - 4 BN 22.04 -BRS 67 Nr. 119 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2004 - 4 CN 13.03 - , BRS 67 Nr. 118 und vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 -, BRS 67 Nr. 11 jeweils m.w.N..

Diesen Anforderungen wird die hier erlassene Veränderungssperre gerecht. Der Inhalt des künftigen Bebauungsplans Nr. 213, dessen Aufstellung durch die Veränderungssperre gesichert werden soll, war im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Veränderungssperre am 9. Mai 2005 hinreichend konkretisiert.

In der Verwaltungsvorlage Nr. 0146/V 14 vom 24. März 2005, die Grundlage des Aufstellungsbeschlusses des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz vom 21. April 2005 - wie auch des nachfolgenden Ratsbeschlusses über die Veränderungssperre vom 9. Mai 2005 - war, heißt es:

"Für das Plangebiet besteht weiterhin ein städtebaulicher Steuerungsbedarf. Es ist davon auszugehen, dass der Bebauungsplan [Nr. 175] bei jedem weiteren Gerichtsverfahren inzident für unwirksam erklärt werden würde. Aus diesem Grunde empfiehlt die Verwaltung dringend, den Bebauungsplan Nr. 175 durch einen neuen Bebauungsplan zu ersetzen. Gleichzeitig soll der Bebauungsplan Nr. 175 aufgehoben werden, um für den angenommenen Fall, dass auch der neue Plan zu einem späteren Zeitpunkt unwirksam werden könnte, unmittelbar § 34 (3) BauGB Anwendung finden kann.

Inhaltlich soll der neue Plan grundsätzlich die Art (Sondergebiete) und Maß der Nutzungen beibehalten und den im Gerichtsurteil [gemeint ist das im vorliegenden Verfahren ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. Januar 2005] festgestellten Mangel an Bestimmtheit durch eine andere Formulierung beheben. Hierbei ist der Ausschluss der Nutzungen vorgesehen, die schädliche Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche in X. oder den Nachbargemeinden erwarten lassen."

Mit diesen Erwägungen ist der angestrebte Inhalt des künftigen Bebauungsplans Nr. 213 im dargelegten Sinne hinreichend konkretisiert. Der Plan soll sich inhaltlich nicht von dem - als unwirksam angesehenen - bisherigen Bebauungsplan Nr. 175 unterscheiden, vielmehr sollen allein die Regelungen, die auf den Ausschluss der für die Versorgungszentren schädlichen Nutzungen abzielen, nunmehr auf eine tragfähige Grundlage gestellt werden.

Diese planerische Zielsetzung kann auch durch eine Veränderungssperre gesichert werden. Die zuständigen Organe der Stadt X. haben ihren Entscheidungen über den Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre keineswegs nur einen allgemeinen, nicht näher konkretisierten städtebaulichen Steuerungsbedarf zugrunde gelegt. Sie haben vielmehr dezidiert darauf abgestellt, dass die Festsetzungen des neuen Bebauungsplans im betroffenen Gebiet großflächigen Einzelhandel ermöglichen sollen, dies aber nur mit solchen Sortimenten, die die Funktion der Versorgungsbereiche in X. und Nachbargemeinden nicht nachteilig beeinträchtigen.

Bei der erlassenen Veränderungssperre handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht um eine mit den Vorgaben des § 17 Abs. 3 BauGB nicht (mehr) vereinbare erneute Veränderungssperre. Nach der genannten Vorschrift kann die Gemeinde eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen. Diese Vorschrift greift ihrem Wortlaut nach mithin dann, wenn bereits eine Veränderungssperre zur Sicherung der Planung ergangen war und die Gemeinde diese wegen ihres Außerkrafttretens nicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BauGB verlängern kann, sondern stattdessen die Veränderungssperre erneut beschließt. Dabei begegnet es keinen Bedenken, wenn die erneute Veränderungssperre bereits zu einer Zeit beschlossen wird, in der die vorangegangene Sperre noch in Kraft ist.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - 4 C 39.74 -, BRS 30 Nr. 76 (S. 140).

Unter welchen Voraussetzungen eine solche erneute Veränderungssperre ergehen kann, bedarf hier keiner weiteren Erörterung. Von einer "erneuten" Veränderungssperre lässt sich nur im Verhältnis zu einer "früheren" sprechen.

Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1992 - 4 NB 44.92 -, NVwZ 1993, 474.

Eine Anwendung von § 17 Abs. 3 BauGB scheidet hier mithin schon deshalb aus, weil es keine "frühere" Veränderungssperre gibt, die durch die Veränderungssperre vom 9. Mai 2005 "erneuert" worden wäre. Die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 175 in den Jahren 1994 bis 1997 war nicht durch eine Veränderungssperre gesichert worden, so dass die Veränderungssperre vom 9. Mai 2005 den erstmaligen Erlass einer Veränderungssperre für den hier betroffenen Bereich, nunmehr zur Sicherung der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 213 als Ersatz für den - unwirksamen - Bebauungsplan Nr. 175, bedeutet.

Die nach alledem wirksame Veränderungssperre vom 9. Mai 2005 kann dem strittigen Vorhaben gleichwohl nicht entgegen gehalten werden. Auf die - zulässige - Dauer einer Veränderungssperre ist gegenüber den jeweiligen Vorhaben nicht nur gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB der Zeitraum anzurechnen, der seit der ersten Zurückstellung des Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB abgelaufen ist. Vielmehr sind auch faktische Zurückstellungen anzurechnen. Insoweit kann der Zeitraum, der - nach angemessener, mit § 75 VwGO abzustimmender (und im Baurecht wohl häufig drei Monate unvermeidbar überschreitender) Frist - dadurch vergeht, dass ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonst wie verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird, nicht anders behandelt werden als es § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB für eine förmliche Zurückstellung anordnet.

Vgl. bereits: BVerwG, Urteil vom 11. November 1970 - 4 C 79.68 -, BRS 23 Nr. 88.

Daraus folgt, dass unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB eine - für andere noch geltende - Veränderungssperre demjenigen gegenüber keine Wirkung entfaltet, den sie bei Berücksichtigung der anzurechnenden Zeit mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten Sperre belegen würde.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - 4 C 39.74 -, BRS 30 Nr. 76 (S. 145).

Gemessen an diesen Maßstäben ist der Zeitraum einer - möglichen - Sperrwirkung der Veränderungssperre vom 9. Mai 2005 im Hinblick auf das hier in Rede stehende Vorhaben schon längst verstrichen.

Das strittige Vorhaben wurde mit dem am 23. Dezember 1999 bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangenen Bauantrag zur Genehmigung gestellt. Auch wenn man eine die Zeit von drei Monaten deutlich überschreitende Bearbeitungszeit in Rechnung stellt und beispielsweise von einer solchen von bis zu einem Jahr ausgeht, sind zwischenzeitlich knapp 6 Jahre verstrichen. Für einen solch langen Zeitraum scheidet hier eine zulässige Sperrwirkung der Veränderungssperre aus.

Schon eine Verlängerung der Dauer der Veränderungssperre über die aus § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BauGB ohne weiteres zulässige Frist von drei Jahren hinaus setzt gemäß § 17 Abs. 2 BauGB "besondere Umstände" voraus. Solche besonderen Umstände liegen nur vor, wenn das Planverfahren durch eine Ungewöhnlichkeit gekennzeichnet ist, die sich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit abhebt. Ferner muss gerade die Ungewöhnlichkeit ursächlich dafür sein, dass die Aufstellung des Plans mehr als die übliche Zeit erfordert. Hinzukommen muss ferner, dass die Gemeinde die - verzögerungsverursachende - Ungewöhnlichkeit nicht zu vertreten hat. Dabei setzt das Erfordernis, dass "besondere Umstände" vorliegen müssen, mit dem Ablauf des dritten Sperr-Jahres ein und steigert sich im Maß des Zeitablaufs.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - 4 C 39.74 -, BRS 30 Nr. 76 (S. 143/144).

Gemessen an diesen Maßstäben liegt hier keine solche von der Stadt X. nicht zu vertretende Ungewöhnlichkeit der Planung vor, die eine Sperrwirkung sogar von weit über 5 Jahren rechtfertigt. Zwar mag die konkrete planerische Festlegung der hier auszuschließenden "citytypischen" bzw. "zentrenrelevanten" Sortimente nähere Betrachtungen des gesamten Stadtgebiets und der dort anzustrebenden Zentrenstruktur voraussetzen und ggf. auch erfordern, dass die hierzu erforderlichen Ermittlungen gutachterlich abgestützt werden. Dass dies trotz der von der Verwaltung zu fordernden Anspannung ihrer Kräfte sowie der gebotenen Umsicht und intensiven Bearbeitung

- vgl.: BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - 4 C 39.74 -, BRS 30 Nr. 76 (S. 143) -

nicht in dem hier nur zu betrachtenden Zeitraum von 5 Jahren abgewickelt werden könnte, ist jedoch auch nicht ansatzweise erkennbar.

Steht dem Vorhaben hiernach die - wirksame - Veränderungssperre vom 9. Mai 2005 nicht entgegen, ergibt die Prüfung nach § 34 BauGB, dass das Vorhaben zwar die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 BauNVO erfüllt, seiner baurechtlichen Genehmigung jedoch § 34 Abs. 3 BauGB n.F. entgegen steht.

Ob sich die bauplanungsrechtliche Beurteilung hier nach § 34 Abs. 1 BauGB oder, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 7 BauNVO richtet, kann letztlich dahinstehen, da das Vorhaben die Voraussetzungen sowohl der einen als auch der anderen Alternative erfüllt.

Bei einer bauplanungsrechtlichen Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB wäre das Vorhaben seiner Art der baulichen Nutzung nach zulässig, weil es sich insoweit in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Nach dem vorliegenden umfassenden Kartenmaterial kann mit dem Verwaltungsgericht davon ausgegangen werden, dass die nähere Umgebung zumindest den Bereich erfasst, der zwischen der N.--------- straße und der E. Straße liegt sowie im Norden bis zu dem früheren Bahngelände und im Süden bis zur B.----straße reicht. In dieser Umgebung hat das strittige Vorhaben, das mit einer Verkaufsfläche von über 2.000 qm als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu qualifizieren ist

- zur Schwelle von 800 qm Verkaufsfläche für das Vorliegen eines "großflächigen" Einzelhandelsbetriebs vgl. nunmehr: BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 10.04 -, BauR 2006, 39 = NVwZ 2006, 452 -,

mit den bereits vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetrieben - Möbel- Mitnahmemarkt mit über 5.000 qm Verkaufsfläche und Bau- und Heimwerkermarkt mit 10.000 qm Verkaufsfläche - Vorbilder, so dass es sich ohne weiteres im Rahmen der Umgebungsbebauung hält.

Darauf, ob der von der Klägerin geplante Elektrofachmarkt die Merkmale des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BauNVO erfüllt und ob dies bei den bereits vorhandenen beiden großflächigen Einzelhandelsbetrieben trotz ihrer hohen Verkaufsfläche hingegen zu verneinen ist, kommt es nicht an. Ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb sich im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart seiner - diffus geprägten - näheren Umgebung einfügt, ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (allein) nach den Merkmalen Nutzungsart, Nutzungsmaß, Bauweise und Grundstücksüberbauung zu beurteilen. Die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO bezeichneten, über die nähere Umgebung hinausreichenden städtebaulichen Auswirkungen sind für die Beurteilung des "Einfügens" nach § 34 Abs. 1 BauGB hingegen nicht maßgebend.

So bereits: BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 7.85 -, BRS 47 Nr. 67; vgl. ferner: BVerwG, Beschluss vom 20. April 2000 - 4 B 25.00 -, BRS 63 Nr. 103.

Das hiernach hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung den Rahmen der vorhandenen Umgebungsbebauung wahrende Vorhaben der Klägerin fügt sich auch nicht etwa deshalb - ausnahmsweise - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil es die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung nicht wahrt.

Zu dieser Voraussetzung vgl.: BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - 4 C 34.85 -, BRS 46 Nr. 176 m.w.N..

Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Dass die maßgebliche Umgebung demgegenüber nicht als "diffuser" Innenbereich, sondern als faktisches Kerngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 BauNVO) zu qualifizieren ist, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, erscheint jedenfalls ohne nähere Überprüfungen vor Ort nicht zweifelsfrei. Zwar sind in dieser Umgebung verschiedene großflächige Einzelhandelsbetriebe vorhanden, wobei jedoch offen ist, ob sie gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO nur in einem Kern- oder Sondergebiet zulässig wären. Auch sind in dieser Umgebung mit der X1. Werk-Stadt eine beachtliche kulturelle Einrichtung

- zu den Angeboten dieses Kulturforums vgl. die Angaben im Internet unter www.werkstadt.com -

sowie verschiedene Verwaltungseinrichtungen vorhanden. Ob damit auch unter Berücksichtigung der an der B.----straße gelegenen, ersichtlich primär zu Wohnzwecken genutzten Bebauung die maßgebliche Umgebung als ein "vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur" dienender Bereich und damit als faktisches Kerngebiet im Sinne von § 7 Abs. 1 BauNVO zu qualifizieren ist, kann letztlich dahinstehen. Wenn man dies - mit dem Verwaltungsgericht - bejaht, würde das strittige Vorhaben gleichfalls seiner Art nach die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 BauNVO erfüllen. Es handelt sich um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, der ersichtlich die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BauNVO erfüllt und damit selbst in einem Kerngebiet zulässig wäre.

Dass sich das Vorhaben im Übrigen - d.h. hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche - in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, unterliegt keinem Streit und ist offensichtlich zu bejahen. Gleichwohl erweist sich das Vorhaben als bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es jedenfalls mit den Regelungen des hier anzuwendenden § 34 Abs. 3 BauGB n.F. nicht vereinbar ist.

Die genannte Vorschrift ist mit Inkrafttreten des EAG Bau (BGBl. I S. 1359) zum 20. Juli 2004 in das BauGB aufgenommen worden. Nach ihr dürfen von Vorhaben nach [§ 34] Absatz 1 oder 2 keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. Die Neuregelung setzt mithin voraus, dass das Vorhaben an sich nach § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB zuzulassen wäre. Sie legt nach der Intention des Gesetzgebers eine "weitere Zulassungsvoraussetzung" für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich fest und soll "nachteilige Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden verhindern".

So ausdrücklich die Amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des EAG Bau in BT-Drs 15/2250, S. 54.

Voraussetzung für eine Anwendung von § 34 Abs. 3 BauGB ist zunächst, dass das betreffende Vorhaben überhaupt Auswirkungen auf "zentrale Versorgungsbereiche" haben kann. Das trifft hier zu.

Ob ein "zentraler Versorgungsbereich" vorliegt, ist nicht anders als beispielsweise die Beurteilung, ob ein "im Zusammenhang bebauter Ortsteil" im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB vorliegt, eine Rechtsfrage und keine Tatsache, die einer Beweiserhebung durch ein Sachverständigengutachten zugänglich ist. Der hierauf bezogene, von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen.

"Zentrale Versorgungsbereiche" sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine bestimmte Versorgungsfunktion für die Gemeinde zukommt. Ein "Versorgungsbereich" setzt mithin vorhandene Nutzungen voraus, die für die Versorgung der Einwohner der Gemeinde - ggf. auch nur eines Teiles des Gemeindegebiets - insbesondere mit Waren aller Art von Bedeutung sind. Dabei kann, wie noch näher anzusprechen ist, im vorliegenden Verfahren letztlich offen bleiben, ob ein bei Zulassungsentscheidungen nach § 34 Abs. 3 BauGB beachtlicher zentraler Versorgungsbereich nur dann zu bejahen ist, wenn ihm auf Grund tatsächlich vorhandener Einzelhandelsbetriebe eine bestimmte, ggf. durch gemeindliche Planungen gestützte, Versorgungsfunktion zukommt, oder ob ein solcher Versorgungsbereich auch schon dann vorliegt, wenn in dem betreffenden Bereich jedenfalls nach den planerischen Zielvorstellungen der Gemeinde solche Einzelhandelsnutzungen (verstärkt) angesiedelt werden sollen.

"Zentral" sind Versorgungsbereiche nicht nur dann, wenn sie nach Lage, Art und Zweckbestimmung der gemeindeweiten bzw. übergemeindlichen Versorgung dienen.

In diesem Sinne etwa: Uechtritz "Die Neuregelungen zur standortgerechten Steuerung des Einzelhandels", DVBl. 2006, 799 (802); ähnlich: Gatawis "Die Neuregelung des § 34 III Baugesetzbuch (BauGB)", NVwZ 2006, 272 (274) sowie Berkemann in "Erstkommentierungen zum BauGB 2004", 2005, RdNr. 17 zu § 34 BauGB; auch nach OVG NRW, Urteil vom 22. März 2006 - 21 A 1849/04 - soll die Nahversorgung nicht Schutzgut des § 34 Abs. 3 BauGB sein.

Vielmehr können auch Bereiche für die Grund- oder Nahversorgung zentrale Versorgungsbereiche im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB sein.

Das Adjektiv "zentral" ist nicht etwa rein geografisch in dem Sinne zu verstehen, dass es sich um einen räumlich im Zentrum der jeweiligen Gemeinde gelegenen Bereich handeln muss, es hat vielmehr eine funktionale Bedeutung. Der Zusatz "zentral" geht über die Bedeutung des Wortteils Versorgungs"bereich" hinaus, so dass eine bloße Agglomeration von Einzelhandelsnutzungen in einem räumlich abgrenzbaren Bereich diesen allein noch nicht zu einem "zentralen" Versorgungsbereich macht. Dem Bereich muss vielmehr die Bedeutung eines Zentrums für die Versorgung zukommen. Dies ist zu bejahen, wenn die Gesamtheit der auf eine Versorgung der Bevölkerung ausgerichteten baulichen Nutzungen in dem betreffenden Bereich auf Grund der Zuordnung dieser Nutzungen innerhalb des räumlichen Bereichs und auf Grund ihrer verkehrsmäßigen Erschließung und verkehrlichen Anbindung die Funktion eines Zentrums mit einem bestimmten Einzugsbereich hat, nämlich die Versorgung des gesamten Gemeindegebiets oder eines Teilbereichs mit einem auf den Einzugsbereich abgestimmten Spektrum an Waren des kurz-, mittel- oder langfristigen Bedarfs funktionsgerecht sicherzustellen.

Vgl.: Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand März 2006, RdNr. 85 zu § 34.

Dabei kommen durchaus unterschiedliche Typen von zentralen Versorgungsbereichen in Betracht.

Eine nähere Umschreibung unterschiedlicher zentraler Versorgungsbereiche hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen in seinem Beschluss vom 20. November 2006 - 4 B 50.06 - (S. 4 des Beschlussabdrucks), der dem Senat zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht bekannt war.

Je nach ihrer konkreten Versorgungsfunktion können sie auf einen engeren oder einen mehr oder weniger weiten Bereich einwirken und dessen Versorgung dienen sowie dabei einen umfassenderen oder nur eingeschränkten Versorgungsbedarf abdecken. Hiervon ausgehend können als "zentrale Versorgungsbereiche" angesehen werden:

- Innenstadtzentren, die einen größeren Einzugsbereich, in der Regel das gesamte Stadtgebiet und ggf. sogar darüber hinaus ein weiteres Umland, versorgen und in denen regelmäßig ein breites Spektrum von Waren für den lang-, mittel- und kurzfristigen Bedarf angeboten wird,

- Nebenzentren, die einen mittleren Einzugsbereich, zumeist bestimmte Bezirke größerer Städte, versorgen und in denen regelmäßig ein zumindest breiteres Spektrum von Waren für den mittel- und kurzfristigen, ggf. auch den langfristigen Bedarf angeboten wird, sowie

- Grund- und Nahversorgungszentren, die einen kleineren Einzugsbereich, in der Regel nur bestimmte Quartiere größerer Städte bzw. gesamte kleinere Orte, versorgen und in denen regelmäßig vorwiegend Waren für den kurzfristigen Bedarf und ggf. auch für Teilbereiche des mittelfristigen Bedarfs, angeboten werden.

In diesem Sinne auch: Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand März 2006, RdNr. 85 zu § 34; Janning "Der Ausschluß des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich", BauR 2005, 1723 (1725).

Dabei spricht viel dafür, dass ein als zentraler Versorgungsbereich zu qualifizierendes Grund- oder Nahversorgungszentrum voraussetzt, dass mehrere Einzelhandelsbetriebe mit sich ergänzenden und/oder konkurrierenden Warenangeboten vorhanden sind, weil anderenfalls der von § 34 Abs. 3 BauGB beabsichtigte Schutz zentraler Versorgungsbereiche der Sache nach auf einen individuellen Schutz einzelner Betriebe vor der Ansiedlung von Konkurrenz in seinem Einzugsbereich hinausliefe. Einer abschließenden Prüfung dieser Frage bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht, denn um Auswirkungen auf ein Grund- oder Nahversorgungszentrum geht es hier nicht.

Das vorstehende Verständnis des Begriffs "zentraler Versorgungsbereich" wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des EAG Bau sowie die weiteren aktuellen Aktivitäten des Gesetzgebers, soweit sie sich auf den Schutz und die Förderung "zentraler Versorgungsbereiche" beziehen.

Die Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB geht zurück auf Vorschläge der Unabhängigen Expertenkommission, die in dem Bericht "Novellierung des Baugesetzbuchs" vom August 2002, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, wiedergegeben sind. Dort sind die Konsequenzen der bereits wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

- vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 7.85 -, BRS 47 Nr. 67 und Beschluss vom 20. April 2000 - 4 B 25.00 -, BRS 63 Nr. 103 -

für die Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen im nicht beplanten Innenbereich angesprochen. Im Anschluss daran heißt es in RdNr. 216 (S. 89) des Berichts der Unabhängigen Expertenkommission, zur Lösung der Problematik bedürfe es eines Zulässigkeitsmaßstabs in § 34 BauGB, der auch die über den zusammenhängend bebauten Ortsteil hinausgehenden städtebaulichen Fernwirkungen von Vorhaben einbezieht, und darüber hinaus einer Erweiterung der gemeindenachbarlichen Klagebefugnisse. Dementsprechend hat die Unabhängige Expertenkommission Änderungen des § 2 Abs. 2 BauGB sowie eine Ergänzung des § 34 Abs. 1 BauGB vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang heißt es zu dem in die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen aufzunehmenden Begriff "zentrale Versorgungsbereiche" in RdNr. 221 (S. 91) des Berichts ausdrücklich:

"Der Begriff der 'zentralen Versorgungsbereiche' ist nicht eng im Sinne eines Hauptzentrums zu verstehen, sondern erfasst auch Nebenzentren. Sie müssen nicht den Charakter von Kerngebieten im Sinne des § 7 BauNVO haben."

Die Vorschläge der unabhängigen Expertenkommission hat der Gesetzgeber aufgegriffen und sowohl § 2 Abs. 2 BauGB geändert als auch - statt einer Änderung nur des § 34 Abs. 1 BauGB - den neuen § 34 Abs. 3 in das BauGB eingefügt. Dies legt es nahe, dass der Gesetzgeber bei Erlass des EAG Bau - mit der Unabhängigen Expertenkommission - davon ausgegangen ist, dass "zentrale Versorgungsbereiche" gerade nicht nur die Haupt- bzw. Innenstadtzentren der Gemeinden sein sollen. So ist in der Amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum EAG Bau (BT-Drs. 15/2250) zur Neufassung des § 2 Abs. 2 BauGB (S. 41) ausgeführt, in der vorgeschlagenen Regelung würden "die Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche - auch in ihren unterschiedlichen Stufen - der Gemeinden genannt".

Präzisiert wird das Verständnis des Gesetzgebers durch die aktuellen Überlegungen zur Novellierung des BauGB durch das "Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte", das der Deutsche Bundestag am 9. November 2006 beschlossen hat. In diesem Gesetzentwurf ist vorgesehen, § 9 BauGB durch einen neuen Absatz 2a zu ergänzen. Hiernach sollen die Gemeinden für im Zusammenhang bebaute Ortsteile "zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche" Festsetzungen über die Zulässigkeit, Unzulässigkeit bzw. ausnahmsweise Zulässigkeit bestimmter Arten der nach § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen treffen können. Zu den hier wiederum erwähnten "zentralen Versorgungsbereichen" heißt es in der Amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (BT-Drs. 16/2496, S. 11):

"Der Begriff 'Zentraler Versorgungsbereich' umfasst Versorgungsbereiche unterschiedlicher Stufen, also insbesondere Innenstadtzentren vor allem in Städten mit größerem Einzugsbereich, Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen und nichtstädtischen Gemeinden."

Dafür, dass demselben Begriff in den bereits durch das EAG Bau in das BauGB eingefügten Regelungen des § 2 Abs. 2 und § 34 Abs. 3 BauGB ein anderes Verständnis der Aussage "Versorgungsbereiche unterschiedlicher Stufen" zugrunde liegen sollte, liegt kein Anhalt vor.

Wie die nach alledem von § 34 Abs. 3 BauGB erfassten unterschiedlichen Kategorien "zentraler Versorgungsbereiche" zu ermitteln sind, bedarf weiterer Betrachtung. Insoweit ging der Gesetzgeber davon aus, der Charakter eines bestimmten Bereichs als zentraler Versorgungsbereich könne sowohl aus konkreten Planungen als auch aus den vorhandenen örtlichen Gegebenheiten ablesbar sein. So heißt es in der Amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf des EAG Bau (BT- Drs 15/2250, S. 54) ausdrücklich:

"Zentrale Versorgungsbereiche ergeben sich insbesondere aus planerischen Festlegungen, namentlich aus Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen oder aus Festlegungen in den Raumordnungsplänen; sie können sich aber auch aus sonstigen planungsrechtlich nicht verbindlichen raumordnerischen und städtebaulichen Konzeptionen ergeben, nicht zuletzt auch aus nachvollziehbar eindeutigen tatsächlichen Verhältnissen."

Dass dieser Sicht uneingeschränkt zu folgen ist

- in diesem Sinne etwa: Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand März 2006, RdNr. 85 zu § 34; Janning "Der Ausschluß des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich", BauR 2005, 1723 (1725) -

erscheint nicht von vornherein bedenkenfrei. Namentlich bedarf näherer Prüfung, ob § 34 Abs. 3 BauGB insbesondere mit Blick auf die im Anwendungsbereich von § 34 BauGB gegebene unmittelbar eigentumsgestaltende Wirkung auch solche erst noch zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche schützen kann, deren Festlegung durch bloße informelle gemeindliche Planungen, etwa im Rahmen eines gemeindlichen Einzelhandelskonzeptes, erfolgt ist.

Kritisch etwa: Berkemann in "Erstkommentierungen zum BauGB 2004", 2005, RdNrn. 16 ff. zu § 34 BauGB; Rauber "Zur verfassungskonformen Anwendung von § 34 Abs. 3 BauGB in der Fassung des EAG Bau 2004", VR 2005, 379 (380); Reidt "Die Genehmigung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben - die rechtliche Bedeutung des neuen § 34 Abs. 3 BauGB", UPR 2005, 241 (242); Uechtritz "Die Neuregelungen zur standortgerechten Steuerung des Einzelhandels", DVBl. 2006, 799 (803).

Einer abschließenden Erörterung der damit zusammenhängenden Fragen bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil hier bereits aus den unstreitig gegebenen tatsächlichen Verhältnissen abzuleiten ist, dass das strittige Vorhaben der Klägerin Auswirkungen auf einen "zentralen Versorgungsbereich" haben kann.

Nach den dem Senat vorliegenden Karten und sonstigen Unterlagen, die mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sind, lässt sich ohne weiteres feststellen, dass jedenfalls in der Innenstadt von X. ein "zentraler Versorgungsbereich" vorhanden ist. Dieser gehört zur erstgenannten der drei angeführten Kategorien zentraler Versorgungsbereiche, denn er ist als Innenstadtzentrum mit einem größeren Einzugsbereich zu qualifizieren, in dem ein breites Spektrum von Waren für den lang-, mittel- und kurzfristigen Bedarf angeboten wird. Dies folgt schon aus der umfassenden Bestandsaufnahme, die in dem GMA- Gutachten 1997 (Karte 4; S. 90) wiedergegeben ist. Nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gibt diese Bestandsaufnahme im Wesentlichen auch den aktuell gegebenen Zustand wieder, mögen sich auch einzelne Veränderungen des Bestands von Einzelhandelsnutzungen ergeben haben. Dieser Versorgungsbereich erfasst neben der C1.------straße , die mit einigen Randbereichen als Fußgängerzone ausgestaltet ist, auch die sich von der C1.------ straße nach Norden und Süden erstreckenden Abschnitte des Straßenzugs I.---- straße /S.---straße . In diesem Bereich konzentrieren sich die Einzelhandelsgeschäfte der X1. Innenstadt, die eine auf das gesamte Stadtgebiet von X. mit derzeit rd. 100.000 Einwohnern und in gewissem Umfang auch auf das weitere Umland bezogene, für Innenstadtzentren größerer Städte typische Versorgungsfunktion erfüllen. Dementsprechend geht auch das von der Klägerin im erstinstanzlichen Rechtszug vorgelegte M. -Gutachten 2005, dessen Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert wurden, davon aus, dass die Innenstadt von X. als "zentraler Versorgungsbereich" zu qualifizieren ist.

Wie dieser zentrale Versorgungsbereich räumlich abzugrenzen ist, beurteilt sich nach den konkreten örtlichen Gegebenheiten. Dass in dem GMA-Gutachten 1997 eine bestimmte räumliche Abgrenzung des "städtebaulich integrierten Versorgungszentrums" Innenstadt (vgl. Karte 6 auf S. 97) vorgeschlagen wurde, ist demgegenüber nicht maßgeblich. Zwar mögen planerische Festlegungen der Gemeinde, namentlich von den zuständigen Gremien beschlossene gemeindliche Einzelhandelskonzepte mit einer räumlich und funktional bestimmten Festlegung einzelner Zentren, geeignet sein, für die in der Gemeinde bei weiteren Planungen - etwa nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB - zu berücksichtigenden zentralen Versorgungsbereiche ihre konkrete Funktion und exakte räumliche Abgrenzung festzulegen. Ein solches, auf den Vorschlägen des GMA-Gutachtens 1997 aufbauendes Einzelhandelskonzept der Stadt X. liegt jedoch - unabhängig von der hier nicht entscheidungserheblichen Frage, ob und inwieweit solchen Konzepten im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3 BauGB überhaupt rechtlich relevante Bedeutung zukommt - nicht vor. Die zuständigen Ausschüsse der Stadt X. haben vielmehr bislang nur die Erstellung eines Masterplans Einzelhandel in Auftrag gegeben, der voraussichtlich im Jahr 2007 vom Rat der Stadt beschlossen werden soll. Angesichts dessen kommt der konkreten Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereich "Innenstadt" in dem GMA-Gutachten 1997 keine bindende Bedeutung zu, da es sich insoweit lediglich um eine - allerdings an konkreten Gegebenheiten orientierte - konzeptionelle Empfehlung aus der fachlichen Sicht der Gutachter handelt (vgl. S. 2 des GMA-Gutachtens). Dies gilt umso mehr, als nach den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochenen aktuellen Überlegungen zum Masterplan eine namentlich im Norden deutlich reduzierte Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs der Innenstadt X. in der Diskussion ist.

Aus den hiernach maßgeblichen örtlichen Gegebenheiten ist die exakte räumliche Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs der Innenstadt X. allerdings nicht in jeder Hinsicht eindeutig abzuleiten. Einer exakten Grenzziehung bedarf es im vorliegenden Verfahren jedoch nicht, weil das zwischen der N.--------- straße und der E. Straße gelegene Baugrundstück in jedem Fall nicht mehr dem zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt X. zuzuordnen ist, wie zwischen den Beteiligten nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch außer Streit steht. Zwischen dem Baugrundstück und der B.---- straße liegt zunächst der ausgedehnte Bereich mit der X1. Werk-Stadt, den Verwaltungsstellen und sonstigen nicht dem Einzelhandelsbereich zuzuordnenden Nutzungen. Beiderseits der B.----straße und weiter beiderseits der Oberstraße in Richtung auf das Zentrum der Stadt X. erstreckt sich sodann ein weit überwiegend zu Wohnzwecken genutzter Bereich.

Damit ist der hier interessierende, vom Bebauungsplan Nr. 175 erfasste Bereich mit den vorhandenen beiden großflächigen Einzelhandelsbetrieben und den beiden weiteren nicht großflächigen Fachmärkten erkennbar so deutlich von dem zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt X. abgesetzt, dass er diesem nicht mehr zugeordnet werden kann.

Schließlich sind auch die weiteren Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 BauGB erfüllt, dass von dem Vorhaben der Klägerin "schädliche Auswirkungen" auf den vorgenannten zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt X. "zu erwarten" sind.

Auch insoweit geht es nicht um die Ermittlung von Tatsachen, die ggf. einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten zugänglich sind, sondern um die vom Gericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob ein bestimmter Sachverhalt die Merkmale der Rechtsbegriffe "schädliche Auswirkungen" und "zu erwarten" erfüllt. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Beweisantrag war daher auch zu diesem Punkt abzulehnen.

Mit dem Begriff "schädliche" Auswirkungen hat der Gesetzgeber eine Formulierung gewählt, die ihrem Wortlaut nach über bloße Auswirkungen hinausgeht. Diese Auswirkungen müssen, um "schädlich" sein zu können, auf den betreffenden Versorgungsbereich negativ einwirken. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn sie seine Funktionsfähigkeit beachtlich beeinträchtigen.

In diesem Sinne auch: Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand März 2006, RdNr. 86 zu § 34.

Bei der Frage, wo die Schwelle der im dargelegten Sinne beachtlichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit anzusetzen ist, kann die vom Gesetzgeber beabsichtigte Zielrichtung des § 34 Abs. 3 BauGB nicht unberücksichtigt bleiben. Dem Gesetzgeber kam es mit der Einfügung des neuen Absatzes 3 in § 34 BauGB maßgeblich darauf an, der bereits mehrfach angesprochenen höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegenzuwirken, dass bei Zulassungsentscheidungen nach § 34 BauGB über die nähere Umgebung hinausgehende Fernwirkungen namentlich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO keine Bedeutung haben. Dabei soll die der Neuregelung zukommende Schutzfunktion für zentrale Versorgungsbereiche allerdings auch andere Vorhaben als großflächige Einzelhandelsbetriebe erfassen, sich mithin nicht auf den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 BauNVO beschränken.

Vgl. hierzu im Einzelnen die Amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des EAG Bau in BT-Drs. 15/2250, S. 54.

Damit ist die Zulassungsfähigkeit von Vorhaben, von denen schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten sind, der Sache nach der Zielsetzung des § 11 Abs. 3 BauNVO jedenfalls angenähert, ohne dass jedoch das Regelungssystem des § 11 Abs. 3 BauNVO - namentlich die Vermutungsregel des Satzes 3 der genannten Vorschrift - uneingeschränkt übernommen wurde.

Vgl.: Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand März 2006, RdNr. 86b zu § 34; weitergehend hinsichtlich der Übertragbarkeit der Grundsätze des § 11 Abs. 3 BauNVO, namentlich der Vermutungsregel des Satzes 3, hingegen Janning, "Der Ausschluß des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich", BauR 2005, 1723 (1725 ff.) sowie Reidt "Die Genehmigung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben - die rechtliche Bedeutung des neuen § 34 Abs. 3 BauGB", UPR 2005, 241 (246).

Entscheidend ist hiernach, dass nach § 34 Abs. 3 BauGB im nicht beplanten Innenbereich solche Vorhaben nicht zulassungsfähig sind, die wegen der von ihnen ausgehenden, über die nähere Umgebung im Sinne von § 34 BauGB hinausreichenden (Fern-)Wirkungen beachtliche Funktionsstörungen in bestimmten zentralen Versorgungsbereichen erwarten lassen. Dies trifft für den hier interessierenden Fall, dass es um Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Gebiet der Standortgemeinde des betreffenden Vorhabens geht, jedenfalls dann zu, wenn

- das Vorhaben außerhalb eines zentralen Versorgungsbereichs angesiedelt werden soll,

- sein Warenangebot gerade (auch) solche Sortimente umfasst, die zu den für die gegebene Versorgungsfunktion des betreffenden zentralen Versorgungsbereichs typischen Sortimenten gehören und

- das Vorhaben nach seiner konkreten Lage und Ausgestaltung erwarten lässt, dass die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs insbesondere durch zu erwartende Kaufkraftabflüsse in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird.

Dabei kommt es hinsichtlich des letztgenannten Kriteriums der beachtlichen Funktionsstörung nicht maßgeblich auf die im vorliegenden Verfahren - in Anlehnung an die bisherige Diskussion in der einschlägigen Fachliteratur zu § 34 Abs. 3 BauGB - in den Vordergrund gestellten prognostizierten Umsatzumverteilungen an. Richtig ist, dass § 34 Abs. 3 BauGB mit dem Tatbestandsmerkmal "zu erwarten sein" auf eine prognostische Sicht abstellt.

In diesem Sinne auch: Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand März 2006, RdNr. 86f zu § 34.

Die voraussichtlichen Umsatzumverteilungen als solche sind jedoch kein maßgebliches Kriterium für die mit dem Begriff "schädliche Auswirkungen" erfassten Funktionsstörungen. Auch bei § 34 Abs. 3 BauGB ist - nicht anders als sonst im Baurecht - primär auf baurechtlich relevante und vom Baurecht erfasste Vorhabensmerkmale abzustellen, die durch die für das Vorhaben zu erteilende Baugenehmigung auch gesteuert werden können. Hierzu gehört bei Einzelhandelsnutzungen neben dem Warenangebot insbesondere die Verkaufsfläche. Diese ist maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung zwischen großflächigen und nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben.

Vgl. hierzu zuletzt: BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 10.04 -, BauR 2006, 39 = NVwZ 2006, 452.

Auch die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Sätze 3 und 4 BauNVO knüpft hinsichtlich der Frage des Vorliegens relevanter Fernwirkungen, auf Grund derer großflächige Einzelhandelsbetriebe nur in Kerngebieten oder für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind, ihrem Wortlaut nach zwar an die Geschossfläche des Vorhabens, damit aber auch an die hierin enthaltene Verkaufsfläche an. Der Systematik dieser Vorschrift liegt nämlich die Annahme zugrunde, dass - jedenfalls nach den bei Festlegung der Vermutungsgrenze von 1.200 qm Geschossfläche maßgeblichen Erkenntnissen - eine solche Geschossfläche ungefähr einer Verkaufsfläche von 800 qm entsprach.

Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 4 B 29.04 -, BRS 67 Nr. 76.

Schließlich ist die Verkaufsfläche generell primärer Maßstab für die Beurteilung der städtebaulichen Wirkung von Einzelhandelsbetrieben. Diese werden vor allem durch die Größe der Verkaufsfläche bestimmt. Namentlich werden ihre Attraktivität und damit die in § 11 Abs. 3 BauNVO näher umschriebenen Auswirkungen nicht von der Größe der Anlage bestimmt, die sich in der Geschossfläche widerspiegelt, sondern - soweit es um das Merkmal der Fläche geht - eher von derjenigen Fläche beeinflusst, auf der Waren präsentiert und gekauft werden können.

Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 10.04 -, BauR 2006, 639 = NVwZ 2006, 452.

Die konkret zu erwartenden Umsatzumverteilungen hängen demgegenüber von verschiedenen, baurechtlich nicht beeinflussbaren Faktoren der individuellen Betriebsgestaltung und ihrer Auswirkungen auf ein wiederum durch individuelle Besonderheiten anderer Betriebe geprägtes Marktgeschehen ab.

Schon die zu erwartenden Umsätze als solche lassen sich nur bedingt einigermaßen verlässlich greifen. Zwar lässt sich für viele Branchen nach allgemeiner Erfahrung durchaus feststellen, mit welchen ungefähren Größenordnungen des Umsatzes in der Regel je Quadratmeter Verkaufsfläche zu rechnen ist. Wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat, gibt es jedoch beachtliche Bandbreiten. So hat der Mitarbeiter der für die Klägerin tätig gewordenen Beratungsgesellschaft für die hier interessierende Branche des Elektrofachhandels ausdrücklich bestätigt, dass die "normale" Flächenproduktivität bei 4.500 bis 5.000 Euro je Quadratmeter Verkaufsfläche liegt. Andererseits werden am Markt auch Unternehmen tätig, die - wie das aktuell von der Klägerin zur Ansiedlung vorgesehene Unternehmen N2. -Markt - eine deutlich höhere Flächenproduktivität von bis zu 7.000 Euro je Quadratmeter Verkaufsfläche erzielen. Zwar lässt sich dem bei einer prognostischen Betrachtung der zu erwartenden Umsätze und ihrer voraussichtlichen Umverteilungen dadurch Rechnung tragen, dass ggf. in einer "worst case"-Betrachtung von der Ansiedlung eines solchen besonders "leistungsfähigen" Betriebs ausgegangen wird. Ob dies gerechtfertigt ist, hängt jedoch von Faktoren ab, die bei der baurechtlichen Beurteilung der Zulassungsfähigkeit von Vorhaben rechtlich irrelevant sind. Eine Baugenehmigung wird nicht für einen konkreten Betreiber des Vorhabens erteilt, sondern für einen abstrakt umschriebenen Betrieb. Mit der Baugenehmigung kann nicht die betreiberabhängige Produktivität des jeweiligen Vorhabens gesteuert werden. Dementsprechend begehrt die Klägerin hier auch nicht eine Baugenehmigung für das Unternehmen "N2. -Markt", sondern für einen betreiberunabhängigen Elektrofachmarkt mit einem lediglich abstrakt umschriebenen Sortiment.

Noch deutlicher wird der Einfluss von baurechtlich nicht relevanten und auch nicht steuerbaren Kriterien, wenn es um die voraussichtlichen Umverteilungen von Umsätzen geht. Insoweit liegt auf der Hand, dass bei der im Einzugsbereich eines zentralen Versorgungsbereichs vorgesehenen Ansiedlung eines Unternehmens, das gerade in diesem Versorgungsbereich angebotene Waren vertreibt, regelmäßig mit dem Abzug von Kaufkraft aus eben diesem Versorgungsbereich zu rechnen ist. In der gegebenen wirtschaftlichen Situation in der Bundesrepublik Deutschland können neue Einzelhandelsbetriebe regelmäßig nur dann existieren, wenn sie von anderen bereits vorhandenen Betrieben Kunden und damit Kaufkraft abziehen. Die Kaufkraft ist - namentlich in Zeiten eines relativ geringen wirtschaftlichen Wachstums - nicht beliebig vermehrbar, auch wenn innerhalb der verschiedenen Sektoren des Einzelhandels selbstverständlich gewisse Verschiebungen des Umsatzes auftreten können, etwa wenn neue Produkte auf den Markt kommen, die in besonderem Maß nachgefragt werden. In welchem Ausmaß ein Unternehmen auf die bestehende Markt- und damit auch Versorgungssituation einwirkt, hängt wiederum von vielen Faktoren der individuellen Betriebsgestaltung ab. Hierzu gehören insbesondere die Preisgestaltung, die Attraktivität des Warenangebots und seiner Präsentation sowie das - mehr oder weniger aggressive - Werbeverhalten wie andere betriebsspezifische Faktoren mehr. Diese sind allesamt baurechtlich nicht relevant und damit kein geeignetes Kriterium für die bauplanungsrechtliche Beurteilung von Vorhaben.

Wie fragwürdig der gleichwohl unternommene Versuch ist, objektive Aussagen über voraussichtliche Umsatzumverteilungen zu machen, zeigt im Übrigen gerade die im vorliegenden Verfahren angestellte und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingehend erörterte Untersuchung. Diese geht davon aus, dass der anzusiedelnde Elektrofachmarkt - bei einem besonders flächenproduktiven Betreiber - einen Umsatz in einer Größenordnung um 13 bis 14 Millionen Euro pro Jahr erwarten lässt. Des Weiteren wurde untersucht, in welchem Ausmaß damit für den zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt X. und insgesamt 6 weitere - nach Annahme des Gutachters so zu qualifizierende - zentrale Versorgungsbereiche im Umland vorhabenbedingte Umsatzrückgänge zu prognostizieren sind. Diese belaufen sich bei Umrechnung der im Gutachten angegebenen Prozentzahlen auf die gleichfalls angegebenen branchenspezifischen Umsätze auf insgesamt rd. 3 Millionen Euro. Die daran anknüpfende Frage des Senats, wie dann die für das Vorhaben erwarteten weiteren 10 Millionen Euro Umsatz erzielt würden, konnte in der mündlichen Verhandlung auch nicht ansatzweise plausibel beantwortet werden. Der Hinweis, es seien nur die Umsatzumverteilungen bei Betrieben in - angenommenen - zentralen Versorgungsbereichen, aber nicht bei solchen in peripheren Lagen und Streulagen in den Blick genommen worden, lässt auch nicht ansatzweise hinreichende Anhaltspunkte dafür erkennen, dass von solchen Betrieben ein gegenüber Betrieben in zentralen Versorgungsbereichen dreifach so hoher Umsatz abgezogen werden könne. Auch der Hinweis auf Einflüsse auf den Versandhandel mit den betreffenden Produkten ist - jedenfalls was die hier in Rede stehenden Größenordnungen betrifft - nicht plausibel.

Ausgehend von der nach alledem primär maßgeblichen Anknüpfung an die konkrete Verkaufsfläche des jeweils in Rede stehenden Vorhabens ist für das hier näher zu betrachtende Kriterium, ob Funktionsstörungen zu erwarten sind, in erster Linie ausschlaggebend, welche Verkaufsfläche der jeweils in Rede stehende Betrieb im Vergleich zu der gesamten Verkaufsfläche derselben Branche in dem zentralen Versorgungsbereich hat, auf den er nach den bereits genannten Kriterien einwirkt. Auch wenn die Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB - wie dargelegt - an § 11 Abs. 3 BauNVO angelehnt ist, lässt sich ein Anknüpfen an eine absolute Größe der Verkaufsfläche, wie es der Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO mit ihrem Anknüpfen an eine absolute Größe der Geschossfläche zugrunde liegt, nicht auf § 34 Abs. 3 BauGB übertragen. Denn die Erwartung beachtlicher Funktionsstörungen zentraler Versorgungsbereiche wird auch maßgeblich davon bestimmt wird, um welchen Typ von Versorgungsbereich mit welcher Größe und Versorgungsfunktion es sich handelt. Hiervon ausgehend ist jedenfalls für den hier in Rede stehenden Fall der Auswirkungen auf einen in der Realität bereits vorhandenen zentralen Versorgungsbereich maßgeblich an die relative Größe der Verkaufsfläche des Vorhabens im Vergleich zu der Verkaufsfläche abzustellen, die im beeinträchtigten Versorgungsbereich bereits vorhanden ist. Auf die Möglichkeit einer solchen Sichtweise sind die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich hingewiesen worden.

Insoweit lässt sich allerdings kein generell maßgeblicher Prozentsatz feststellen, bei dessen Unterschreiten stets von nicht schädlichen Auswirkungen auszugehen ist und dessen Überschreiten stets zur Folge hat, dass solche Auswirkungen zu verneinen sind. Welcher Prozentsatz im genannten Sinne beachtliche Funktionsstörungen erwarten lässt, hängt auch von verschiedenen weiteren objektiv feststellbaren Faktoren ab. Hierzu zählt namentlich der Abstand zwischen dem betrachteten Vorhaben und dem betroffenen zentralen Versorgungsbereich. Im Einzelfall kann auch die konkrete städtebauliche Situation des betreffenden Versorgungsbereichs von Belang sein, etwa wenn er wegen bereits bestehender Leerstände in besonderem Maß empfindlich ist gegenüber Kaufkraftabflüssen oder wenn der außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs anzusiedelnde Einzelhandelsbetrieb gerade auf solche Sortimente abzielt, die im zentralen Versorgungsbereich von einem "Magnetbetrieb" angeboten werden, dessen unbeeinträchtigter Fortbestand maßgebliche Bedeutung für die weitere Funktionsfähigkeit eben dieses zentralen Versorgungsbereichs hat.

Gleichwohl ist in Anlehnung an das System des § 11 Abs. 3 BauNVO mit seiner in Satz 3 enthaltenen Vermutungsregel davon auszugehen, dass es einen bestimmten Prozentsatz des Anteils der branchenspezifischen Verkaufsfläche im vorhandenen Versorgungsbereich gibt, bei dessen Überschreiten im Sinne einer - widerlegbaren - Vermutung angenommen werden kann, dass das betreffende Vorhaben schädliche Auswirkungen erwarten lässt. Es wäre dann Sache des Vorhabenträgers, objektive baurechtlich relevante Aspekte anzuführen und ggf. nachzuweisen, die diese Vermutung widerlegen. Einer abschließenden Entscheidung, welche Größe dieser für die widerlegbare Vermutung maßgebliche Prozentsatz hat, bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil hier zur Überzeugung des Senats feststeht, dass solche Auswirkungen zu erwarten sind.

Angesichts dessen kann auch dahinstehen, wann "schädliche Auswirkungen" im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB bei negativen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in anderen Gemeinden zu erwarten sind, und ob "schädliche Auswirkungen" im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB auch in anderen Fallgestaltungen zu erwarten sind, etwa wenn es um die Zulassung anderer Nutzungen als Einzelhandelsbetriebe geht, die die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs beeinträchtigen können.

Zu letzterem vgl.: Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand März 2006, RdNr. 86e zu § 34.

Dass hier schädliche Auswirkungen zu erwarten sind, ergibt sich aus folgendem:

Das strittige Vorhaben soll, wie dargelegt, außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs der Innenstadt X. errichtet werden. Sein von der Klägerin vorgesehenes Sortiment umfasst mit den Waren Elektrogroß- und -kleingeräte, Rundfunkgeräte, Hifi, Fernseher, Kameras, Tonträger, Videofilme und Computer gerade solche Warengruppen, die in diesem zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt unstreitig in gewichtigem Umfang, nämlich von mehreren Einzelhandelsbetrieben mit insgesamt gut 3.000 qm Verkaufsfläche angeboten werden. Das Sortiment zielt damit gerade auf die Kundschaft ab, deren Versorgung der zentrale Versorgungsbereich der Innenstadt X. dient. Die vorgesehene neue Verkaufsfläche beträgt mit rd. 2.250 qm immerhin 75 % der im Versorgungsbereich bereits vorhandenen Gesamt-Verkaufsfläche des Bereichs Elektro / Foto von gut 3.000 qm. Diese gehören zu dem auch von dem Gutachter der Klägerin als "Magnetbetrieb" bezeichneten Unternehmen T. sowie zu zwei weiteren Elektrofachhandelsgeschäften mit jeweils rd. 400 qm Verkaufsfläche. Auch soll das Vorhaben mit einem angestrebten Umsatz von knapp 14 Mio. Euro immerhin rd. 60 % des im Versorgungsbereich bereits getätigten Umsatzes von rd. 23 Mio. Euro erzielen. Bei diesen Größenordnungen ist hier ohne weiteres davon ausgehen, dass die Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt X. als beachtliche Funktionsstörungen und damit schädliche Auswirkungen im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB zu qualifizieren sind. Dies gilt umso mehr, als das Vorhaben zwar außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs der Innenstadt X. angesiedelt werden soll, aber doch in einer so dichten Nähe zu ihm, dass es ersichtlich weitgehend auf eben die Kundschaft abzielt, deren Versorgung der zentrale Versorgungsbereich dient.

Der Annahme "schädlicher Auswirkungen" steht auch nicht etwa entgegen, dass der von der Klägerin vorgesehene Standort des strittigen Vorhabens seinerseits einem zentralen Versorgungsbereich der hier beeinträchtigten Kategorie im Gebiet der Stadt X. zuzuordnen wäre.

Zwar soll das strittige Vorhaben in einem Bereich errichtet werden, in dem bereits zwei großflächige Einzelhandelsbetriebe - Möbelmarkt sowie Bau- und Heimwerkermarkt mit Gartencenter - und zwei weitere kleinere, nicht großflächige Fachmärkte - Getränke, Tierfutter - vorhanden sind. Daraus folgt jedoch nicht, dass dieser Bereich gleichfalls als Innenstadtzentrum im dargelegten Sinne zu qualifizieren wäre. Hierfür fehlt es bereits an dem erforderlichen breiten Spektrum des Warenangebots für den lang-, mittel- und kurzfristigen Bedarf. Der Bereich ist ein klassischer Fachmarktbereich, der lediglich ein begrenztes Spektrum von Waren anbietet. Ihm fehlt damit die für ein Innenstadtzentrum im dargelegten Sinne gebotene weit umfassende, nicht nur sektorale Versorgungsfunktion. Dass die dort vorhandenen Betriebe wegen ihrer beachtlichen Größe auf einen weiten Einzugsbereich einwirken, ist demgegenüber unerheblich.

Unerheblich ist schließlich auch der von der Klägerin betonte Umstand, dass das Unternehmen "N2. -Markt", das nach den aktuellen Vorstellungen der Klägerin den zur Genehmigung gestellten Elektrofachmarkt betreiben soll, zu der T. -Gruppe gehört, die auch den bereits in der Innenstadt X. vorhandenen größeren Elektrofachmarkt "T. " betreibt. Zwar mag es sein, dass solchermaßen verbundene Unternehmen bestrebt sind, durch Spezifizierung und wechselseitige Abstimmung des Warenangebots - etwa hinsichtlich der angebotenen Fabrikate - sich nicht in gravierendem Ausmaß wechselseitig Konkurrenz zu machen. Auf solche betriebsspezifischen Besonderheiten kommt es jedoch schon deshalb nicht an, weil die begehrte Baugenehmigung - wie bereits angesprochen - nicht etwa für das Unternehmen "N2. -Markt" erteilt werden kann und auch nicht soll, sondern unabhängig von einem bestimmten Betreiber für einen Elektrofachmarkt mit einem lediglich abstrakt umschriebenen Sortiment. Im Übrigen kommt eine solche "Rücksichtnahme" ohnehin nicht gegenüber solchen Mitbewerbern am Markt in Betracht, die nicht mit dem Vorhabenbetreiber unter einem gemeinsamen Dach verbunden sind.

Sind nach alledem die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 BauGB zu bejahen, kann im vorliegenden Fall schließlich auch dahinstehen, wer das Vorliegen der nach dem bereits angesprochenen Willen des Gesetzgebers als "weitere Zulassungsvoraussetzung" normierten Voraussetzungen darzulegen und im Streitfall ggf. nachzuweisen hat.

Für eine Darlegungs- und Beweislast des Bauherren: Einführungserlass zum EAG Bau vom 30. Januar 2005 (MBl. NRW. S. 342/SMBL. NRW. 2311); für eine Darlegungs- und Beweislast der Genehmigungsbehörde hingegen: Berkemann in "Erstkommentierungen zum BauGB 2004", 2005, RdNr. 28 zu § 34 BauGB; Uechtritz "Die Neuregelungen zur standortgerechten Steuerung des Einzelhandels", DVBl. 2006, 799 (809); modifizierend: Gatawis "Die Neuregelung des § 34 III Baugesetzbuch (BauGB)", NVwZ 2006, 272 (277); Janning "Der Ausschluß des zentrenschädigenden Einzelhandels im unbeplanten Innenbereich", BauR 2005, 1723 (1728); Reidt "Die Genehmigung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben - die rechtliche Bedeutung des neuen § 34 Abs. 3 BauGB", UPR 2005, 241 (246).

Wie der nach alledem unbegründete Hauptantrag auf Erteilung einer Baugenehmigung ist auch der erste Hilfsantrag auf Erteilung eines planungsrechtlichen Bauvorbescheids nicht begründet, weil das zur Genehmigung gestellte Vorhaben aus den dargelegten Gründen jedenfalls wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 3 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

Die Berufung ist mit dem zweiten Hilfsantrag jedoch begründet. Die Klägerin hatte bis zum Inkrafttreten des EAG Bau am 20. Juli 2004 - mithin bis zum 19. Juli 2004 - einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Das strittige Vorhaben war bis zu diesem Zeitpunkt bauplanungsrechtlich zulässig. Es war wegen der von Anfang an gegebenen Ungültigkeit des Bebauungsplans Nr. 175 bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen; die dem Vorhaben nunmehr entgegen gehaltene Veränderungssperre war seinerzeit noch nicht erlassen. Aus dem Vorstehenden folgt ferner, dass das Vorhaben sowohl bei einer Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB als auch bei einer - allerdings nicht ganz zweifelsfreien - Beurteilung nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 7 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig war. Einer Genehmigungserteilung bis zum 19. Juli 2004 standen auch keine bauordnungsrechtlichen Hinderungsgründe entgegen.

Zu Unrecht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die mit dem Bauantrag eingereichten Bauvorlagen unvollständig und damit nicht positiv bescheidungsfähig gewesen seien, weil es an dem gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW erforderlichen Brandschutzkonzept gefehlt habe. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass das Erfordernis der Vorlage eines Brandschutzkonzepts für Sonderbauten gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3 BauO NRW - um einen solchen von § 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BauO NRW erfassten Sonderbau handelt es sich hier - erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung vom 9. November 1999 (GV. NRW. S. 622) in die BauO NRW eingefügt worden ist, das nach seinem Artikel III Abs. 1 am 1. Juni 2000 - mithin nach Stellung des Bauantrags für das strittige Vorhaben - in Kraft getreten ist. Diese Änderung zielte darauf ab, durch die Pflicht zur Vorlage eines Brandschutzkonzeptes bei der Planung bedeutsamer Sonderbauten die Genehmigungsverfahren für diese Sonderbauten deutlich zu beschleunigen.

Vgl. die Amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung in LT-Drs. 12/3738, S. 2, 90.

Auf das hier in Rede stehende Baugenehmigungsverfahren war die genannte Neuregelung jedoch nicht anzuwenden. Dies folgt aus Art. III Abs. 2 des genannten Gesetzes. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitete Verfahren, mithin auch das mit dem Bauantrag vom 20. Dezember 1999 eingeleitete Baugenehmigungsverfahren für das strittige Vorhaben, nach den bisherigen Verfahrensvorschriften weiterzuführen. Satz 2 der genannten Vorschrift gibt lediglich vor, dass die materiellen Vorschriften dieses Gesetzes auf Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers insoweit angewandt werden können, als sie für diese eine günstigere Regelung enthalten als das bisherige Recht. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Scheiterte die Erteilung einer Baugenehmigung bis zum 19. Juli 2004 hiernach nicht bereits am Fehlen eines Brandschutzkonzeptes, lässt sich im Übrigen auch nicht feststellen, dass dem Vorhaben sonstige bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte entgegen standen. Die Bauvorlagen sind vollständig eingereicht worden, wie auch in dem Prüfbogen zum Baugenehmigungsverfahren (Bl. 1 ff. der Beiakte Heft 1) ausdrücklich vermerkt worden ist. Bei den Bauakten der Beklagten befindet sich auch der Prüfungsbericht des Prüfingenieurs Dr.-Ing. Stefan Bild vom 7. Juli 2000 (Bl. 22 ff. der Beiakte Heft 1), der sich auf den Prüfauftrag gemäß § 72 Abs. 6 Satz 2 BauO NRW 2000 (= § 72 Abs. 7 Satz 2 BauO NRW 1995) bezog, nämlich die Prüfung der entsprechenden Nachweise und Bauvorlagen im Hinblick auf die Standsicherheit und den Brandschutz. Dieser Prüfbericht gibt nichts dafür her, dass die konkret vorgesehene Ausführung des Vorhabens in brandschutzrechtlicher Hinsicht Bedenken unterliegt. Es liegen auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür vor, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben unter bauordnungsrechtlichen Aspekten Bedenken unterliegen könnte.

Erweist sich die Berufung nach alledem jedenfalls mit dem zweiten Hilfsantrag als begründet, bedarf es keiner Entscheidung über den dritten Hilfsantrag.

Bei der auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO beruhenden Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag unterlegen ist und ihr Obsiegen mit dem zweiten Hilfsantrag demgegenüber von deutlich geringerem Gewicht ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil die hier entscheidungserhebliche Frage einer näheren Interpretation der Neuregelungen des § 34 Abs. 3 BauGB einer rechtsgrundsätzlichen Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht zugänglich ist.