LAG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2007 - 11 Sa 1273/06
Fundstelle
openJur 2011, 47434
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 1 Ca 2803/06

1. Ergeht im Kündigungsschutzprozess zugunsten des Arbeitnehmers in erster, aber auch in zweiter Instanz ein obsiegendes Urteil, müssen "besondere Umstände" hinzutreten, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen (vgl. grundlegend BAG 27.02.1985 - GS 1/84 - EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9).

2. Derartige "besondere Umstände" liegen, solange die zuständige Genehmigungsbehörde einem Nahverkehrsunternehmen in Ausübung ihrer Aufsichtspflicht gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 PBefG, gestützt auf § 3 Abs. 1 Satz 3 BO Kraft vom 21.06.1975 (BGBl I S. 1573), nicht durch einen Verwaltungsakt untersagt, den wegen Entzugs der innerbetrieblichen Fahrerlaubnis gekündigten Arbeitnehmer (vgl. hierzu LAG Düsseldorf 24.08.2006 - 11 Sa 535/06 -) weiterhin als Omnibusfahrer bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses einzusetzen, nicht vor.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 16.11.2006 - 1 Ca 2803/06 - wird zurückgewiesen, wobei der Tenor dieses Urteils in seinen Ziffern 1 und 2 wie folgt neu gefasst wird:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29.707,44 €

brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.444,68 € seit dem 15.01., 15.02., 15.03., 15.04., 15.06., 15.07., 15.08., 15.09. und 15.10.2006, aus 4.478,30 € seit dem 15.11.2006, aus 450,-- € seit dem 15.05.2006 sowie 332,34 € seit dem 15.05.2006 sowie aus 332,34 € seit dem 15.07.2006 zu zahlen, abzüglich an die Bundesagentur für Arbeit zu erstattendes Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 43,56 € im Zeitraum 01.01. bis 30.11.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränder-

ten Bedingungen als Busfahrer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits gleichen Rubrums - Arbeitsgericht Essen 4 Ca 4492/05 - weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte mit Ausnahme der Kosten, die durch die teilweise Klagerücknahme entstanden sind. Diese trägt der Kläger.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger stand bei der Beklagten, die ein Nahverkehrsunternehmen in F. betreibt, zunächst aufgrund des Ausbildungs-Arbeitsvertrag vom 01.09.1995 in einem Ausbildungsverhältnis zum Omnibusfahrer. Nach § 6 dieses Vertrages war der Kläger verpflichtet, bei Ausführung der ihm übertragenen Arbeiten die jeweils in Frage kommenden gesetzlichen und behördlichen Vorschriften - z. B. Unfallverhütungsvorschriften, die Dienstanweisungen des Arbeitgebers, Betriebsvorschriften, das Arbeitszeitgesetz und die Anordnungen seiner Vorgesetzten - zu beachten .

Ebenfalls am 01.09.1995 unterschrieb der Kläger eine Erklärung , in der er unter Ziffer 4 im ersten Satz bestätigt, nachstehende Vorschriften, Drucksachen usw. erhalten zu haben ... . Als ausgehändigte Vorschriften ist am Ende dieser Ziffer 4 u. a. die Dienstanweisung für den Fahrdienst (DFStrab, DFKraft bzw. DFSchiff) aufgeführt. Schließlich unterschrieb der Kläger noch am 01.09.1995 eine Erklärung des Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe in der es u. a. heißt:

Die Tätigkeit im äußeren Betriebsdienst als Kraftomnibusfahrer ist nur gestattet, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) und die Bestimmungen der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BO-Kraft) erfüllt sind, d. h., wenn

1. gegen die persönliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Sie ist u. a. nur dann gegeben, wenn das Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde und das Verkehrszentralregister keine wesentlichen Eintragungen enthalten.

2. die geistige und körperliche Eignung durch ein amts- oder betriebsärztliches Zeugnis - auf Verlangen der Behörde ein fachärztliches Zeugnis oder das Gutachten eines amtl. anerkannten med.psych. Institutes (MPI) - nachgewiesen ist.

3. durch ein Zeugnis die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang in Erster Hilfe nachgewiesen ist.

...

Nach erfolgreich abgelegter Prüfung wurde dem Kläger mit Ausbildungs- und Prüfungsnachweis vom 29.12.1995 die Erlaubnis durch den Betriebsleiter bzw. Beauftragten des Betriebsleiters erteilt, die Tätigkeit als KOM-Fahrer mit Personenbeförderung in eigener Verantwortung auszuüben. Ab dem 21.01.1996 wurde der Kläger aufgrund des am gleichen Tag geschlossenen Arbeitsvertrages, der in § 7 eine mit § 6 des Ausbildungs-Arbeitsvertrag wörtlich übereinstimmende Regelung enthält, als KOM-Fahrer eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) in seiner jeweiligen Fassung Anwendung.

Am 22.11.2005 verrichtete der Kläger seinen planmäßigen Dienst als KOM-Fahrer auf der Linie 166, Kurs 13, Wagennummer: 3734. In der Zeit von 08.54 Uhr bis 09.56 Uhr führte der Fahrmeister der Beklagten, Herr G. L., eine Sonderbeobachtung des Klägers durch.

Über die Sonderbeobachtung des Klägers vom 22.11.2005 fertigte Herr L. einen Bericht. Wegen der hierin aufgeführten straßenverkehrsrechtlichen Verstöße zog der zuständige Betriebsleiter der Beklagten, Herr U. von E., den Kläger zunächst vom Fahrdienst zurück. In einem zwei Tage später durchgeführten Sachverhaltsermittlungsgespräch mit der Fachebene Arbeits- und Tarifrecht, zu dem der Kläger mit seinem Prozessvertreter erschien, nahm ersterer zu den Ergebnissen der Sonderbeobachtung vom 22.11.2005 schriftlich Stellung.

Am 02.12.2005 überreichte der Betriebsleiter der Beklagten, Herr von E., deren Mitarbeiterin für die Fachebene Arbeits- und Tarifrecht, Unternehmensbereich Personal und Organisation, Frau L. C., ein Schreiben. In diesem teilte er u. a. mit:

...

Die sicherheitsrelevanten straßenverkehrsrechtlichen Verstöße des Herrn Q. - hier sind im besonderen das Verlassen des vorgeschriebenen Fahrweges nach der Haltestelle Porscheplatz (Fahrt über drei Spuren), die beiden Rotlichtverstöße sowie die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 20 km/h zu nennen - waren so gravierend, dass ich Herrn Q. auf Dauer für ungeeignet halte, einen KOM zu lenken.

Die von Herrn Q. vorgelegte Stellungnahme zu den Ergebnissen der Sonderbeobachtung kann die ihm gemachten Vorwürfe nicht entkräften, da ich sie als Schutzbehauptung ansehe. Vielmehr muss ich mich hier auf die Aussagen des Fahrmeisters verlassen.

Herr Q. wird daher auf Dauer nicht mehr im Fahrdienst bei der F. Verkehrs-AG eingesetzt.

Mit Schreiben vom 02.12.2005, der die Anlage 1 mit den Kündigungsgründen beigefügt war, hörte die Beklagte ihren Betriebsrat zu einer von ihr beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgemäßen personenbedingten Kündigung des Klägers zum 30.06.2006 an. Mit Schreiben vom 06.12.2005 widersprach der Betriebsrat sowohl der beabsichtigten fristlosen wie hilfsweise fristgemäßen Kündigung des Klägers.

Mit Schreiben vom 06.12.2005, dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos (außerordentlich) aus wichtigem Grund. Am 12.12.2005 kündigte die Beklagte darüber hinaus das Arbeitsverhältnis hilfsweise fristgemäß zum 30.06.2006.

Das Arbeitsgericht Essen hat der gegen beide Kündigungen erhobenen Kündigungsschutzklage des Klägers durch Urteil vom 08.03.2006 - 4 Ca 4492/05 - stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 24.08.2006 - 11 Sa 535/06 - zurückgewiesen und zugleich die Revision zugelassen. Diese hat die Beklagte zwischenzeitlich beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Sie wird dort unter dem Aktenzeichen 2 AZR 984/06 geführt.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Essen am 02.05.2006 eingereichten und der Beklagten drei Tage später zugestellten Klage hat der Kläger zunächst sein Arbeitsentgelt für die Monate Januar bis April 2006 in Höhe von jeweils 2.444,68 € brutto abzüglich eines täglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 43,56 € begehrt. Mit einem der Beklagten am 06.09.2006 zugestellten Schriftsatz hat er seine Klage um einen Weiterbeschäftigungsantrag erweitert. Mit einem der Beklagten am 31.08.2006 zugestellten Schriftsatz macht der Kläger auch noch das Arbeitsentgelt für die Monate Mai bis August 2006 in Höhe von jeweils 2.444,68 € brutto abzüglich täglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 43,56 € sowie eine im Mai 2006 fällig gewordene Einmalzahlung in Höhe von 450,-- € brutto sowie das im Juli 2006 fällig gewordene Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 € brutto geltend. Letztmals hat der Kläger seine Klage durch einen der Beklagten am 25.10.2006 zugestellten Schriftsatz um das Arbeitsentgelt für die Monate September bis November 2006 abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von täglich 43,56 €, um die am 15.11.2006 fällig gewordene Sonderzuwendung in Höhe eines Monatsgehalts sowie um die Herausgabe dreier Tickets, die ihm nach Ausspruch der Kündigungen vom 06.12.2005 und 12.12.2005 entzogen worden waren, erhöht.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.118,50 € brutto nebst

5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.444,68 € seit dem 15.01., 15.02., 15.03., 15.04., 15.06., 15.07., 15.08., 15.09. und 15.10.2006, aus 4.889,36 € seit dem 15.11.2006, aus 450,-- € seit dem 15.05.2006 sowie aus 332,34 € seit dem 15.07.2006 zu zahlen, abzüglich an die Bundesagentur für Arbeit zu erstattendes Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 43,56 € im Zeitraum 01.01.2006 bis 30.11.2006;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedin-

gungen als Busfahrer weiterzubeschäftigen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Ticket 2000, Stufe C,

für ihn selbst, ein Ticket 1000, Stufe C, für seine Ehefrau

T. Q. und ein Schokoticket 2006 für die Tochter

D. Q. herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen die Ansicht vertreten:

Nach Entziehung der innerbetrieblichen Fahrerlaubnis könne sie den Kläger als Busfahrer nicht mehr einsetzen. Die Entziehung sei zu Recht erfolgt. Mangels Leistungsfähigkeit könne auch ein Annahmeverzug nicht gegeben sein. Sie könne den Kläger mangels Vereinbarung im Arbeitsvertrag nicht versetzen. Gemäß den tarifvertraglichen Vorschriften würden dem Kläger als Sonderzuwendung lediglich 82,14 % des Bruttomonatsentgelts i. H. v. 2.444,68 €, also 2.033,62 € brutto, zustehen.

Mit seinem am 16.11.2006 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage bis auf die in Höhe eines Monatsentgelts geltend gemachte Sonderzuwendung für 2006 - diese hat es dem Kläger zwar nicht im Tenor, jedoch in den Entscheidungsgründen entsprechend dem einschlägigen Tarifvertrag nur in Höhe von 2.033,62 € zugesprochen - stattgegeben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kläger habe Anspruch auf Zahlung von insgesamt 29.707,44 € brutto (26.891,48 € brutto regelmäßiges Monatsentgelt in Höhe von 2.444,68 € brutto für die Zeit von Januar bis November 2006, 450,-- € brutto Einmalzahlung, 332,34 € brutto Urlaubsgeld sowie 2.033,62 € brutto Sonderzuwendung 2006, wobei allerdings infolge des Forderungsübergangs zu Gunsten der Agentur für Arbeit gemäß § 115 Abs. 1 SGB X täglich bezogenes Arbeitslosengeld in Höhe von 43,56 € abzuziehen sei. Der Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB. Infolge der unwirksamen Kündigungen der Beklagten vom 06.12. und 12.12.2005 habe zwischen den Parteien auch im streitbefangenen Zeitraum (01.01. bis 30.11.2006) ein Arbeitsverhältnis bestanden. In diesem Zeitraum habe sich die Beklagte gemäß § 296 Satz 1 BGB in Annahmeverzug befunden. Dem stehe die Regelung in § 297 BGB nicht entgegen, da der Kläger sehr wohl hätte seine Arbeitsleistung in diesem Zeitraum erbringen können. Der Betriebsleiter der Beklagten habe dem Kläger nämlich zu Unrecht die Betriebsfahrberechtigung entzogen. Ohne erfolglose Nachschulung könne die Beklagte zudem dem Kläger keine Unzuverlässigkeit attestieren. In Ermangelung von Gründen, die ein höherwertiges Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zeigen würden, stehe dem Kläger der begehrte Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß den Grundsätzen, wie sie der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84 - aufgestellt habe, zu. Da zwischen den Parteien nach wie vor ein Arbeitsverhältnis bestehe, habe der Kläger auch Anspruch auf Herausgabe der ihm seinerzeit nach Ausspruch der Kündigungen vom 06. und 12.12.2005 entzogenen Fahrtickets.

Gegen das am 16.11.2006 verkündete und ihr am 05.12.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem bei Gericht am 27.11.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem bei Gericht am 05.02.2007 eingereichten Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Ihre Interessen an einer unterbleibenden Weiterbeschäftigung des Klägers würden im Streitfall ausnahmsweise deshalb überwiegen, weil man sie als Arbeitgeberin des öffentlichen Personenverkehrs einer Situation aussetzen würde, in der sie sich nicht rechtstreu verhalten könne. Der Zwangsvollstreckung des Weiterbeschäftigungstitels könne sie nur dadurch entgehen, dass sie dem Beschäftigungsbegehren des Klägers nachkomme. Dann sei aber damit zu rechnen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, die Bezirksregierung Düsseldorf, ihr kraft Weisungsrechts untersagen werde, den Kläger als Omnibusfahrer einzusetzen, um so die Sicherheit der Personenbeförderung zu gewährleisten, bzw. anderweitige Sanktionen gegen sie verhängen. Hinzu komme noch, dass sie gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 BOKraft i. V. m. § 61 PBefG ordnungswidrig handeln würde, wenn sie den Betrieb entgegen § 3 Abs. 1 Satz 2 BOKraft zulasse, obwohl ihr bekannt sei, dass Mitglieder des Fahr- oder Betriebspersonals nicht befähigt und geeignet seien, eine sichere und ordnungsgemäße Beförderung zu gewährleisten. Jedenfalls aufgrund der übereinstimmenden Bewertung ihrerseits und ihres Betriebsleiters sei es ihr nicht zumutbar, den Kläger als Fahrer einzusetzen. Da der Kläger durch seine Fahrweise am 22.11.2005 eindeutig bewiesen habe, dass er die an einen Berufskraftfahrer gestellten Anforderungen nicht ansatzweise erfüllen würde, könnten die durch einen Unfall des Klägers verursachten Schäden an Leib und Leben ihrer Fahrgäste nicht rückgängig gemacht und nicht mit Geld kompensiert werden. Da ihr auch nur eine vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers insbesondere aufgrund der damit verbundenen öffentlichrechtlichen Implikationen absolut unzumutbar sei, könne der Kläger seine Leistung nicht wirksam anbieten i. S. von § 297 BGB, so dass sie auch nicht in Annahmeverzug habe geraten können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen - 1 Ca 2803/06 - vom 16.11.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts

Essen vom 16.11.2006 - 1 Ca 2803/06 - zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Das Gericht habe in seinem Beschluss vom 07.12.2006, mit dem es den Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil einzustellen, zurückgewiesen habe, zu Recht darauf hingewiesen, es stehe überhaupt nicht rechtskräftig fest, dass er auf Dauer nicht befähigt und geeignet sei, eine sichere und ordnungsgemäße Beförderung des von ihm gesteuerten Omnibusses zu gewährleisten. Selbstverständlich sei die Beklagte nicht an einer offensichtlich rechtswidrigen Beurteilung seiner Fahrfähigkeiten gebunden. Im Hinblick auf eine sicherlich bestehende Unfallversicherung bei verkehrswidrigem Verhalten ihrer Omnibusfahrer könne sich die Beklagte keinesfalls auf unzumutbare Haftungsrisiken im Fall seiner Weiterbeschäftigung berufen. Die Erbringung seiner Arbeitsleistung sei ihm in der Zeit vom 01.01. bis zum 30.11.2006 nicht unmöglich gewesen, weil der Betriebsleiter der Beklagten ihm rechtswidrig und damit unverbindlich die betriebliche Fahrerlaubnis entzogen habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Gründe

A.

Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist nach der teilweisen Klagerücknahme des Klägers, was die Dauer seines Weiterbeschäftigungsverlangens betrifft, unbegründet.

I. Der Kläger kann für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 30.11.2006 von der Beklagten die Zahlung eines monatlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 2.444,68 € brutto, insgesamt also 26.891,48 € brutto abzüglich des an die Bundesagentur für Arbeit zu erstattenden Arbeitslosengeldes von täglich 43,56 € sowie die sonst noch in dem genannten Zeitraum fällig gewordenen Arbeitsentgelte in einer Gesamthöhe von 2.815,96 € brutto nebst Zinsen und die drei Fahrttickets verlangen.

1. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung seines regelmäßigen, der Höhe nach zwischen den Parteien nicht streitigen Arbeitsentgelts für die Monate Januar bis November 2006 über 26.891,48 € brutto abzüglich eines täglichen Arbeitslosengeldes von 43,56 € (vgl. § 115 Abs. 1 SGB X) ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB.

a) Da § 615 Satz 1 BGB dem Arbeitnehmer trotz fehlender Arbeitsleistung die vereinbarte Vergütung sichern, ihm also lediglich den originären Vergütungsanspruch aus § 611 Abs. 1 BGB aufrecht erhalten will (BAG 28.04.1993 - 4 AZR 329/92 - EzA § 611 BGB Croupier Nr. 2; BAG 05.09.2002 - 8 AZR 702/01 - EzA § 615 BGB Nr. 109), ist erste Voraussetzungen für einen auf diese Norm gestützten Zahlungsanspruch ein bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten (vgl. auch BVerfG 20.01.1990 - 1 BvR 42/82 - DB 1990, 1042). Hiervon ist für die Zeit vom 01.01. bis 30.11.2006 auszugehen, da die erkennende Kammer - wenn auch bisher nicht rechtskräftig - durch Urteil vom 24.08.2006 - 11 Sa 535/06 - entschieden hat, weder die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.12.2005 noch ihre hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 12.12.2005 zum 30.06.2006 hätten das Arbeitsverhältnis der Parteien beenden können.

b) Auch die zweite Voraussetzung für den auf § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB gestützten Vergütungsanspruch des Klägers für den vorgenannten Zeitraum, nämlich der Annahmeverzug der Beklagten, ist erfüllt.

aa) Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich auch für das Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff. BGB. Danach muss der Schuldner in der Regel die geschuldete Leistung tatsächlich (§ 294 BGB) oder wörtlich (§ 295 Satz 1 BGB) anbieten. Ist allerdings für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es ausnahmsweise überhaupt keines Angebots, wenn der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt (§ 296 Satz 1 BGB).

bb) Im Streitfall bedurfte es aufgrund der Regelung in § 296 Satz 1 BGB weder eines tatsächlichen noch eines wörtlichen Angebots seitens des Klägers, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung für die Zeit vom 01.01. bis 30.11.2006 zu erbringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist die nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers darin zu sehen, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm die laut Arbeitsvertrag geschuldete Betätigung zuzuweisen ( BAG 24.11.1994 - 2 AZR 179/94 - EzA § 615 BGB Nr. 83; BAG 06.12.2001 2 AZR 422/00 EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 9; BAG 11.01.2006 - 5 AZR 98/05 - EzA § 615 BGB 2002 Nr. 11). Dem ist die Beklagte nach dem Zugang ihrer außerordentlichen Kündigung vom 06.12.2005 bei dem Kläger nicht nachgekommen.

cc) Allerdings kommt der Arbeitgeber nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Unmöglichkeit der Arbeitsleistung und Annahmeverzug schließen sich gegenseitig aus (BAG 06.12.2001 2 AZR 422/00 a.a.O.). Vorliegend war dem Kläger die Erbringung seiner Arbeitsleistung für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.11.2006 nicht unmöglich. Denn die Beklagte hatte ihm, wie durch das bereits erwähnte Urteil der erkennenden Kammer vom 24.08.2006 festgestellt, rechtswidrig und damit unverbindlich die betriebliche Fahrerlaubnis entzogen mit der Folge, dass er sehr wohl ab dem 07.12.2005 (Zugang der außerordentlichen Kündigung) bzw. nach dem 30.06.2006 (Ablauf der Kündigungsfrist) in der Lage war, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung, nämlich einen Omnibus im Fahrbetrieb der Beklagten zu führen, nachkommen konnte.

2. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt ohne weiteres, dass der Kläger gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB auch Anspruch auf die übrigen in der Zeit vom 01.01. bis 30.11.2006 fällig gewordenen Arbeitsentgelte, nämlich 450,-- € brutto (Einmalzahlung), 332,34 € brutto (Urlaubsgeld) sowie 2.033,62 € brutto (tarifliche Sonderzuwendung 2006), insgesamt also 2.815,96 € brutto, hat.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. mit § 284 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 614 Satz 1 BGB.

II. Zu Recht hat die Vorinstanz dem Kläger auch einen Weiterbeschäftigungsanspruch zugesprochen, der allerdings nach der teilweisen Klagerücknahme des Klägers in zweiter Instanz auf den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom 08.03.2006 - 4 Ca 4492/05 - zu beschränken war. Dieser Anspruch ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84 - EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9) aus §§ 611 Abs. 1, 613 Satz 1 BGB i. V. m. § 242 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG.

1. Der vorgenannte Beschäftigungsanspruch besteht für jeden Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob er höher- oder geringwertige Arbeiten verrichtet, ob er für seine Arbeit eine spezielle Vor- oder Ausbildung benötigt oder nicht. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer durch die Nichtbeschäftigung einen konkreten Schaden erleidet. Da der allgemeine Beschäftigungsanspruch aus einer sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergebenden Pflicht des Arbeitgebers folgt, muss er zurücktreten, wo überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Hierzu bedarf es einer Interessenabwägung. Das gilt bereits im ungestörten bestehenden Arbeitsverhältnis. Wird das Arbeitsverhältnis, wie im Streitfall, seitens des Arbeitgebers gekündigt und erhebt der Arbeitnehmer, wie hier der Kläger, Kündigungsschutzklage, verändert sich die Interessenlage der Arbeitsvertragsparteien. Das beiderseitige Risiko des ungewissen Prozessausgangs kann bei der Prüfung des Weiterbeschäftigungsanspruchs nicht außer Betracht gelassen werden. Dies führt dazu, dass zunächst das berechtigte und schutzwerte Interesse des Arbeitgebers wegen des für ihn damit verbundenen hohen Risikos, den Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses nicht zu beschäftigen, stärker und dringender erscheint. Diese Interessenlage ändert sich jedoch, wenn im Kündigungsschutzprozess ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht, das die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststellt. Ist dies der Fall, müssen zu der Ungewissheit des Prozessausgangs zusätzliche Umstände hinzukommen, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen. Zu denken ist hierbei etwa an solche Umstände, die auch in streitlos bestehenden Arbeitsverhältnissen den Arbeitgeber zur vorläufigen Suspendierung des Arbeitnehmers berechtigen. Besteht z. B. gegen den Arbeitnehmer der Verdacht des Verrats von Betriebsgeheimnissen, kann der Arbeitgeber die Beschäftigung dieses Arbeitnehmers schon während des bestehenden Arbeitsverhältnisses verweigern, um das Ausspionieren weiteren betrieblichen Geschehens zu verhindern. Aber auch aus der Stellung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb und der Art seines Arbeitsbereichs kann sich ein überwiegendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers ergeben, den betreffenden Arbeitnehmer wegen der Ungewissheit des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitsplatz fernzuhalten (BAG 27.02.1985 - GS 1/84 - a. a. O., zu C. II. 3 c der Gründe; Hess. LAG 15.12.2006 - 3 Sa 283/06 - NZA-RR 2007, 192, 193).

2. Eine Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass hier entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten neben der Ungewissheit des Ausgangs des beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Kündigungsrechtsstreits gleichen Rubrums - 2 AZR 984/06 - keine zusätzlichen Umstände vorliegen, die zu einem im Einzelfall überwiegenden Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers führen.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die Weiterbeschäftigung des Klägers im gekündigten Arbeitsverhältnis nicht zu einem Rechtsbruch, da das von ihr angeführte Spannungsverhältnis zwischen dem öffentlichen Recht einerseits und dem Arbeitsrecht andererseits tatsächlich nicht besteht.

aa) Die Beklagte ist eine juristische Person des Privatrechts und unterliegt damit sämtlichen für Arbeitsverhältnisse geltenden Rechtsnormen und Rechtsgrundsätzen. Diese sehen, wie oben dargestellt, grundsätzlich eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im gekündigten Arbeitsverhältnis vor, sobald ein Arbeitsgericht, wenn auch noch nicht rechtskräftig, im Kündigungsschutzprozess festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber wegen Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung nicht aufgelöst worden ist (vgl. § 4 Satz 1 KSchG).

bb) Allerdings unterliegt die Beklagte gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 PBefG u. a. hinsichtlich der Erfüllung der Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) sowie der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen der Aufsicht der Genehmigungsbehörde. Demnach hat die zuständige Genehmigungsbehörde, hier die Bezirksregierung Düsseldorf, darüber zu wachen, dass die Beklagte nicht entgegen der §§ 3 Abs. 1 Satz 3 bzw. 3 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrtunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) vom 21.06.1975 (BGBl. I, S. 1573), zuletzt geändert durch Artikel 4 der Verordnung vom 22.01.2004 (BGBl. I, S. 117), einen Arbeitnehmer im Busbetrieb einsetzt, von dem sie weiß oder wissen muss, dass er nicht befähigt und geeignet ist, eine sichere und ordnungsgemäße Beförderung zu gewährleisten bzw. sein Einsatz gegen die gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 BOKraft erlassene Dienstanweisung (DFBus) verstößt. Dieser Pflicht ist die Beklagte - jedenfalls zunächst - nachgekommen, indem sie dem Kläger aufgrund dessen aus ihrer Sicht bestehenden Unfähigkeit, eine sichere und ordnungsgemäße Personenbeförderung mit dem von ihm gesteuerten Omnibus durchzuführen, durch ihren Betriebsleiter die innerbetriebliche Fahrerlaubnis entzogen hat. Diese Lizenzentziehung und das damit verbundene Beschäftigungsverbot halten allerdings den rechtsstaatlichen Anforderungen nur stand, sofern der Kläger die Möglichkeit hat, die inhaltliche Richtigkeit dieses Beschäftigungsverbots, das, wie die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen zeigen, ein schwerwiegender Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) darstellt (vgl. schon LAG Düsseldorf 24.08.2006 - 11 Sa 535/06 -, zu A. I. 2. cc. dd. der Gründe), wie von Art. 19 Abs. 4 GG gefordert (vgl. nur BVerfG 20.04.1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253, 268 f.), überprüfen zu lassen (vgl. BAG 15.06.2004 - 9 AZR 483/03 - NZA 2005, 462, 465). Diese Möglichkeit ist dem Kläger jedenfalls durch die in § 4 Satz 1 KSchG i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG (außerordentliche Kündigung) bzw. in § 4 Satz 1 KSchG (ordentliche Kündigung) geregelte Kündigungsschutzklage eingeräumt. Hiervon hat er in dem Rechtsstreit gleichen Rubrums - LAG Düsseldorf 11 Sa 535/06 - auch Gebrauch gemacht.

cc) Allerdings wäre eine rechtsstaatliche Kontrollmöglichkeit des Entzugs der innerbetrieblichen Fahrerlaubnis für den Kläger auch gegeben, wenn die zuständige Genehmigungsbehörde, hier die Bezirksregierung Düsseldorf, in Ausübung ihrer Aufsichtspflicht gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 PBefG, gestützt auf § 3 Abs. 1 Satz 3 BOKraft, der Beklagten durch einen Verwaltungsakt untersagen würde, den Kläger jedenfalls solange nicht als Omnibusfahrer einzusetzen, bis über seine Kündigungsschutzklage rechtskräftig entschieden ist. An dem hierfür notwendigen Verwaltungsverfahren der Aufsichtsbehörde müsste der Kläger im Hinblick auf die für ihn rechtsgestaltende Wirkung der Untersagungsverfügung - mit ihr wäre für ihn ein Beschäftigungsverbot als Omnibusfahrer bei der Beklagten verbunden - gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 VerFG auch ohne Antrag (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 13 Rz. 39 a. E.) beteiligt werden. Hierdurch würde der Kläger nicht nur sämtliche Rechte und Pflichten eines Verfahrensbeteiligten erhalten (vgl. z. B. §§ 28 Abs. 1, 29 Abs. 1 VwVfG), sondern er hätte auch die Möglichkeit gegen eine von der Aufsichtsbehörde ausgesprochene, ihm gegenüber gemäß §§ 41 Abs. 1, 43 Abs. 1 VwVfG ordnungsgemäß bekannt gegebene Untersagungsverfügung Widerspruch und im Falle der Nichtabhilfe Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VWGO beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben.

dd) Hat aber die Aufsichtsbehörde, hier die Bezirksregierung Düsseldorf, eine Untersagungsverfügung erlassen, haben alle Behörden und Gerichte aufgrund der mit jedem Verwaltungsakt verbundenen Tatbestandswirkung (vgl. näher Erichsen in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR, 12. Aufl. 2002, § 13 Rn. 4) die Tatsache, dass ein Verwaltungsakt ergangen ist, und die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung auch weiteren Entscheidungen - sofern der Verwaltungsakt nicht ausnahmsweise nichtig ist - zugrunde zu legen, d. h. ohne die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nochmals überprüfen zu dürfen oder zu müssen, und zwar selbst dann, wenn dieser noch nicht bestandskräftig ist (vgl. nur BAG 02.03.2006 - 2 AZR 46/05 - NZA 2006, 1211, 1213; BAG 18.05.2006 - 2 AZR 245/05 - AP Nr. 143 zu § 1 Betriebsbedingte Kündigung). Erst wenn eine derartige Untersagungsverfügung seitens der Genehmigungsbehörde i. S. von § 54 Abs. 1 Satz 1 PBefG erlassen worden ist, würde der Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers entfallen bzw. die Zwangsvollstreckung des Weiterbeschäftigungstitels aus dem erstinstanzlichen Urteil wäre nach näherer Maßgabe des § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG einzustellen.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie auch keine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers daraus herleiten, dass sie gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 BOKraft i. V. m. § 61 Abs. 1 Nr. 4 PBefG ordnungswidrig handeln würde, wenn sie den Einsatz des Klägers als Omnibusfahrer im Personenverkehr zulassen würde, obwohl sie ihn für ungeeignet hält, eine sichere und ordnungsgemäße Personenbeförderung zu gewährleisten. Jedenfalls solange nicht in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren eigenständig festgestellt worden ist, dass der Kläger tatsächlich unfähig ist, einen Omnibus im Personenverkehr zu steuern, und die Beklagte dies zumindest fahrlässig zugelassen hat, ist die Ordnungswidrigkeitsbehörde an das vorinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Essen, was die dort ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers betrifft, jedenfalls bis zum Eintritt der Rechtskraft des Kündigungsschutzprozesses - Arbeitsgericht Essen 4 Ca 4492/05 gebunden (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 121 Rnr. 5).

III. Da zwischen den Parteien nach wie vor ein Arbeitsverhältnis besteht, hat der Kläger auch Anspruch auf die ihm als Naturalvergütung gemäß § 611 Abs. 1 BGB vertraglich zustehenden Fahrtickets für sich selbst, seine Ehefrau und seine Tochter.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG und aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 525 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :

Gegen dieses Urteil kann nur von der Beklagten

REVISION

eingelegt werden.

Der Kläger wird wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde auf

§ 72 a ArbGG hingewiesen.

Die Revision muss von der Beklagten

innerhalb einer Notfrist von einem Monat

nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht,

Hugo-Preuß-Platz 1,

99084 Erfurt,

Fax: (0361) 2636 - 2000

eingelegt werden.

Die Revision ist gleichzeitig oder

innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils

schriftlich zu begründen.

Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

gez.: Dr. Vossen gez.: Rodeck gez.: Kemmerlings