LAG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.2006 - 15 (4) Sa 62/06
Fundstelle
openJur 2011, 43294
  • Rkr:
Verfahrensgang

Eine sog. Gleichstellungsabrede ist dahin auszulegen, dass § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB im Falle anderweitiger, wechselseitiger kongruenter Tarifbindung beim übernehmenden Arbeitgeber in gleicher Weise Anwendung finden soll, wie es der Fall gewesen wäre, wenn statt der arbeitsvertraglichen Gleichstellung auf Arbeitnehmerseite vor dem Betriebsübergang eine kongruente Tarifbindung (kraft Gewerkschaftszugehörigkeit) bestanden hätte.

Einer (ausdrücklichen) "Tarifwechselklausel" bedarf es insoweit nicht.

(entgegen LAG Berlin vom 31.03.2006 - 6 Sa 2262/05).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 22.11.2005 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

I.

Tatbestand

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis wurde am 01.09.1972 mit der Stadt S. begründet, welches Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes war.

Im Arbeitsvertrag der Klägerin, wie auch bei anderen Arbeitnehmern, war bestimmt worden:

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.1.1962 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) und der Anlage 5 zum BMT-G II, in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. ...

Das Arbeitsverhältnis ging zunächst auf die T. Klinikum S. GmbH über, welche ihrerseits (Voll-)Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war.

Ab 01.04.2004 wurde die Klägerin Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

Die Beklagte übernahm mit Wirkung ab 01.07.2004 den Bereich Reinigung von der T. Klinikum S. GmbH. Über diesen Teilbetriebsübergang wurde die Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2004 unterrichtet.

Ab diesem Teilbetriebsübergang, dem die Klägerin nicht widersprochen hatte, nahm die Beklagte die Lohnabrechnungen der Klägerin und die der anderen Mitarbeiter im Reinigungsbereich nach den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk vor.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die Lohndifferenzen zwischen den sich nach BMT-G II errechnenden Entgelten und der von der Beklagten für den Zeitraum Juli 2004 bis Mai 2005 gezahlten Vergütung geltend.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass aufgrund ihres Arbeitsvertrages und des dort unter § 2 in Bezug genommenen BMT-G II die Regelungen dieses Tarifvertrages auch für die Rechtsbeziehung der Parteien, d. h. für die zu zahlende Arbeitsvergütung, verbindlich blieben.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.662,72 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz von 911,97 € brutto ab dem 10.10.2004, von weiteren 3.521,35 € brutto ab dem 15.03.2005 und von weiteren 1.229,40 € brutto ab Zustellung der Klage am 22.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB sei der BMT-G durch den für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrag und den ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Lohntarifvertrag für die gewerblich beschäftigten Arbeitnehmer der Gebäudereinigung abgelöst worden. Die Klägerin sei von der T. Klinikum S. GmbH darauf hingewiesen worden, dass bei der Beklagten die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk gelten. Diese Tarifverträge enthielten eine umfassende und abschließende Vergütungsregelung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass mit dem Betriebsübergang auf die T. Klinikum S. GmbH die aufgrund der Gleichstellungsabrede für die Klägerin verbindlichen Tarifverträge nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB einzelvertraglich Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der T. Klinikum S. GmbH geworden seien. Ein anderer Tarifvertrag habe diese Tarifnorm nicht nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB verdrängen können, da die T. Klinikum S. GmbH nicht tarifgebunden gewesen sei.

Gegen dieses ihr am 09.01.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 19.01.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und mit einem am 20.03.2006 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.03.2006 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte rügt, dass die Annahme des Arbeitsgerichts, die T. Klinikum S. GmbH sei nicht tarifgebunden gewesen, unzutreffend sei. Tatsächlich sei die T. Klinikum S. GmbH seit dem 01.09.1992 ordentliches Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband NRW. Aufgrund dieser beiderseitigen kongruenten Tarifbindung der Vertragsparteien des Arbeitsverhältnisses gingen die tarifvertraglichen Regelungen bei Betriebsübergang zunächst gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Beklagte als Erwerberin über, würden dann jedoch aufgrund der Regelung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB durch die Rechtsnorm des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk ersetzt. Selbst wenn die Klägerin nicht oder noch nicht Mitglied einer Gewerkschaft und somit nicht tarifgebunden gewesen wäre, würde sich die Rechtslage im Ergebnis nicht ändern. Die laut der Gleichstellungsabrede vereinbarte Geltung der tarifvertraglichen Regelungen gingen bei Betriebsübergang gemäß 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich auf den Erwerber über. Eine ergänzende Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel führe jedoch auch dazu, dass die beim Erwerber geltenden Tarifverträge auch für die nicht tarifgebundenen, für die aufgrund der Gleichstellungsabrede die Tarifverträge beim Rechtsvorgänger anwendbar waren, Anwendung fänden. Eine andere Ansicht würde dem Sinn und Zweck der Gleichstellungsabrede widersprechen. Schließlich sei nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts Ziel der Gleichstellungsabrede, dass im Geltungsbereich eines Tarifvertrages die fehlende direkte Tarifbindung ersetzt werden solle. Wenn man die entsprechende Überlegung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde lege, dass die Gleichstellungsabrede nicht dazu führen solle, dass nicht organisierte Arbeitnehmer besser behandelt würden, als organisierte Arbeitnehmer, so müsse davon ausgegangen werden, dass die Regelung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB auch auf solche Arbeitnehmer anzuwenden sei, auf die tarifvertragliche Regelungen beim Rechtsvorgänger allein aufgrund der Gleichstellungsabrede anwendbar waren. Nur insoweit könne die angestrebte Gleichstellung der organisierten mit den nichtorganisierten Arbeitnehmern erreicht werden.

Die Beklagte beantragt,

dass am 25.11.2005 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal 7 Ca 2758/05 wird aufgehoben, die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenfällig zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass es auf die Frage, ob die Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Vertragspartnerin - die T. Klinikum S. GmbH - tarifgebunden gewesen sei oder nicht, nicht ankomme. Die Rechtsposition der Klägerin sei im vorliegenden Fall durch die arbeitsvertraglich getroffene Vereinbarung des BMT-G gegen einen Tarifwechsel unter Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips geschützt. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Klägerin ab dem 01.04.2004 Mitglied der Gewerkschaft ver.di geworden sei. Hierdurch sei die vertragliche Gleichstellungsabrede nicht berührt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Klägerin stehen die vorliegend geltend gemachten Ansprüche auf Begleichung der von ihr angenommenen Lohndifferenzen gegenüber der Beklagten nicht zu. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden nicht der BMT-G II, sondern die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk Anwendung.

1. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt, dass vor dem Betriebsübergang für das Arbeitsverhältnis geltende kollektivrechtliche Normen zwischen dem neuen Inhaber des Betriebes und dem Arbeitnehmer als Vertragsrecht weitergelten und nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges zum Nachteil Arbeitnehmers geändert werden dürfen. Diese Vorschrift gilt nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnorm eines anderen Tarifvertrages oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. so z. B. BAG vom 30.08.2000 4 AZR 581/99 AP Nr. 12 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag m. w. N.) setzt die Ablösung eines vor dem Betriebsübergang normativ geltenden Tarifvertrages durch einen anderen Tarifvertrag nach dieser Norm die kongruente Tarifgebundenheit des neuen Inhabers und des Arbeitnehmers voraus.

Aufgrund der seit 01.04.2004 bestehenden Mitgliedschaft der Klägerin in der Gewerkschaft ver.di und der Vollmitgliedschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten (wie zuletzt unstreitig gestellt wurde) im Kommunalen Arbeitgeberverband galt der BMT-G II zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten normativ. Aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk besteht auch nach dem Betriebsübergang eine beiderseitige kongruente Tarifgebundenheit. Insofern ist § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB hier (unmittelbar) anzuwenden mit der Folge, dass der BMT-G II durch die denselben Regelungsgegenstand betreffenden Tarifnormen der Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk abgelöst wurde, ohne dass insoweit das Günstigkeitsprinzip Anwendung findet (vgl. BAG vom 11.05.2005 4 AZR 315/04 AP Nr. 30 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz).

2. Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, dass sie durch die nach ihrem Arbeitsvertrag gegebene vertragliche Gleichstellungsabrede gegen die Anwendung eines für sie ungünstigeren Tarifvertrages geschützt sei, was auch die Anwendung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB ausschließe, kann ihr nicht gefolgt werden.

a) Zu Recht geht die Klägerin davon aus, dass es sich bei der Bezugnahmeklausel in ihrem Arbeitsvertrag um eine sogenannte Gleichstellungsabrede handelt, wobei bei dem hier zu entscheidenden Altfall noch die bislang geltenden Rechtssprechungsgrundsätze anzuwenden sind (vgl. dazu BAG vom 14.12.2005 4 AZR 536/04 NZA 2006, Seite 607 ff.). Haben die Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis bestimmte Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden sind und ist der Arbeitgeber an die in Bezug genommenen Tarifverträge tarifgebunden, so liegt in dieser Vereinbarung typischerweise eine sogenannte Gleichstellungsabrede. Mit ihr wird arbeitsvertraglich vereinbart, dass die Normen des Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen regeln, in gleicher Weise anzuwenden sind, wie wenn sie normativ kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit gelten würden. Als Gleichstellungsabrede kann die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Anwendung eines Tarifvertrages nur dann verstanden werden, wenn der Arbeitgeber an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebunden ist und dieser also für ihn zwingend und unmittelbar gilt. Die Gleichstellungsabrede ersetzt die nur möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers (vgl. so z. B. BAG vom 19.03.2003 4 AZR 331/02 DB 2003, 2126).

Die Stadt S. (wie auch ihre Rechtsnachfolgerin) war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages mit der Klägerin tarifgebunden, wobei die Klägerin erstinstanzlich selbst darauf verwiesen hat, dass der Passus, wonach für Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltung gelten sollen, sich in allen Arbeitsverträgen fände, die vom alten Betriebsinhaber abgeschlossen worden seien, gleichgültig, ob die Vertragspartner auf Arbeitnehmerseite Mitglied der am Tarifvertrag beteiligten Gewerkschaft waren oder nicht. Diese generelle Handhabung ist auch im Rahmen des Berufungsverfahrens klägerseits nicht in Abrede gestellt worden.

b) Ob eine Bezugnahmeklausel bei beiderseitiger Tarifgebundenheit deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, hat das Bundesarbeitsgericht für den Fall beiderseitiger Tarifgebundenheit bei Vertragsschluss dahingehend beantwortet, dass es nicht von praktischer Bedeutung sei, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber zugleich auf eine konstitutiv wirkende dynamische Verweisung berufen könnten (BAG vom 27.11.2002 4 AZR 540/01 AP Nr. 29 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Begründet wurde dies damit, dass nach Beendigung der Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Arbeitgeberverband und seiner Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG die vormals unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträge nach § 4 Abs. 5 TVG nachwirken. Sie hätten für dieses aber keine zwingende Wirkung mehr. Die nach wie vor geltende arbeitsvertragliche Vereinbarung, der Arbeitnehmer werde so gestellt, als wäre er tarifgebunden, führe auch bei konstitutiver Wirkung derselben nicht zur Teilhabe des Arbeitnehmers an den nach Verbandsaustritt des Arbeitgebers vereinbarten und in Kraft getretenen Tarifverträgen bzw. Tarifänderungen.

Entsprechend heißt es auch in anderen Urteilen (BAG vom 29.08.2001 4 AZR 332/00 AP Nr. 17 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag):

Die Bezugnahme solle widerspiegeln, was tarifrechtlich gelte. Sie ersetze lediglich die fehlende Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der tarifschließenden Gewerkschaft und stelle ihn so, als wäre er tarifgebunden. ... Wegen der Zielsetzung der Gleichstellungsabrede werde der Arbeitnehmer auch im Falle eines Betriebsüberganges so gestellt wie ein tarifgebundener Arbeitnehmer.

Die Gleichstellungsabrede hat zur Folge, dass sie dem Arbeitnehmer keine stärkere Position gibt, als er sie bei Tarifgebundenheit gehabt hätte (BAG vom 16.10.2002 4 AZR 467/01 NZA 2003, Seite 390 ff.).

Zuzugeben ist der Klägerin insoweit zwar, dass es bei der vorgenannten Rechtssprechung (BAG a. a. O.) jeweils um die Frage ging, ob aufgrund einer arbeitsvertraglichen Gleichstellungsabrede (ohne Vorliegen besonderer Umstände) bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers statt der statischen Weitergeltung der in Bezug genommenen Tarifverträge eine dynamische Weitergeltung gefordert werden kann. Nach Auffassung der Kammer müssen die vorgenannten Grundsätze indes auch dann angewandt werden, wenn es um einen (Teil-)Betriebsübergang geht, bei dem im Falle normativer Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien vor Betriebsübergang wegen kongruenter beiderseitiger Tarifbindung nach Betriebsübergang § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB anzuwenden wäre. All jene Arbeitnehmer, die zwar nicht tarifgebunden, aber mit einer Gleichstellungsabrede in ihrem Arbeitsvertrag versehen waren, würden nunmehr nicht gleich sonder besser gestellt, wenn individualrechtlich die in Bezug genommenen früheren Tarifverträge (statisch) weiterhin anzuwenden wären, so sie günstiger sind, als die nunmehr im Betrieb wie hier aufgrund von Allgemeinverbindlichkeit geltenden Tarifverträge (so vertreten vom LAG Berlin 31.03.2006 6 Sa 2262/05 -).

Eine derartige Besserstellung ist nicht gerechtfertigt. Dabei bedarf es nach Auffassung der Kammer keiner analogen Anwendung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB. Auch bedarf es keiner Tarifwechselklausel . Erforderlich ist lediglich eine sachgerechte Auslegung einer Gleichstellungsabrede, wie der vorliegenden:

Nach der vorhergenannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gibt es bei einer Gleichstellungsabrede einen vom Willen das Arbeitgebers abhängigen Teil , der dahin geht, den betreffenden Arbeitnehmer - auch ohne eine kongruente Tarifgebundenheit desselben - so zu stellen, als wäre er (einschlägig) tarifgebunden. Die Frage, mit welchem Inhalt, wie lange und zu wem die so vereinbarte Tarifgeltung Bestand hat, richtet sich sodann nach den für die im Falle beiderseitiger Tarifbindung geltenden gesetzlichen Normen, wie z. B. §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 5 TVG. Diese sind gleichsam mit in Bezug genommen worden, soweit Abweichendes nicht ausdrücklich vereinbart ist. Eine solche gesetzliche Norm, die das Schicksal eines im Betrieb geltenden Tarifvertrages und die Frage seiner Fortgeltung behandelt, ist auch § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB, der insofern gleichfalls, wie alle anderen die Tarif(weiter-)geltung regelnden gesetzlichen Normen auch, aufgrund der Gleichstellungsabrede mit der darin enthaltenen Gesetzesunterwerfung mit in Bezug genommen wurde. Für die zuvor nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie bei Vertragsschluss insofern schon ihr (antizipiertes) Einverständnis mit einer Ablösung ihrer arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge gegeben haben, für den Fall, dass bei beiderseitiger Tarifbindung § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB zum Tragen gekommen wäre.

Einer Tarifwechselklausel bedarf es nur dann, wenn es keine gesetzliche Vorschrift gibt, die einen Tarifwechsel vorschreibt wie die Bestimmung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB, und der Arbeitgeber über eine bloße - organisierte wie nichtorganisierte Arbeitnehmer gleichermaßen treffende - Normanwendung hinausgehend auch die Teilhabe seiner Arbeitnehmer an einem Wechsel der in seinem Betrieb geltenden Tarifverträge zu erreichen sucht.

Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

Nach alledem konnte der Berufung der Beklagten der Erfolg nicht versagt bleiben.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin als unterliegende Partei zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

4. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und der Abweichung zur Rechtsprechung des LAG Berlin gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 u. 2 ArbGG zuzulassen.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :

Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin

REVISION

eingelegt werden.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss

innerhalb einer Notfrist von einem Monat

nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht,

Hugo-Preuß-Platz 1,

99084 Erfurt,

Fax: (0361) 2636 - 2000

eingelegt werden.

Die Revision ist gleichzeitig oder

innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils

schriftlich zu begründen.

Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Dr. Stoltenberg Kuhn Mayer