LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.11.2005 - L 18 KN 95/02
Fundstelle
openJur 2011, 41594
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. S 6 KN 329/00
  • nachfolgend: Az. B 8 KN 7/06 B
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.07.2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren hat.

Der 1971 geborene Kläger war von April 1989 bis September 1990 arbeiterrentenversicherungspflichtig beschäftigt und hat dann als Neubergmann angelegt. Seit November 1991 verrichtete er Hauertätigkeiten im Streckenausbau, zunächst nach Lohngruppe 9, in der Folge ab September 1993 als Hauer für Erweiterungsarbeiten bzw. in der Gewinnung nach Lohngruppe 10 und zuletzt nach Lohngruppe 11 der Lohnordnung für den Rheinisch-Westfälischen Steinkohlebergbau (Lohnordnung). Zwischenzeitlich hatte der Kläger am 25.04.1989 vor dem S-X U Überwachungsverein die Zulassungsprüfung als Schweißer abgelegt. Nach seit dem 07.06.1999 bestehender Arbeitsunfähigkeit ist der Kläger zum 30.09.2001 bei der Fa. E-I auf Grund arbeitgeberseitiger Kündigung ausgeschieden. Er bezieht die Rente für Bergleute.

Auf den im Februar 2000 gestellten Rentenantrag wurde der Kläger auf Veranlassung der Beklagten durch den Sozialmedizinischen Dienst untersucht. Der Chirurg T diagnostizierte eine neurotisch depressive Anpassungsstörung (vorbehaltlich einer weitergehenden Diagnose in einem psychiatrischen Gutachten), degenerative Veränderungen an den Kniegelenken mit Knorpelschaden und Meniskusveränderungen sowie einen Verschleiß der Hals- und Lendenwirbelsäule. Der von der Beklagten beauftragte Neurologe und Psychiater N hielt in seinem Gutachten vom 06.04.2000 eine hypochondrische Versagens- und Vermeidungshaltung fest und meinte, der Kläger sei noch in der Lage, seine alte berufliche Tätigkeit als Hauer unter Tage vollschichtig zu verrichten. Dieser Auffassung hat sich der beratende Arzt der Beklagten T1 angeschlossen.

Mit Bescheid vom 12.07.2000 und Widerspruchsbescheid vom 31.10.2000 lehnte die Beklagte Rentenleistungen wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab.

Im Klageverfahren hat der Kläger ein Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie N1 aus Mai 2000 zu den Akten gereicht, nach dem der Kläger nur noch für fähig erachtet wird, leichte Arbeiten halbschichtig zu verrichten.

Das Sozialgericht (SG) hat Begutachtungen veranlasst durch die Ärztin für Chirurgie E1 und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie F. Letzterer hat im Gutachten vom 20.08.2001 aus psychiatrischer Sicht eine Krankheitsfehlverarbeitung sowie ängstlich und depressiv ausgestaltete Störungen der Anpassung an belastende und konflikthafte Umstände angenommen, die mit einer Anstrengung des Willens in großen Teilen zu überwinden seien. Die aus psychiatrischer Sicht zu formulierenden Einschränkungen der Leistungsbreite seien letztlich eher geringfügig. Aus neurologischer Sicht sei das Leistungsvermögen überhaupt nicht eingeschränkt.

E1 hat im Gutachten vom 27.08.2001 ein wiederkehrendes Wirbelsäulensyndrom sowie Gelenkveränderungen beschrieben. Die Einschränkung der Leistungsfähigkeit resultiere insbesondere aus den chronischen Rückenbeschwerden. Der Kläger sei in der Lage, mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten und Lasten bis zu 15 kg zu heben, zu bewegen und zu tragen. Tätigkeiten mit überwiegender oder länger andauernder Zwangshaltung , ständige Überkopfarbeiten sowie kniende und hockende Zwangspositionen sollten nicht mehr abverlangt werden.

Das SG hat auf den Antrag des Klägers nach § 109 SGG den Facharzt für Neurologie, Nervenheilkunde und Psychotherapeutische Medizin L mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt.

L hat im Gutachten vom 13.02.2002 auf Grund von Untersuchungen im Januar und Februar 2002 abschließend eine depressive Anpassungsstörung diagnostiziert, die als Maladaption und Krankheitsfehlverarbeitung eines körperlichen Befundes erklärbar sei. Bei der psychiatrischen Befunderhebung seien bei der Konzentration und Auffassung leichte Einschränkungen, darüber hinaus aber keine Hinweise für Wahnsymptome, Zwangssymptome oder Sinnestäuschungen zu sehen gewesen. Auch er könne feststellen, dass durch eine Anstrengung des Willens im Alltag wesentliche Einschränkungen überwunden werden könnten. Insoweit schließe er sich dem Vorgutachter an. Die Entscheidung zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sei durch zumutbare Willensanstrengung möglich. Einschränkungen fänden sich bei Tätigkeiten unter Zeitdruck, z. B. Akkord- und Fließbandarbeit, bezüglich Nachtschicht und hinsichtlich Tätigkeiten auf Gerüsten oder Leitern. Darüber hinaus sollten keine Tätigkeiten mit häufigem Publikumsverkehr verrichtet werden. Der Kläger könne geistig einfache Tätigkeiten ohne erhöhte Anforderungen an die Übersicht, Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit leisten. Ein KfZ zu benutzen sei er nicht gehindert. Er könne insgesamt noch vollschichtig arbeiten. Auf neurologischem Gebiet finde er ebenfalls keine leistungsmindernde Erkrankung.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 zu verurteilen, bei ihm einen Zustand der Berufsunfähigkeit anzunehmen und entsprechende Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 26.07.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger genieße zwar Facharbeiterschutz; dennoch sei er zum Ausschluss von Berufsunfähigkeit zumutbar auf die Tätigkeit des Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel verweisbar.

Dem ist der Kläger im Berufungsverfahren entgegengetreten. Ein Arbeitsmarkt für diese Tätigkeit bestehe seit langem nicht mehr. Andere zumutbare Verweisungstätigkeiten seien nicht ersichtlich.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.07.2002 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft eingeholt. Die E-I GmbH hat in der Auskunft vom 27.01.2004 mitgeteilt, dass der Kläger zuletzt in Lohngruppe 11 der Lohnordnung beschäftigt gewesen sei und zuvor von 1990 bis 1996 in Lohngruppe 10. Auf Grund der Höherstufung sei davon auszugehen, dass der Kläger alle Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt habe, die üblicherweise von einem Hauer verlangt werden. Eine Aufstufung wäre sonst nicht erfolgt.

Nach Kenntnisnahme der Ermittlungsergebnisse zur Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers hat der Kläger u.a. verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats in dem Rechtsstreit L 18 KN 25/02 vom 19.07.2005 hat er gerügt, der Senat habe die Argumentationslinie seiner Prozessbevollmächtigten verkannt. Es stehe nämlich nicht eine Gewissensentscheidung zur Debatte, sondern die Frage, ob es sich mit der der Staatsgewalt vom Verfassungsgeber auferlegten Verpflichtung, den Schutz der Grundrechte (insbesondere der Kinder und Jugendlichen) auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit zu gewährleisten, vertrage, wenn Versicherte auf die genannte Tätigkeit verwiesen würden. Der Zigarettenautomatenauffüller sei mit dem Vertrieb eines Produkts betraut, dessen Konsum abhängig mache und schwerst gesundheitsschädigend sei. Allein "durch das verweisungsrechtliche Ansinnen, eine derartige Tätigkeit auszuüben", würde er in seinen Grundrechten, insbesondere seiner Menschenwürde verletzt.

Hinsichtlich der weiteren Einwendungen des Klägers wird auf den Schriftsatz vom 08.11.2005 und der weiteren Einzelheiten wegen auf den Inhalt der Streit- und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rentenleistung wegen Berufsunfähigkeit nach der bis zum 31.12.2000 geltenden Bestimmung des § 43 Abs.2 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI a.F.). Insoweit hat das Sozialgericht zu Recht die angefochtenen Bescheide der Beklagten als rechtmäßig im Sinne des § 54 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) angesehen.

Nach der vorgenannten Regelung des § 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F. ist berufsunfähig der Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Nach den Übergangsvorschriften der §§ 300 Abs.2, 302b Abs.1 SGB VI ist diese Vorschrift für einen am 31.12.2000 bestehenden Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit weiterhin maßgebend.

Es hat sich nicht feststellen lassen, dass der Kläger am 31.12.2000 einen Anspruch im vorgenannten Sinne hatte. Der Kläger ist nicht berufsunfähig.

Zwar sind bzw. waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs.1 Ziff. 2 und 4 SGB VI erfüllt. Der Kläger kann auch - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - nach den im Klageverfahren auf medizinischem Gebiet getroffenen Feststellungen die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Hauertätigkeit nicht mehr verrichten. Dennoch ist der Kläger nicht berufsunfähig, weil er zumutbar auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers verwiesen werden kann.

Nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema, dessen Kriterien das SG im angefochtenen Urteil schon im Einzelnen beschrieben hat und die deshalb - um Wiederholungen zu vermeiden - hier nicht nochmals dargelegt werden sollen (§ 153 Abs.2 SGG), gehört der Kläger zu der Gruppe der (bergmännischen ) Facharbeiter innerhalb des genannten Mehrstufenschemas. Der Senat hat angesichts der Arbeitgeberauskunft vom 27.01.2004 keinen Anlass, den (bergmännischen) Facharbeiterschutz anzuzweifeln. Der Arbeitgeber hat glaubhaft dargelegt, dass die Höhergruppierung in die Lohngruppe 11, nachdem der Kläger während seines Berufslebens als Hauer überwiegend nach den (Facharbeiter-) Lohngruppen 9 und 10 der Lohnordnung entlohnt worden war, darauf beruhte, dass der Kläger das Wissen und Können besaß, wie es von einem ausgebildeten Hauer erwartet wird. Sonst wäre die Höhergruppierung nicht erfolgt.

Als Facharbeiter ist der Kläger nicht nur auf andere Facharbeiten, sondern auch auf solche Tätigkeiten verweisbar, die eine betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis ungelernter Tätigkeiten innerhalb des Betriebes im Ansehen, aber auch unter Berücksichtigung der tariflichen Eingruppierung im Vergleich mit anderen Tätigkeiten besonders herausheben. Einen zumutbaren beruflichen Abstieg muss der Versicherte, bezogen auf den bisherigen Beruf, in Kauf nehmen.

Da der Kläger bei einer Bergbauunternehmerfirma beschäftigt war, kommen für ihn die im Steinkohlebergbau zur Verfügung stehenden leichten Verweisungstätigkeiten nicht in Betracht. Er ist aber unter Berücksichtigung des festgestellten gesundheitlichen Leistungsvermögens zum Ausschluss von Berufsunfähigkeit auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers verweisbar. Dies steht auf Grund der im ersten Rechtszug durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme fest. Anlass, die übereinstimmenden Feststellungen und Bewertungen der gehörten Sachverständigen E1 und F sowie des auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen L anzuzweifeln, besteht nicht.

Danach ist der Kläger jedenfalls noch in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Auf orthopädischem Gebiet haben sich Hinweise für höherwertige Veränderungen, wie sich E1 im Gutachten vom 25.05.2001 ausgedrückt hat, nicht finden lassen. Das von ihr diagnostizierte Wirbelsäulensyndrom und die Gelenkveränderungen haben zu keinen, die Altersnorm wesentlich überschreitenden funktionellen Einbußen im Bereich der gesamten Wirbelsäule geführt, so dass die Sachverständige den Kläger für fähig erachtet hat, mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig und in Regelmäßigkeit zu verrichten. Einschränkungen der physischen Belastbarkeit ergaben sich nur bei Tätigkeiten mit überwiegender oder länger andauernder Zwangs- oder einseitiger Körperhaltung, wie beispielsweise bei Tätigkeiten verbunden mit länger andauernder Rumpfvorbeugehaltung, bei ständigen Überkopfarbeiten und ständig knienden und hockenden Zwangspositionen.

Während sich auf neurologischem Gebiet weder bei der Begutachtung durch F noch durch L Hinweise auf eine Leistungseinschränkung hatten finden lassen, ergaben sich aus psychiatrischer Sicht eine "reizbare Schwäche" und vor allem Unzufriedenheit und damit verbunden das Gefühl, nicht leistungsfähig zu sein (so F). Soweit L die Symptomatik dahingehend beschrieben hat, dass sich bei dem Kläger eine länger dauernde depressive Anpassungsstörung finde und diese als Maladaption und Krankheitsfehlverarbeitung eines körperlichen Befundes erklärbar sei, so ergibt sich aus der unterschiedlichen Benennung desselben Krankheitsbildes keine andere Bewertung des Leistungsvermögens des Klägers. Denn L hält, wie F, den Kläger ebenfalls noch vollschichtig für körperlich mittelschwere Arbeiten einsetzbar. Er sieht das Leistungsvermögen eingeschränkt bei Arbeiten unter Zeitdruck, z.B Akkord- und Fließbandarbeit, in der Nachtschicht und auf Leitern und Gerüsten. Tätigkeiten mit häufigem Publikumsverkehr sollten ebenfalls nicht stattfinden. Erhöhte Anforderungen an Übersicht, Daueraufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit könnten nicht gestellt werden.

Vor diesem Hintergrund ist dem Kläger die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers körperlich und seelischgeistig zumutbar. Was die beschriebenen qualitativen Einschränkungen anbelangt, die von L und von F gesehen worden sind hinsichtlich des Arbeitens unter Zeitdruck, in der Nachtschicht und mit intensivem Publikumsverkehr, so stehen diese der Ausübung der genannten Tätigkeit nicht entgegen: solche Belastungen fallen dort nicht an.

Nach den Feststellungen des berufskundlichen Sachverständigen N2 handelt es sich bei der Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers um eine körperlich leichte Arbeit, die im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt wird. Sie bedarf zwar einer gewissen Intelligenz und Umstellungsfähigkeit, um die zu erfüllenden Aufgaben zu erlernen und den Versorgungsbezirk mit seinen Automaten kennen zu lernen und abzufahren. Damit werden nicht über ein normales Maß hinausgehende Anforderungen an seelischgeistige Qualitäten gestellt. Ganz abgesehen davon, dass die Sachverständigen lediglich Arbeiten ausgeschlossen haben, die erhöhte Anforderungen an Übersicht, Daueraufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit stellen, fallen erhöhte Anforderungen bei der Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers nicht an. Schon der Umstand, dass die Fahrtätigkeit in kürzeren Abständen immer wieder unterbrochen wird durch das Bedienen der Automaten, wird die Daueraufmerksamkeit und/oder Reaktionsfähigkeit auf ein allenfalls durchschnittliches Maß reduziert.

Ob ein Bewerber die sicherlich für eine Einstellung in diesen Beruf wegen der hohen Waren- und Geldwerte erforderlichen charakterologischen Eigenschaften, wie Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, entzieht sich medizinisch/gutachterlicher Feststellungen und sozialgerichtlicher Entscheidung, jedenfalls soweit - bei Zweifeln über deren Vorhandensein - dem ein Krankheitsgeschehen nicht zugrunde liegt. Die Gutachter haben Defizite, die die Zuverlässigkeit einschränken könnten, nicht festgestellt.

Auch was die körperliche Belastung anbelangt, insbesondere den Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, bringen schon die mit der Tätigkeit verbundenen unterschiedlichen Arbeitsschritte und die Anzahl der zu versorgenden (innerstädtisch täglich 40 - 44 und bei einer ländlichen Tour täglich 35 - 40) Zigarettenautomaten ausreichenden Haltungswechsel mit sich. Die bei der Tätigkeit anfallenden, zu bewältigenden Gewichte, überfordern den Kläger ebenfalls nicht. Täglich sind durchschnittlich insgesamt etwa 3000 Packungen, was 150 Stangen zu 20 Packungen und einem Warenwert von rund 12000,00 Euro entspricht, nachzufüllen. Jeder zu versorgende Automat ist somit durchschnittlich mit 75 Packungen nachzufüllen bei einem Geldgesamtanfall von durchschnittlich etwa 300,00 Euro.

Von diesen durchschnittlichen Werten ausgehend, fallen je Zigarettenautomat nur geringe Gewichte an Zigaretten und an Geld an. Bei einem Packungsgewicht von etwa 25 g - Stange von maximal 510 g bei 20 Packungen - ist ein Warengewicht bei 75 Packungen von unter 2 Kg in dem 2,2 Kg wiegenden Füllkorb zu bewältigen. Entsprechend stellt sich das Gewicht des Geldes dar. Bei einem ausschließlich mit Münzgeld zu bedienenden Automaten und bei einem Packungspreis von durchschnittlich 4,00 Euro können 300 1,00-Euro-Münzen durchschnittlich anfallen, was zu einem Gewicht von max. 2550 g führt. Dabei ist der Senat, der Annahme des Sachverständigen folgend von einem Münzgewicht bei einer 1,00-Euro-Münze von etwa 8,5 g - münzfrisch 7,5 g plus Verschmutzung - ausgegangen. Variationen wegen anderer Münzzusammenstellungen oder -mischung mit Notengeld sind möglich. Abweichungen nach oben und nach unten sind aber nur in einem Maße möglich, mit dem die Grenze von fünf Kilogramm niemals überschritten wird.

In Ausnahmefällen können höhere Gesamtgewichte sowohl bei der Ware als auch beim Geld anfallen. Zigarettenkartons mit einem Inhalt von 16 Stangen zu 510 g können bis knapp unter 9 Kg wiegen. Zu entnehmende Geldmengen können insgesamt das Gewicht von 20 Kg nach den Darlegungen des berufskundlichen Sachverständigen erreichen/überschreiten. Diese Gewichte können aber, wie der Sachverständige auch dargelegt hat, in Teilmengen transportiert werden. Der Automatenauffüller kann sie sich seinem Leistungsvermögen entsprechend aufteilen.

Weitere körperliche Belastungen mit den vorbeschriebenen (Gesamt)Höchstgewichten treten auf beim Beladen des Lieferfahrzeugs. Gleich ob die aus dem Warenlager des Tabakwarengroßhändlers zu entnehmenden Waren von einem Kommissionierer vorbereitet bereitgestellt werden oder ob der Auffüller sie selbst aus dem Lager holt. Diese Gewichte können ebenfalls dem Leistungsvermögen gerecht aufgeteilt werden. Da der Kläger aus Sicht der orthopädischen Sachverständigen E1 und auch der anderen Sachverständigen für fähig erachtet worden ist, Lasten in einem Ausmaß von 15 kg zu heben und zu tragen, sieht der Senat nicht, weshalb ihm diese Tätigkeit nicht zumutbar sein soll.

Das an den Automaten eingesammelte Geld fällt nach dem Zählen mittels einer Zählmaschine in einen im Lieferwagen eingebauten Tresor, der auf dem Gelände des Tabakwarengroßhändlers nur noch aus dem Lieferwagen auf ein Rollförderband gezogen werden muss, das bis an den Lieferwagen heranreicht. Mit der Geldentnahme oder einem Transport ins Kassenbüro hat der Zigarettenautomatenauffüller nichts zu tun.

Beim Beladen des Fahrzeugs werden entweder die Zigarettenkartons- oder die Stangen in in dem Wagen eingebaute Regale gelegt. Beim Nachfüllen der Automaten sind die erforderlichen Mengen wieder aus diesen Regalen herauszunehmen. Dabei können jeweils naturgemäß einzelne kurzfristige, aber nicht häufige Bückvorgänge, die E1 ausgeschlossen wissen will, notwendig sein. Es ist nicht davon auszugehen, dass die jeweils nachzufüllenden Zigarettenpackungen bei jedem Automaten ausschließlich vom Boden des Lieferfahrzeugs - als dem untersten "Regalboden" - zu entnehmen sind. Auch das ist dem Kläger mit Rücksicht auf die Feststellungen der orthopädischen Sachverständigen - und im Übrigen auch des L - möglich.

Zeitdruck kann allenfalls in dem allenthalben bei jeder Arbeit anfallenden Ausmaß entstehen bzw. vorhanden sein. Der Zigarettenautomatenauffüller ist in der Gestaltung seines Arbeitstages weitestgehend frei. Das hat seine Grundlage darin, dass er für die Versorgung seines Bezirks und nicht nach geleisteten Arbeits- und/oder Überstunden entlohnt wird. Deshalb kann er seine Nachfülltour, die für den jeweiligen Tag vorgegeben wird, in ihrem Ablauf frei gestalten, Pausen nach den Vorgaben der Arbeitszeitordnung planen und einhalten oder zusätzliche Pausen einlegen. Daran ist er durch nichts, vor allem nicht durch eine Verpflichtung zur Einhaltung von Terminen, gehindert. Er kann z.B. in einem innerstädtischen Bereich ganz früh morgens mit seiner Arbeit beginnen, um sie relativ "bequem" und zügig erledigen zu können, weil er sich als Lieferant bis 10 Uhr morgens problemlos in seinem Fahrzeug sowohl in der Fußgängerzone als auch in dem anderen Innenstadtbereich bewegen kann. Hat er auf seiner Tour vornehmlich z.B. Kantinen, Gaststätten und Kioske aufzusuchen, wird er wegen möglicher späterer Öffnungszeiten seinen Arbeitstag auch erst später am Tag beginnen mit der Folge, dass es an diesem Tag später werden kann. Bei normalem Ablauf eines durchschnittlichen Tourentages ist deshalb das Entstehen von Zeitdruck über das normale Maß hinaus nicht zu erwarten. Zeitdruck wird regelmäßig nur dadurch entstehen können, worauf auch der berufskundliche Sachverständige hinweist, dass sich der Auffüller selbst unter Druck setzt mit dem Ziel, seine Arbeit schnellstmöglich hinter sich zu bringen.

Da es von dieser Art Arbeitsplätze in Deutschland etwa 2500 gibt, in Nordrhein-Westfalen allein mehr als 500, wobei die Arbeitsplätze und die Bevölkerungszahlen ins Verhältnis gesetzt sind, demnach von einer beachtlichen und nach der Rechtsprechung der Rentensenate des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil des BSG in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13) bei weitem für eine Verweisungstätigkeit ausreichenden Anzahl dieser Arbeitsplätze auszugehen ist, seien sie frei oder besetzt, sind die vorbeschriebenen Arbeitsbedingungen die des allgemeinen Arbeitsmarktes für diese Tätigkeit (vgl. BSG Urteil in SozR 2200 § 1247 Nr. 43, Urteil in SozR 4100 § 168 Nr. 7). Die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bestehen nach den Ausführungen des Sachverständigen N2 nicht darin, nach Stunden und Überstunden für eine Arbeit entlohnt zu werden, sondern in der Versorgung der Automaten in dem, dem Zigarettenautomatenauffüller anvertrauten Bezirk. Der Sachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 20.07.2005 (in einem Verfahren des 2. Senats des LSG NRW, Aktenzeichen hier unbekannt) dazu ausgeführt, dass die Fahrverkäufer/Automatenauffüller in der Regel ein festes Monatsgehalt erhalten, mit dem alle eventuellen Überstunden abgegolten sind. Vom Stelleninhaber würde erwartet, dass er seinen von ihm selbst gestalteten Tourenplan einhalte und die Tagesarbeit erledige. Sei ihm das in weniger als 38,5 Stunden pro Woche (tarifliche Wochenarbeitszeit im Groß- und Aussenhandel NRW) möglich, würde danach genau so wenig gefragt, wie wenn er 42 Stunden aufgrund Staus oder wegen langsamerer Arbeitsweise benötige. Der Senat sieht keinen Grund, diese Äußerungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Die vom Marktführer erstellte Stellenbeschreibung des Fahrverkäufers, die nach Ausführung des Sachverständigen die in der Branche übliche Arbeit des Automatenauffüllers beschreibt, haben sowohl der Zeuge T2 als auch der Sachverständige, der seinerseits davon ausgeht, dass die treffendere Bezeichnung die des Zigarrettenautomatenauffüllers sei, vorgelegt. Der Fahrverkäufer ist ausdrücklich in den Tätigkeitsbeispielen der Lohngruppe 6 des einschlägigen Tarifvertrages für den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen (NRW) so benannt und aufgeführt. Damit haben die Tarifvertragsparteien, die die genaue Art der Arbeit im Geltungsbereich des Tarifvertrages kennen und die es überdies gewohnt sind, solche Einstufungen vorzunehmen, mit ihrer besonderen Sachkenntnis zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgehen, dass diese Arbeit auch grundsätzlich in der diesem Tarifvertrag zugrunde liegenden Arbeitszeit (§ 2 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW) zu bewältigen ist.

Vor diesem Hintergrundrund vermögen auch die Feststellungen des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden T2 anlässlich der Zeugeneinvernahme durch den Senat in der Sitzung am 23.08.2005 (L 18 (4) RJ 107/03) an dem Ergebnis nichts zu ändern. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf dessen Ausführungen bezweifelt, der Tätigkeit wegen der angenommenen durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 10,29 Stunden gesundheitlich gewachsen zu sein, so greifen diese Bedenken nicht. Die vorgelegte Übersicht ist nicht geeignet, die von dem Sachverständigen N2 (sowie den Tarifvertragsparteien) zugrunde gelegte Arbeitszeit zu widerlegen.

Wie der Zeuge T2 in der Verhandlung am 23.08.2005 (im Rahmen des Verfahrens L 18 (4) RJ 107/03) ausgesagt hat, wird mit dem mobilen Datenerfassungsgerät (MDE, dem sogenannten "Ready"), das bei neueren Zigarrettenautomaten zum Einsatz kommt, nicht nur der jeweils aktuelle Bestand und letzte Abverkauf registriert, sondern auch die "Zeit des Nachfüllvorganges". Dabei wird das Gerät - der Zeugenaussage zufolge - beim Auslesen des ersten Automaten auf der Tagestour eingeschaltet und nach dem Auslesen des letzten Automaten an diesem Tag ausgeschaltet. Diese Zeiten, sowie zusätzliche pauschale Zeiten (zwei Stunden täglich) für die Abrechnung und Fahrzeiten zum/ab Lager liegen der vom Zeugen überreichten Übersicht "Ready-Zeiten" zugrunde, der zufolge eine durchschnittliche Zeit von 10,29 Stunden (einschließlich pauschal abgerechneter Zeiten für "Abrechnung und Fahrzeiten") täglich errechnet worden ist. Diese "Ready-Zeiten" sind als Grundlage für die Berechnung einer täglichen Arbeitszeit ungeeignet. Entgegen der Auffassung des Klägers ergeben sich daraus tatsächlich nicht eine entsprechende Arbeitszeit der Beschäftigten, sondern allein die Zeit zwischen Ein- und Ausschalten des Ready-Gerätes. Wegen der ununterbrochenen Aufzeichnung lassen sich daraus keine Erkenntnisse darüber gewinnen, ob und in welchem Umfang in der aufgezeichneten Gesamtzeit Zeiten für das Auffüllen, das Fahren zwischen den Automaten und/oder ggf. zum Lager, Unterbrechungen welcher Art auch immer und die nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) einzuhaltenden Pausen enthalten sind.

Schon deshalb ist die auf der Grundlage der in der Übersicht enthaltenen Daten vorgenommene Berechnung nicht geeignet, die Angaben des Sachverständigen N2, der grundsätzlich von der tariflichen Arbeitszeit ausgeht, zu entkräften. Die ohnehin - wie dargestellt - nur theoretischen Berechnungen sind in sich nicht schlüssig, weil die Zeiten im einzelnen und im Gesamtergebnis nicht nachvollziehbar errechen- und nachrechenbar sind.

Dass der Kläger den Belastungen eines gängigen tariflichen Arbeitspensums nicht gewachsen wäre, ist durch nichts belegt. Vor allem gehen die medizinischen Sachverständigen durchweg von einem vollschichtigen Leistungsvermögen aus.

Es gibt auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger diese Tätigkeit nicht innerhalb von drei Monaten so weit erlernen könnte, dass er sie vollwertig verrichten kann. Medizinische Gründe sind nicht erkennbar. Die intellektuellen Fähigkeiten sind ausreichend, um Arbeiten mit geistig einfachen bis durchschnittlichen Anforderungen zu bewältigen (so F und L). Diese Feststellungen anzuzweifeln, besteht kein Anlass. Der Kläger hat im Verlauf seiner beruflichen Entwicklung unter Beweis gestellt, dass er unterschiedlichen Anforderungen bei der Durchführung von Tätigkeiten gewachsen und insbesondere auch ohne qualifizierte Berufsausbildung in der Lage war, höherwertige Tätigkeiten im Bergbau zu verrichten. Dafür spricht allein schon der Umstand, dass er trotz der fehlenden geregelten Ausbildung den Facharbeiterstatus mit dem daraus fließenden Verweisungsschutz erworben hat. Bei den in der Vergangenheit unter Tage zu verrichtenden Arbeiten hat er auch mit Werkzeugen umgehen müssen, so dass nicht ersichtlich ist, weshalb er die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers auch mit Rücksicht auf die erforderlichen kleinen Reparaturen nicht innerhalb kürzester Zeit durchführen können soll.

Der Senat vermag den Sachverhalt auch angesichts der "Stellenbeschreibung Fahrverkäufer" nicht anders zu bewerten; vor allem ist nicht erkennbar, inwieweit alle "vorherigen" Angaben des Sachverständigen N2 durch diese in krasser Weise entwertet erscheinen. Soweit der Kläger meint, es ergäben sich nachhaltigste Konsequenzen für die Verweisbarkeit des Klägers insbesondere dadurch, dass die Tätigkeit auch die Bereiche Kundenerfassung- und betreuung, Mitwirkung bei Werbemaßnahmen, Reparatur der Automaten und Verantwortlichkeit für das Auslieferungsfahrzeug erfasst, so vermag der Senat diese Wertung nicht nachzuvollziehen. Was die "Reparatur" anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um die Behebung kleinerer Defekte am Gerät handelt. Bei Fehlern am Gerät bzw. größeren Reparaturen steht ein Reparaturteam zur Verfügung. Erforderliche kleinere Reparaturen dürften den Kläger allerdings angesichts seiner erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht überfordern. Auf die Ausführungen zur Einarbeitungszeit wird insoweit Bezug genommen. Mit dem Bereich der Kundenerfassung und deren Betreuung scheint sich der Kläger darauf stützen zu wollen, dass er dem damit zusammenhängenden "Publikumsverkehr" nicht gewachsen sei. Aber auch das vermag die Verweisbarkeit nicht einzuschränken. Soweit L Tätigkeiten mit "häufigem Publikumsverkehr" ausgeschlossen hat, bedarf es wohl keiner weiteren Erörterung, dass die gelegentliche Entgegennahme von Kundenwünschen oder das Erfassen neuer Kunden nicht gleichgesetzt werden kann mit dem bei den üblicherweise im Zusammenhang mit Verkäufertätigkeiten oder pflegerischen Tätigkeiten vorkommenden Publikumsverkehr. Die Tätigkeit des Fahrverkäufers/Zigarettenautomatenauffüllers ist im Kern nicht bestimmt durch den Umgang mit Menschen bzw. Publikum, sondern durch das Bestücken der Automaten. Weshalb dem Kläger die "Mitwirkung bei Werbemaßnahmen" nicht möglich sein soll, erschließt sich dem Senat nicht, vor allem weil hierzu jegliche Begründung fehlt. Nicht zuletzt verbietet es sich, dem Kläger die Befähigung abzusprechen, das Auslieferungsfahrzeug verantwortlich zu führen. Es dürfte keinerlei Qualitäten erfordern, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug fahrtüchtig bleibt und auch nicht überdurchschnittlich verschmutzt benutzt wird. Der Senat vermag dem Aufgabenbereich "Verantwortlichkeit für das Auslieferungsfahrzeug" keine anderweitige Bedeutung zuzumessen.

Die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers ist dem Kläger auch mit Rücksicht auf den hier anzunehmenden Facharbeiterschutz sozial zumutbar, da er nach der Lohngruppe VI des Lohnrahmenabkommens des Groß- und Außenhandels in Nordrhein-Westfalen (Verkaufsfahrer) eingestuft ist, einer Lohngruppe somit, nach der auch Tätigkeiten entlohnt werden, die eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung voraussetzen. Die hohe tarifliche Einstufung ist gerechtfertigt dadurch, dass der Zigarettenautomatenauffüller mit hohen Waren- und Geldwerten umgeht und er deswegen eine für den Betrieb hochwertige Arbeit ausführt.

Nach dem so beschriebenen Leistungsvermögen ist der Kläger - auch mit Rücksicht auf das Leistungsprofil des Fahrverkäufers - insgesamt in der Lage, die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers auszuüben. Er wird dadurch weder körperlich noch seelischgeistig überfordert. Die von ihm erhobenen Einwendungen sind samt und sonders nicht geeignet, dies zu entkräften.

Der Senat hat keine Bedenken die Feststellungen des beruflichen Sachverständigen N2 zu der Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Er ist als Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Großhandel-Außenhandel-Dienstleistungen Ruhrgebiet e.V. hinreichend mit der Materie befasst und hat in dieser Funktion ganz wesentlich mit dem Tabakgroßhandel zu tun. Er hat sich im Einzelfall Kenntnisse durch Gespräche und Rücksprachen mit den Tabakwarengroßhändlern verschafft und mit diesem Kenntnisstand die an ihn gerichteten Fragen beantwortet. In seiner Funktion als Geschäftsführer der genannten Vereinigung ist er bei der Ausarbeitung der oben schon erwähnten Stellenbeschreibung für Fahrverkäufer hinzugezogen worden und hat in Ansehung dieser Stellenbeschreibung seine Auskünfte erteilt, so dass den auf dieser Basis erteilten Auskünften ein hoher Stellenwert beizumessen ist. Die Neutralität des Sachverständigen N2 anzuzweifeln, besteht für den Senat kein Anlass. Seine Ausführungen sind - entgegen der Auffassung des Klägers, der diese weder belegt, noch auch nur schlüssig darlegt - insbesondere nicht widersprüchlich oder gar unverwertbar.

Soweit der Kläger zunächst geltend gemacht hat, die Rechtsordnung könne von ihm generell nicht verlangen, dass er sich am Handel mit Drogen - nämlich Nikotin - beteiligt, übersieht er, dass er gerade mit dieser Tätigkeit in ganz erheblichem Maße mit jeder von ihm nachgefüllten Zigarettenpackung auf die gesundheitliche Gefährlichkeit des Tabakrauchens und die Risiken schriftlich hinweist. Jede Packung ist mittels eines deutlich sichtbaren Aufdrucks mit einer Warnung über die gesundheitliche Schädlichkeit des Rauchens versehen.

Darüber hinaus scheint sich der Kläger, wie der in dem ähnlich gelagerten Fall L 18 KN 25/02, im Ansatz auf ein Grundrecht aus Artikel 4 des Grundgesetzes (GG) zu berufen. Der Senat hat in jenem Urteil vom 19.07.2005 im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, die zur Frage einer zulässigen Ablehnung einer angebotenen Arbeit im Rahmen der Arbeitslosenversicherung ergangen ist, hervorgehoben, dass eine Beeinträchtigung von Belangen der Versichertengemeinschaft nur dann als gerechtfertigt angesehen werden kann, wenn und soweit der Schutzbereich des Art. 4 GG eröffnet ist und bei der gebotenen Rechtsgüterabwägung der Gewissensposition des einzelnen ein höheres Gewicht zukommt als den verfassungsrechtlich angeordneten Gemeinschaftsaufgaben, hier: Sicherung der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Sozialversicherung, deren Belange ihren verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt im Sozialstaatsprinzip finden (BSG Urteil vom 23.06.1982, SozR 4100 § 119 AFG Nr. 19, vgl. BVerfG in SozR 4100 § 119 Nr. 22). Art. 4 GG soll ein allgemeines Recht auf Verwirklichung von Gewissensentscheidungen gewährleisten (BSG Urteil vom 18.02.1987, SozR 4100 § 119 AFG Nr. 30). Verlangt wird hierbei jedoch, dass der Versicherte eine Gewissensentscheidung getroffen hat, an deren Ernsthaftigkeit kein Zweifel besteht. Es muss durch die Ausübung der "angebotenen" Arbeit zu einem aufgezwungenen Gewissenskonflikt kommen. Dazu hat der Kläger die Voraussetzungen für eine Gewissensnot substantiiert vorzutragen. Das Gericht hat zu überprüfen, ob diese Darlegungen glaubhaft sind.

Die für den Bereich der Arbeitslosenversicherung an Art. 4 GG orientierten und entwickelten Grundsätze des BSG sind gleichermaßen tragend für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Es geht ausschließlich um die Zumutbarkeit einer Tätigkeit/eines Berufs. An den aufgeführten Voraussetzungen fehlt es hier gänzlich. Allein der Umstand, dass die vom Kläger dargelegten grundsätzlichen Bedenken gegen eine Verweisbarkeit auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers gleichlautend schriftsätzlich in zahlreichen anderen Verfahren "ohne wenn und aber" in die jeweiligen Verfahren eingeführt wurden, lässt eine konkrete Einzelfallbezogenheit vermissen. Die allgemein gehaltenen Ausführungen gegen das Rauchen und die Unzumutbarkeit, den Kläger und "sämtliche anderen Versicherten" rentenrechtlich auf eine Tätigkeit zu verweisen, die "Mitwirkung am Handel mit der Droge Nikotin abverlangt", lassen noch keine vom Kläger individuell und ernsthaft getroffene und detailliert vorgetragene Gewissensentscheidung dagegen erkennen. Ganz im Gegenteil: die Äußerung seines Bevollmächtigten, die Mitwirkung am Handel mit der Droge Nikotin sei "unabhängig von der Gestaltung des Einzelfalles immer und in jedem einzelnen Fall strikt abzulehnen", macht deutlich, dass es ihm nicht um eine - nämlich seine - individuelle Gewissensposition der und des Versicherten - wie vorliegend - geht. In einem solchen pauschalen Vortrag, kann der Senat weder eine substantiierte Darlegung der Einzelgründe für eine Gewissensentscheidung überhaupt geschweige denn für deren Ernsthaftigkeit entnehmen. In einem solchen, ganz allgemein gehaltenen Vortrag, sieht der Senat keinen Grund, die Versichertengemeinschaft mit einer Rentenleistung zu belasten.

Da bislang Produktion und Vertrieb von Zigaretten gesetzlich nicht verboten sind, sieht der Senat durch die Verweisung auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers keine Rechtsverletzung und deshalb auch - entgegen der Auffassung des Klägers - keine Verletzung der Würde des Menschen und mithin des Art. 1 GG. Art.1 GG schützt den Einzelnen vor einer staatlichen Behandlung, die ihn zum bloßen Objekt degradiert und seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (BVerfGE 30, 1, 25 f., 87, 209, 228; 96, 375, 399; 109, 279, 312; Schmidt-Bleibtreu/Klein GG-Kommentar zu Art.1 Rdnr.1; ähnlich auch Maunz/Dürig/Herzog zu Art.1 Rdnr.28 m.w.N.). Dabei gehört zum Schutz der Menschenwürde nicht nur Schutz vor materieller Not, sondern auch vor Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung usw. (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein a.a.O.). Die durch Art.1 GG geschützte Würde des Klägers ist durch die Verweisung auf die Tätigkeit des Zigarrettenautomatenauffüllers nicht verletzt. Es ist mit Art.1 GG vereinbar, auf eine nicht sittenwidrige und von der Rechtsordnung nicht sanktionierte, sondern in jeder Hinsicht im öffentlichen Leben anerkannte Tätigkeit zu verweisen. Das will der Kläger zwar in nicht zu rechtfertigender Weise in Abrede stellen, indem er den Zigarrettenautomatenauffüller einem "Drogendealer" gleichsetzt, was der Senat ausdrücklich missbilligt. Ein Vergleich mit dem Handel von illegalen Drogen verbietet sich. Insbesondere mit Rücksicht auf die im Arbeitsverhältnis stehenden Zigarrettenautomatenauffüller hieße das, ihnen verbotene, sittenwidrige Geschäfte und den unerlaubten Handel mit Drogen zu unterstellen.

Der Senat verkennt bei alledem nicht, dass eine Würdeverletzung dann gegeben sein könnte, wenn der Betreffende, wie der Kläger, allein durch "das Ansinnen, ihm eine solche Tätigkeit zuzumuten" verunglimpft, erniedrigt oder gebrandmarkt würde. Einen Angriff auf die Menschenwürde scheint der Kläger einmal darin zu sehen, dass das Rauchen gesellschaftlich "geächtet" sei, zum anderen darin, dass er unzumutbar dazu gezwungen wäre, den Schutz der Jugendlichen und Kinder vor der "Droge" Zigarette zu unterlaufen bzw. den Konsum durch diesen Personenkreis zu begünstigen. Schon Ersteres vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Die Annahme einer gesellschaftlichen Ächtung findet im tatsächlichen täglichen Leben keine Rechtfertigung und eignet sich schon von daher nicht als Ausgangspunkt. Es ist bisher im öffentlichen Leben keineswegs verpönt, zu rauchen. Trotz umfangreicher Kampagnen gegen das Rauchen ist es immer noch nicht gelungen, Millionen von Menschen vom Rauchen abzuhalten, gar das Rauchen in der Öffentlichkeit gänzlich zu verbieten oder im öffentlichen Ansehen zu diskreditieren. Von daher von einer gesellschaftlichen Ächtung zu sprechen, ist abwegig. Darum kann es auch von niemandem objektiv als Diskriminierung oder Abwertung oder unwürdige Unterordnung empfunden werden, wenn er auf eine Tätigkeit als Zigarettenautomatenauffüller verwiesen wird. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 09.03.1994 (Az. 2 BvL 43/92; 51/92; 63/92 u.a., BverfGE 90,145-226) schon entschieden, dass es der Gleichheitssatz nicht gebietet, alle potentiell gleich schädlichen Drogen gleichermaßen zu verbieten oder zuzulassen. Der Gesetzgeber habe ohne Verfassungsverstoß den Umgang mit Cannabisprodukten einerseits, mit Alkohol oder Nikotin andererseits unterschiedlich regeln können.

Was den Schutz der Kinder und Jugendlichen anbelangt, ist dem Senat nicht nachvollziehbar, inwieweit sich der Kläger in seiner Menschenwürde verletzt fühlen könnte. Es gehört zuförderst zu dem von Art.6 Abs.2 Satz 1 GG geschützten Verantwortungsbereich der Eltern, die Rechte ihrer Kinder dem Staat oder Dritten gegenüber zu schützen. Werden Eltern dieser Verantwortung nicht gerecht, kommt das "Wächteramt des Staates" nach Art. 6 Abs.2 Satz 2 GG zum Tragen. Dem Kläger insoweit erweiterte Verantwortung im Sinne eines "verlängerten Arms" des Staates zuzubilligen und deshalb von einer Verweisung auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers abzusehen, überspannt die Schutzfunktion des Art. 1 GG bei Weitem. Das Grundrecht der Menschenwürde ist zwar unmittelbar geltendes Recht, aber dennoch in seinem Kern so wenig konkret, dass es einer näheren Begründung bedurft hätte, inwieweit es im Hinblick auf die Menschenwürde untersagt sein soll, den Kläger auf diese Tätigkeit zu verweisen.

Nach alledem besteht für den Kläger eine medizinisch und sozial zumutbare Verweisungsmöglichkeit, die die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente ausschließt. Unabhängig davon, dass der Kläger auch über den 31.12.2000 auf diese Tätigkeit verweisbar wäre, findet die Übergangsvorschrift des § 240 Abs. 1 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung keine Anwendung, da der Kläger aufgrund seines Geburtsjahrganges 1971 nicht unter diese Regelung fällt.

Aufgrund seines vollschichtigen Leistungsvermögens kommt - dahin gestellt lassend, ob der Klageantrag des Klägers insoweit ergänzend auszulegen ist - ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. erst recht wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe des § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung ebenfalls nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 und 2 SGG besteht nicht, die Voraussetzungen sind nicht erfüllt.