ArbG Wuppertal, Urteil vom 22.11.2005 - 7 Ca 2758/05
Fundstelle
openJur 2011, 40552
  • Rkr:

Wegen der Leitsätze wird auf die Leitsätze des Urteils des BAG vom 29.08.2007 (4 AZR 767/06) - Revisionsinstanz in dieser Sache - Bezug genommen

Tenor

1. Die Beklagte wird kostenpflichtig verurteilt, an die Klägerin € 5.662,72 brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von € 911,97 ab 10.10.2004, von € 3.521,35 ab 15.03.2005 und von € 1.229,40 ab 22.06.2005 zu zahlen.

2. Streitwert: € 5.662,72.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 1972 als Putzfrau im L. beschäftigt und war damals nicht Mitglied einer Gewerkschaft. In dem mit der T. abgeschlossenen Arbeitsvertrag wurde die Geltung des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeiter der Gemeinden vereinbart.

Das Arbeitsverhältnis ging zunächst auf die T. über, die mit Wirkung zum 1.7.2004 die Reinigung auf die Beklagte übertrug.

Die Beklagte nahm die Lohnabrechnungen nach den Gebäudereinigertarifverträgen vor. Die Klägerin vertritt unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf gegen das Unternehmen, das von der T. die Speisenversorgung übernommen hat, die Auffassung, der BMT-G sei weiter anzuwenden und machte am 1.10.2004 über die Gewerkschaft ver.di Lohndifferenzen für die Monate Juli und August 2004 und beim Urlaubsgeld geltend und mit Schreiben vom 11.3.2005 Ansprüche ab September 2004. Die Beklagte hat Zahlungen mit Schreiben vom 29.3.2005 abgelehnt.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten für die Monate Juli, August, September und November 2004 jeweils € 393,41, für Oktober 2004 € 438,00, für Dezember 2004 € 248,83, als Urlaubsgeld € 135,16, als Zuwendung € 1.128,09 und für die Monate Januar bis Mai 2005 jeweils € 409,80. und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 5.662,72 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz von € 911,97 brutto ab dem 10.10.2004, von weiteren € 3.521,35 brutto ab dem 15.03.2005 und von weiteren € 1.229,40 brutto ab Zustellung der Klage am 22.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB sei der BMT-G durch den für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrag und den ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Lohntarifvertrag für die gewerblich beschäftigten in der Gebäudereinigung abgelöst worden. Die Klägerin sei von der T. darauf hingewiesen worden, dass bei der Beklagten die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk gelten und habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen. Diese Tarifverträge enthielten eine umfassende und abschließende Vergütungsregelung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt verweisen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der der Höhe nach unstreitigen Lohn- und Zuwendungsdifferenzen für die Zeit von Juli,2004 bis Mai 2005 von € 5..662,72 brutto nach § 611 BGB in Verbindung mit den im Arbeitsvertrag vom18.8.1972 vereinbarten Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.1.1962 und den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen und der Anlage 5 zum BMT-G II in der jeweils gültigen Fassung zu. Die Parteien des 1972 geschlossenen Arbeitsvertrages haben die Tarifgeltung in § 2 dieses Vertrages ausdrücklich vereinbart. Diese Vereinbarung stellt eine Gleichstellungsabrede dar. Mit ihr wird arbeitsvertraglich vereinbart, dass die Normen der in Bezug genommenen Tarifverträge, die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen regeln, in gleicher Weise anzuwenden sind, wie wenn sie aufgrund § 4 TVG aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit gelten würden.

Die T. war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages als kommunale Gebietskörperschaft tarifgebunden. Die Klägerin war damals nicht Mitglied der Gewerkschaft ÖTV. Die Gleichstellungsabrede ersetzte ihre fehlende Tarifgebundenheit an die Tarifverträge für gemeindliche Arbeiter.

Mit dem Betriebsübergang auf die T. wurden die aufgrund der Gleichstellungsabrede für die Klägerin verbindlichen Tarifverträge nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB einzelvertraglich Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der T.. Ein anderer Tarifvertrag konnte diese Tarifnormen nicht nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB verdrängen, da die T. nicht tarifgebunden ist. Selbst wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt tarifgebunden gewesen wäre, hätte sich nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nichts anderes ergeben.

Auf die Beklagte ging gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 1.7.2004 das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem einzelvertraglichen Inhalt über, dass die in § 2 des Arbeitsvertrages vom 18.3.1972 genannten Tarifverträge Anwendung finden.

Eine einzelvertragliche Vereinbarung über die Anwendung der Tarifverträge aus dem Bereich der Beklagten haben die Parteien nicht geschlossen. Dass die T. die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass bei der Beklagten die Tarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks Anwendung finden und die Klägerin in Kenntnis dieser Tatsache dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen hat, ersetzt die Vereinbarung der Parteien nicht.

Die Tatsache, dass die einschlägigen Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk für allgemeinverbindlich erklärt worden sind, hilft der Beklagten im Fall der einzelvertraglich vereinbarten Geltung anderer Tarifverträge nicht weiter, sofern diese Tarifverträge nicht für die Klägerin günstiger sind. Angesichts der erheblichen monatlichen Vergütungsdifferenzen von knapp 30% kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk die Klägerin besser stellen, als die Tarifverträge, die einzelvertraglich beim ersten Betriebsübergang Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden sind.

Somit stehen der Klägerin Urlaubsgeld von € 125,16, Weihnachtszuwendung von € 1.128,09, Entgeltdifferenzen von € 438,00 für Oktober 2004, € 348,43 für Dezember 2004, je € 393,41 für Juli, August, September und November 2004 und je € 409,80 für Januar bis Mai 2005 zu. Der Anspruch für September 2004 ist nicht verfallen, da er zum 15.9.2004 fällig war und die Beklagte nicht dargelegt hat, dass die Geltendmachung vom 11.3.2005 erst nach dem 15.3.2005 bei ihr eingegangen ist.

Die Zinsforderungen der Klägerin ergeben sich aus §§ 247, 286, 291 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 61 ArbGG, 3 ff ZPO, 63 GKG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei

B e r u f u n g

eingelegt werden.

Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss

innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat

beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. § 9 Abs. 5 ArbGG bleibt unberührt.

Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Schuster