VG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2015 - 4 K 4602/14.F
Fundstelle
openJur 2015, 14224
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht die Beklagte Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist als freischaffender Architekt in das Berufsverzeichnis der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen eingetragen.

Mit Bescheid vom 29.10.2014 ordnete die beklagte Kammer die Löschung an und führte zur Begründung im Einzelnen aus, dass der Kläger unzuverlässig sei, so dass die Eintragung nach pflichtgemäßem Ermessen zu löschen sei. Die Unzuverlässigkeit ergebe sich daraus, dass der Kläger sich als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bauschäden bezeichnet habe, obwohl die öffentliche Bestellung mit dem 68. Lebensjahr abgelaufen und nicht verlängert worden sei. Der Kläger habe das IHK-Siegel in eingescannter Form bis zum Ende November 2012 für Gutachten verwandt. Damit habe er eine öffentliche Bestellung vorgetäuscht, was auch strafbar sei (§ 132a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 StGB - Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen). Um keinen Verdacht zu erwecken, habe der Kläger das Siegel selbst zurückgegeben, es jedoch in eingescannter Form in Kenntnis der Unzulässigkeit weiter verwendet. Ebenfalls eine Täuschung stelle dar, dass der Kläger den Zusatz „Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken“ im Briefkopf seiner Gutachten so platziert habe, dass der Anschein des Zusammenhangs mit der Sachverständigeneigenschaft erweckt worden sei. Darüber hinaus habe der Kläger in einem gegen ihn und weitere Mitbeschuldigte geführte Strafverfahren eingeräumt, seinen Ermessensspielraum bei der Erstellung von Gutachten überschritten und Gefälligkeitsgutachten erstellt zu haben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid selbst verwiesen.

Am 08.12.2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er davon ausgegangen sei, dass die Altersgrenze von 68 Jahren bei seiner Bestellung zum IHK-Sachverständigen für „Schäden an Gebäuden“ unwirksam sei, so dass er diese Bezeichnung habe weiter verwenden dürfen. Der Zusatz „Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken“ auf dem Briefkopf sei in dieser Form üblich, nicht irreführend und nicht zu beanstanden. Schließlich seien die von ihm erstellen Gutachten zutreffend und hielten sich innerhalb des Ermessensspielraumes bei der Begutachtung. Soweit er im Strafverfahren anderes gesagt haben sollte, sei dies nur unter dem Druck der Inhaftierung erfolgt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 08.12.2014 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Entscheidung des Eintragungsausschusses der Architekten- und Stadtplanerkammer vom 29.10.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung vertieft sie mit Schriftsatz vom 11.02.2015 die Erwägung des Widerspruchsbescheides. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Schriftsatz Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Verwaltungsvorgänge (1 Hefter Behördenakten) sowie ein Ordner mit Anlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet, weil der angegriffene Bescheid der Architekten- und Stadtplanerkammer vom 29.10.2014 rechtmäßig ist und den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Zur Begründung wird zunächst auf den sehr ausführlich und in jeder Hinsicht zutreffend begründeten Bescheid selbst verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Das Gericht teilt die dort wiedergegebene Einschätzung zur Sach- und Rechtslage vollständig.

Ebenso wird verwiesen auf die Klageerwiderung, die die Erwägungen des Widerspruch-bescheides ebenso zutreffend und überzeugend vertieft.

14Der Kläger ist hiernach zunächst deshalb unzuverlässig, weil er das Siegel der IHK für seine Bestellung als Sachverständiger für „Schäden an Gebäuden“ trotz Ablauf der Bestellung weiter verwandt hat. Ausweislich der bei der Behördenakte befindlichen Bestellungsurkunde lief die Bestellung mit Erreichen des 68. Lebensjahres am 06. November 2010 ab, gleichwohl hat der Kläger das eingescannte IHK-Siegel weiter verwandt. Dem Kläger war der Ablauf der Bestellung auch bekannt, weshalb er das Siegel zurückgegeben und – was sich in der mündlichen Verhandlung herausstellte - bei der IHK nachgefragt hat, ob seine Bestellung verlängert werde. Allein diesen Umstand hält das Gericht für ausreichend, um den Kläger als unzuverlässig einzustufen. Bei der Frage der Zuverlässigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der voll gerichtlich überprüfbar ist. Der Kläger ist allein wegen der Weiterverwendung des Siegels unzuverlässig. Zum anwaltlich konstruierten Vortrag, die Altersgrenzen seien umstritten gewesen, hat die Behörde sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in diesem Gerichtsverfahren bereits das Zutreffende gesagt. Hierauf wird verwiesen. Der Kläger selbst kannte aufgrund seiner Bestellungsurkunde das Ende seiner Bestellung und hat deshalb auch bei der IHK angefragt, ob sie verlängert werde.

Deshalb hat er das Siegel zurückgegeben. Er hat damit durch Weiterverwendung des eingescannten Siegels bewusst über seine abgelaufene Sachverständigenbestellung getäuscht.

Unabhängig hiervon ist der Kläger unzuverlässig, weil er – unter Verwendung der Berufsbezeichnung Architekt – Gefälligkeitsgutachten erstellt hat. Dieser Vorwurf stützt sich allein auf die Einlassung des Klägers im Strafverfahren selbst, wie sie im Widerspruchsbescheid (Blatt 43, 44 Gerichtsakte) und in der Klageerwiderung wörtlich wiedergegeben werden. Danach hat der Kläger ohne die erforderliche Unparteilichkeit eines Gutachters für seinen Auftraggeber Gutachten nach Ansage erstellt, woraus die Beklagte zu Recht den Vorwurf der Unzuverlässigkeit herleitet. Liest man die im Widerspruchsbescheid in Bezug genommene Einlassung des Klägers, ist es schwer erträglich, dass er als Gutachter tätig war und ist. Der Kläger selbst hat angegeben, dass er ein Gutachten nach Vorstellung seines Auftraggebers abgeändert und nach oben korrigiert habe. Den Einlassungen ist auch zu entnehmen, dass es sich um mehrere Fälle gehandelt hat, wobei aber bereits ein Fall eines derartigen Gefälligkeits-gutachtens ausreichend ist, um den Kläger als unzuverlässig einzustufen.

Soweit der Kläger vorträgt, diese Einlassungen seien unter dem Druck der Inhaftierung erfolgt, rechtfertigt dies - worauf die Beklagte mit zutreffenden Argumenten hingewiesen hat - keine andere Betrachtung. Die in Bezug genommenen Einlassungen sind sehr detailreich und konkret, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger habe sie frei erfunden, um eine Haftverschonung zu erreichen. Schließlich ist auch nicht erheblich, ob die Gutachten sich bei objektiver Betrachtung noch im Rahmen des Vertretbaren halten. Der Kläger selbst hat durch seine Einlassung bestätigt, dass er bereit war, Gefälligkeitsgutachten nach Ansage zu fertigen, worauf die Beklagte zu Recht den Vorwurf der Unzuverlässigkeit stützt.

18Anhaltspunkte für Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Vielmehr war die Löschung bei dem vorliegenden Sachverhalt intendiert.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterliegt (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

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