LG Stuttgart, Urteil vom 12.06.1996 - 21 O 519/95
Fundstelle
openJur 2015, 1222
  • Rkr:
Tenor

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 24.10.1994 - Az.: 04 B 216996/94 - wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Beklagte aus Ziff. 3 jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.750,00 DM.

Tatbestand

Die Klägerin macht Darlehensrückgewähransprüche geltend.

Am 02.03.1989 schloß der frühere Ehemann der Beklagten, der Zeuge E... C... mit der Klägerin den aus Bl. 93/94 d.A. ersichtlichen Kreditvertrag, in dem die Beklagte als "Mitunterzeichner" aufgeführt war, und den sie Unterzeichnete.

Am 28.06.1991 wurde der aus Bl. 13 d.A. ersichtliche Kreditvertrag geschlossen, der Grundlage der Klagansprüche ist und bezüglich dessen Inhalt auf den Text der Vertragsurkunde verwiesen wird.

Kurz vor Abschluß des Kreditvertrages vom 28.06.1991 hatte die Beklagte ihr drittes Kind geboren; diese war zuvor Teilzeitkraft bei einem Zahnarzt mit einem Arbeitsentgelt von 370,00 DM beschäftigt.

Nachdem es bezüglich des Kreditvertrages vom 28.06.1991 zu Rückständen bei der ratenweisen Rückführung gekommen war, kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 29.07.1994. Die Beklagte bestreitet den Zugang des Kündigungsschreibens an sie.

Am 29.09.1994 erwirkte die Klägerin gegen die Beklagte beim Amtsgericht Hünfeld einen Mahnbescheid, wie aus Bl. 1 d.A. ersichtlich. Die Zustellung soll gemäß Bl. 3 d.A. erfolgt sein.

Am 24.10.1994 erließ das Amtsgericht Hünfeld gegen die Beklagte antragsgemäß einen Vollstreckungsbescheid, der am 31.08.1995 zugestellt wurde und gegen den die Beklagte am 11.09.1995 Einspruch eingelegt hat.

Danach schloß die Klägerin mit dem inzwischen geschiedenen Ehemann E... C... einen Vertrag über die ratenweise Rückführung des Kreditbetrages aus dem Vertrag vom 28.06.1991 über monatlich 400,00 DM.

Die Klägerin trägt vor:

Mit dem Kreditvertrag vom 28.06.1991 sei überwiegend eine bestehende Restschuld aus dem Vertrag vom 02.03.1989 umgeschuldet worden. Die Beklagte sei bezüglich beider Kreditverträge Kreditnehmerin gewesen. Sowohl die Kündigung vom 29.07.1994 wie auch der Mahnbescheid vom 29.09.1994 seien der Beklagten zugegangen; der Mahnbescheid sei ihr ausweislich der Postzustellungsurkunde durch Niederlegung ordnungsgemäß zugestellt worden. Deshalb sei auch der Vollstreckungsbescheid vom 24.10.1994 ordnungsgemäß ergangen. Der Vortrag der Beklagten, weder die Kündigung sei zugegangen noch der Mahnbescheid ordnungsgemäß zugestellt worden, müsse bestritten werden.

Der Kreditvertrag vom 28.06.1991 sei auch wirksam. Die Einwendung der Beklagten, der Kreditvertrag verstoße gegen § 138 BGB, greife nicht durch. Die von der Beklagten behaupteten insoweitigen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Es müsse auch bestritten werden, daß der Kreditvertrag vom 28.06.1991 von der Beklagten nur deshalb unterzeichnet worden sei, weil ihr Ehemann auf sie einen entsprechenden rechtswidrigen Druck ausgeübt habe. Das Verhalten des früheren Ehemannes der Beklagten müsse sie sich nicht zurechnen lassen. Es habe für sie kein Anlaß bestanden, Bedenken zu haben, zumal die Beklagte aufgrund eines früheren Kreditvertrages geschäftserfahren gewesen sei und der streitgegenständliche Kreditvertrag im wesentlichen lediglich der Ablösung eines bereits laufenden gegolten habe. Die Beklagte sei daher zur Rückzahlung der offenen Restforderung aus dem Kreditvertrag vom 28.06.1991 verpflichtet.

Die Beklagte sei zum 29.07.1994 in Höhe von 13.032,79 DM in Verzug gewesen; in der Folgezeit habe sich aufgrund von Zahlungen des Ehemannes der Verzugsbetrag kontinuierlich erniedrigt. Zum 02.11.1995 sei die offene Hauptforderung mit 9.330,91 DM zu beziffern.

Die Klägerin beantragt daher:

Der Vollstreckungsbescheid vom 24.10.1995 - Az.: 64 B 216996/94 - wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 9.330,91 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank:
aus 13.032,79 DM seit dem 29.07.1994,
aus 12.930,91 DM seit dem 14.09.1994,
aus 12.530,91 DM seit dem 05.01.1995,
aus 12.130,91 DM seit dem 31.01.1995,
aus 11.730,91 DM seit dem 07.03.1995,
aus 11.330,91 DM seit dem 02.05.1995,
aus 10.930,91 DM seit dem 14.07.1995,
aus 10.530,91 DM seit dem 01.08.1995,
aus 10.130,91 DM seit dem 04.09.1995,
aus 9.730,91 DM seit dem 04.10.1995 sowie
aus 9.330,91 DM seit dem 02.11.1995
zu zahlen.

Ferner beantragt die Klägerin für den Fall, daß das Gericht aufgrund nicht ordnungsgemäßer Zustellung des Mahnbescheides den Vollstreckungsbescheid für unwirksam erachtet, hilfsweise :

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.330,91 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank aus:
13.032,79 DM seit dem 29.07.1994,
12.930,91 DM seit dem 14.09.1994,
12.530,91 DM seit dem 05.01.1995,
12.130,91 DM seit dem 31.01.1995,
11.730,91 DM seit dem 07.03.1995,
11.330,91 DM seit dem 02.05.1995,
10.930,91 DM seit dem 14.07.1995,
10.530,91 DM seit dem 01.08.1995,
10.130,91 DM seit dem 04.09.1995,
9.730,91 DM seit dem 04.10.1995 sowie aus
9.330,91 DM seit dem 02.11.1995
zu zahlen.

Zu den seit dem 29.07.1994 bis zum 31.08.1995 erfolgten Gutschriften beantragt die Klägerin ferner hilfsweise im Wege der Klagerweiterung für den Fall, daß das Landgericht der Rechtsauffassung der Beklagten folgt, festzustellen:

1. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin den durch die Teilklageabweisung im Verfahren 21 O 519/95 entstandenen Schaden zu ersetzen.
2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Im übrigen beantragt die Klägerin, die Hauptsache für erledigt zu erklären, insbesondere auch bezüglich jeweiliger Zahlung in Höhe von 400,00 DM zum 04.12.1995, 03.01.1996, 01.02.1996, 01.03.1996 und 02.04.1996.

Die Beklagte beantragt,

den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Der ursprüngliche Kreditvertrag vom 02.03.1989 könne ihr nicht zugerechnet werden; schon ausweislich der Verlautbarung des schriftlichen Kreditvertrages sei sie nicht Kreditnehmerin gewesen. Sie habe diesen Vertrag lediglich mit unterzeichnet. "Kunde" des Vertrages, also Kreditnehmer sei nur ihr damaliger Ehemann gewesen. Sie selbst habe sich nicht verpflichten wollen. Als "Mitunterzeichnerin" sei sie nicht Kreditnehmerin geworden.

Auch hinsichtlich des Kreditvertrages, der Gegenstand der Klage sei, sei sie nicht Kreditnehmerin gewesen. Sie habe als sog. "Mitunterzeichnerin" ihre Unterschrift geleistet, da sie ihre Unterschrift über der Zeile "Unterschrift des Mitunterzeichners (Mitverpflichteten)" erfolgt sei, besage nichts. Die Klägerin könne aus solchen sprachlichen Verwirrspielen nicht ihre Schuldnerstellung herbeiführen. Der Kredit vom 28.06.1991 sei allein dem Konto ihres früheren Ehemannes zugute gekommen, durch die Umschuldung habe die Klägerin zudem bezüglich des ursprünglichen Kreditvertrages vom 02.03.1989 mit dem neuen Kreditvertrag vom 28.06.1991 in rechtlich zu beanstandender Weise einen höheren Zinssatz vereinbaren können. Selbst wenn sie Kreditnehmerin des Vertrages vom 28.06.1991 geworden sei, stehe der Wirksamkeit des Vertrages doch § 138 BGB entgegen. Die Höhe der Gesamtkreditsumme von 35.905,14 DM sei sittenwidrig im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände; im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages habe sie drei minderjährige Kinder zu versorgen gehabt, bei einem monatlichen Einkommen von 370,00 DM. Es hätte der Klägerin klar sein müssen, daß sie bei einer solchen sozialen und wirtschaftlichen Lebensposition nie in der Lage sein konnte, den Bruttokreditbetrag zurückzuführen. Der Kreditvertrag sei jedenfalls auch deshalb rechtswidrig zustande gekommen, weil ihr früherer Ehemann ihre Unterschrift im häuslichen Rahmen durch Drohungen erzwungen habe. Die in den Kreditverträgen erworbenen Geldmittel seien zudem nicht ihr oder dem eigentlichen häuslichen Kreis zugeflossen, sondern allein ihrem früheren Ehemann.

Bezüglich der Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und vorgelegten Schriftstücke verwiesen. Als Zeuge wurde der frühere Ehemann der Beklagten vernommen, wie aus der Vernehmungsniederschrift vom 17.04.1996 ersichtlich. Auf den sonstigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet, der zugrunde liegende Vertrag gemäß § 138 I BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG nichtig.

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 24.10.194 war schon deshalb aufzuheben, weil entgegen der Aktenlage der Mahnbescheid vom 29.09.1994 nicht prozeßordnungsgemäß zugestellt worden ist. Wie die Anmeldebestätigung der Gemeinde Spiegelberg vom 28.07.1993 (Bl. 75 d.A.) ergibt, ist die Beklagte dort seit 24.07.1993 wohnhaft gemeldet gewesen, im Ortsteil Jux. Auch zuvor hat die Beklagte nicht etwa in der Zustellungsadresse für den Mahnbescheid in Steinheim gewohnt, sondern in der Gemeinde Beilstein. Die Klägerin konnte keinen Nachweis erbringen, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Niederlegung des Mahnbescheides am 05.10.1994 noch in Steinheim gemeldet war. Es geht zu Lasten der Klägerin, daß sie die Zustellung des Mahnbescheides vom 29.09.1994 nicht an der Wohnsitzadresse der Beklagten bewirkt hat. Die Postzustellungsurkunde über die Niederlegung vom 05.10.1994 ist obsolet; der Postbote hat sich offensichtlich durch den Umstand irritieren lassen, daß unter dieser Zustellungsadresse noch der frühere Ehemann der Beklagten wohnte.

Eine wirksame Zustellung i.S.d. Prozeßordnung konnte jedoch am 05.10.1994 im Steinheim nicht bewirkt werden, weil die Beklagte dort nicht mehr ihren Wohnsitz hatte. Wegen der nicht ordnungsgemäßen Zustellung des Mahnbescheides war daher auch der Erlaß des Vollstreckungsbescheides vom 24.10.1994 unzulässig, so daß dieser vorab aufzuheben war.

2. a) § 138 BGB:

Das erkennende Gericht erachtet den Kreditvertrag vom 28.06.1991 im Hinblick auf die Beklagte für sittenwidrig (§ 138 BGB).

Nicht erheblich ist der Vortrag der Beklagten, gemäß den Regelungen des Kreditvertrages vom 28.06.1991 sei sie nicht Kreditnehmerin geworden, sie habe diesen Vertrag nur als "Mitunterzeichner" unterschrieben, die in Klammer gesetzte Verdeutlichung "Mitverpflichteten" im Bereich der Unterschriftenleiste sei überraschend und irreführend, so daß aus diesem Umstand gegen sie keine Mitverpflichtung begründet werden könne.

Zwar hat die Klägerin das Vertragsformular in die Bereiche "Kunde" und "Mitunterzeichner" eingeteilt, was aber nicht zu einem Irrtum der Beklagten führen konnte, weil dieser Bereich des Formulars drucktechnisch deutlich hervorgehoben mit der Überschrift "Kreditnehmer" versehen war, so daß die Beklagte bei der Unterzeichnung in einen Kreditvertrag eintrat.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatte die Beklagte drei Kinder, geb. am 25.06.1984, 17.07.1987 und 18.06.1991. Auch für die Klägerin war damit absehbar, daß die Beklagte in Erfüllung ihrer mütterlichen Erziehungspflichten mindestens für die folgenden zehn bis 15 Jahre nicht in der Lage sein konnte, aus eigenem wirtschaftlichen Vermögen den Kredit zu bedienen. Die Beklagte war zudem nur teilzeitbeschäftigt für monatlich 370,00 DM. Sie gehörte damit erkennbar zum sozial und wirtschaftlich schwächsten Teil der Bevölkerung, zumal ihr früherer Ehemann "nur" Kfz-Fahrer war.

Der Bruttokreditbetrag belief sich auf 35.905,00 DM, der effektive Jahreszins auf 13,01 %, so daß die Klägerin nicht einmal damit rechnen konnte, daß die Beklagte für 10 bis 15 Jahre in der Lage sein werde, auch nur die auf die Kreditsumme fallenden Vertragszinsen zurückzuzahlen.

Es bestand daher ein grobes Mißverhältnis zwischen dem Verpflichtungsumfang einerseits und der Leistungsfähigkeit der Beklagten andererseits; das Eingehen in eine so hohe Verpflichtung belegt deren Geschäftsunerfahrenheit. Dazuhin muß nach dem nicht widerlegten Vortrag der Beklagten davon ausgegangen werden, daß sie von dem ausgekehrten Kreditbetrag nichts erhalten hat, weil der Übertrag nach Ablösung des Altkredits auf das persönliche Konto ihres früheren Ehemannes ging.

Die Verpflichtung der Beklagten ist aber auch deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil ihr Ehemann in rechtlich zu mißbilligender Weise - unter Verstoß gegen § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB - die Entschließung, sich gegenüber der Klägerin zu verpflichten, beeinflußt hat. Die Bank muß sich diese Umstände zurechnen lassen; denn sie hat die Einwirkung des - wirtschaftlich gesehen - eigentlichen Hauptschuldners auf seine Ehefrau mindestens grob fahrlässig außer acht gelassen. Der Bundesgerichtshof hat in den Entscheidungen (NJW 94, 1278 f.; 1341 f.) dargelegt, unter welchen Voraussetzungen sich ein Darlehensgeber einen Verstoß des Darlehensnehmers gegen § 1618 a BGB zurechnen lassen muß. Gleiches gilt nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB zwischen Ehegatten. So ist anerkannt, daß bezüglich des Vermögens § 1353 BGB Rechte und Fürsorgepflichten erzeugt (vgl. Münchener Kommentar, 3. Aufl., Rdnr. 28 zu § 1353 BGB; Soergel, 12. Aufl., Rdnr. 21 zu § 1353 BGB) und eine gegenseitige Beistandspflicht begründet wird (vgl. Palandt, 53. Aufl., Rdnr. 10 zu § 1353 BGB, m.w.N.).

Das Begehren an einen Ehegatten, im Hinblick auf die bestehende Ehegemeinschaft eine mitverpflichtende Unterschrift für einen Kreditvertrag zu leisten, der weit über dessen finanzielle Leistungsfähigkeit hinausgeht, ist in der Regel sittlich fragwürdig und mit den dem Ehegatten gegenüber bestehenden Pflichten nicht zu vereinbaren. Die Gestaltung des Eherechtes macht deutlich, daß Ehegatten einander lebenslang Beistand und Rücksichtnahme schulden. Diese Norm begründet echte Rechtspflichten. Insbesondere die Verpflichtung zur Rücksichtnahme kann es gebieten, eigene Wünsche zurückzustellen, wenn dies bei vernünftiger Abwägung mit den Interessen des anderen sachlich geboten ist. Veranlaßt ein Ehemann seine Ehefrau, eine Mitschulderklärung zu leisten, die zur Folge hat, daß jene bei Eintritt des Risikos auf absehbare Zeit oder gar lebenslang hohe Zahlungen an den Gläubiger leisten muß, so gefährdet er nachhaltig deren geschützte eigenständige Lebensgestaltung. So wäre ein Wiedereinstieg einer Hausfrau und Mutter nach der Erziehungszeit in das Berufsleben von vornherein mit Pfändungen aus einem Rechtsgeschäft belastet, dessen verantwortliche Durchführung allein dem Ehemann oblegen hat. Eine solche Einwirkung auf eine Ehefrau, die wie vorliegend drei Kinder versorgt und zudem ein-kommens- und vermögenslos ist bzw. ein unbeachtliches Minimaleinkommen hat, ist auch mit den allgemein anerkannten Anschauung zur Verantwortung des einen Ehegatten dem anderen gegenüber grundsätzlich unvereinbar.

Das erkennende Gericht verkennt nicht, daß im Lichte der Rechtsprechung des BGH und des zuständigen Berufungssenats des OLG Stuttgart vorstehende Ausführungen, wie auch die späteren, möglicherweise nicht die Sittenwidrigkeit des streitgegenständlichen Vertrages bedingen würden.

Jedoch:

Die entsprechende Rechtsprechung des BGH ist für das Gericht obsolet. Beim BGH handelt es sich um ein von Parteibuch-Richtern der gegenwärtigen Bonner Koalition dominierten Tendenzbetrieb, der als verlängerter Arm der Reichen und Mächtigen allzu oft deren Interessen zielfördernd in seine Erwägungen einstellt und dabei nicht davor zurückschreckt, Grundrechte zu mißachten, wie kassierende Rechtsprechung des BVerfG belegt.

Die Rechtsprechung des 9. Senats des OLG Stuttgart ist der des BGH konform, ja noch "bankenfreundlicher", sie ist von der (wohl CDU-) Vorsitzenden des Senats bestimmt, die der gesellschaftlichen Schicht der Optimaten angehört (Ehemann Arzt) und deren Rechtsansichten evident dem Muster "das gesellschaftliche Sein bestimmt das Rechtsbewußtsein" folgen. Solche Richterinnen haben für "kleine Leute" und deren, auch psychologische, Lebenswirklichkeiten kein Verständnis, sie sind abgehoben, akademisch sozialblind, in ihrem rechtlichen Denken tendieren sie von vornherein dar-winistisch. "Banken" gehören für sie zur Nomenklatura, ehrenwerte Institutionen, denen man nicht sittenwidriges Handeln zuordnen kann, ohne das bestehende Ordnungsgefüge zu tangieren. Und immer noch spukt in den Köpfen der Oberrichter das ursprüngliche BGH-Schema herum, daß nämlich die sog. Privatautonomie als Rechtsinstitut von Verfassungsrang die Anwendung des § 138 BGB auf Fälle vorliegender Art verbiete, obwohl doch § 138 BGB die Vertragsfreiheit verfassungskonform limitiert.

Die vorgenannten abstrakt dargelegten Umstände und wechselseitigen Verpflichtungen von Eheleuten umzeichnen zwar in erster Linie ein sittenwidriges Handeln im Verhältnis zwischen dem den Kreditvertrag herbeiführenden Hauptschuldner und dem bloß sich mitverpflichtenden Ehegatten. Sie bleiben jedoch nicht ohne Einfluß auf die Rechtsbeziehung des mitverpflichtenden Ehegatten zur Gläubigerbank. Benötigt die Bank nach ihrer Auffassung für ein beantragtes Darlehen eine Sicherheit und macht sie deshalb die Auszahlung davon abhängig, daß der Kunde die Mitverpflichtungserklärung der Ehefrau in einem Umfang beibringt, die deren finanzielle Leistungsfähigkeit voraussichtlich bei weitem übersteigt, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob der Gläubigerin die sittlich und rechtlich zu mißbilligende Einflußnahme des Hauptschuldners auf den Bürgen bekannt war oder sie sich einer solchen Erkenntnis bewußt verschlossen hat. Trifft dies zu, ist dem Kreditinstitut das gegen § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßende Verhalten des Darlehensnehmers zuzurechnen. Dies rechtfertigt es regelmäßig, die Mitverpflichtungserklärung der Ehefrau selbst als sittenwidrig anzusehen.

Hinzu kommt, daß nach den glaubhaften Angaben des Zeugen C... dieser in grob ehewidriger, drohender und nötigender Weise auf seine Ehefrau eingewirkt hat, um diese zur Unterschriftenleistung zu bringen.

Allgemein wird angenommen, daß bei einer solchen Fallkonstellation das Handeln des Ehemannes nicht dem Kreditinstitut gemäß § 123 Abs. 2 BGB zugerechnet werden könne, weil der Ehemann aus eigenem Interesse die Unterschrift seiner Ehefrau veranlasse, weil er anders den begehrten Kredit nicht erhalten könne.

Diese Rechtsansicht verkennt, daß auch das Kreditinstitut, das mit dem Kreditvertrag Gewinne erzielt, ein gesteigertes wirtschaftliches Interesse daran hat, neben dem eigentlichen Hauptschuldner die Ehefrau in die Mitverpflichtung einzubinden, um einen weiteren Schuldner zu haben, auf den gegebenenfalls zurückgegriffen werden kann.

Veranlaßt daher das Kreditinstitut, wie im vorliegenden Fall, den Ehemann, auch die Unterschrift seiner Ehefrau unter dem Kreditvertrag herbeizuführen, autorisiert das Institut den Ehemann zum Empfangs- und Erklärungsboten der Gläubigerin und muß sich deshalb dessen Verhalten zurechnen lassen.

Der Einwand der Klägerin, sie hätte von den Vorgängen während der Unterschriftsleistung der Ehefrau nichts gewußt, ist nicht erheblich, weil die Klägerin sich durch die Art der Veranlassung der Herbeiführung der Unterschrift einer Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Einwirkung auf den Willen der Ehefrau selbst entzogen hat.

In diesem Umständen drückt sich zugleich die weitere Voraussetzung einer Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB aus, nämlich das gegebene strukturelle Ungleichgewicht.

b) Nach häufiger Ansicht soll die wirtschaftliche Überforderung und die Gegebenheit des strukturellen Ungleichgewichtes jedoch noch nicht genügen, ein Kreditvertragsverhältnis gemäß § 138 BGB sittenwidrig zu machen. Vielmehr werden weitere "besondere Umstände" für erforderlich gehalten.

Solche sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn die Herbeiführung der Unterschriftsleistung unter den Kreditvertrag durch die Beklagte ist tatbestandsgemäß i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG, welche Regelung Kraft der Einwirkung der Bankenlobby gemäß § 5 Abs. 2 HausTWG nicht unmittelbar auf vorliegenden Rechtsstreit zur Anwendung kommen kann.

Denn durch geschickte Beeinflussung der Gesetzgebungsmaschinerie ist es der zuständigen Lobby im Laufe der Jahre gelungen, den früheren Schutz von Kreditnehmern, die Kreditverträge im Bereich ihrer privaten Lebenssphäre abgeschlossen haben, zunichte zu machen. Durch die Regelung des § 5 Abs. 2 HausTWG ist der Schutz des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG beseitigt worden, und durch erstgenannte Verweisungsvorschrift und die Regelung des Verbraucherkreditgesetzes ist der frühere Schutz des § 56 Abs. 1 Nr. 6 Gewerbeordnung zum Wegfall gekommen.

Im Raum stehen bleibt aber die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG, die nach ratio legis und Interessenlage zumindest analoge Anwendung auf vorliegenden Fall finden muß, weil mit dieser gesetzlichen Regelung gerade Fälle vorliegender Art erfaßt sein sollen, bei denen ein Vertrag im Bereich einer Privatwohnung abgeschlossen wird.

c) Unerheblich ist der Einwand der Klägerin, der Vertrag vom 28.06.1991 sei weitgehend ein Umschuldungsvertrag des vorangegangenen Kreditvertrages vom 02.03.1989. Das Gericht teilt die Rechtsansicht der Beklagten, daß sie sich mit dem Vertrag vom 02.03.1989 nicht als Kreditnehmerin verpflichtet hat. In der Vertragsurkunde ist als "Kunde" ihr früherer Ehemann genannt. Die Beklagte wird als "Mitunterzeichner" aufgeführt, und erst unter der Unterschriftenleiste "Unterschrift des Mitunterzeichners (Mitverpflichteten)" taucht der Hinweis auf eine Mitverpflichtung auf, und zwar in Klammern, klein und leicht übersehbar geschrieben, ganz und gar überraschend, ersichtlich trickreich formuliert, um den Unterzeichner auf diese Weise "zu fassen".

Kreditnehmer eines so bezeichneten Kreditvertrages ist der Kunde, nicht aber ein Mitunterzeichner. Die Formulierung "Mitunterzeichner" kann nach der Verkehrssitte und abgestellt auf den Empfängerhorizont auch bedeuten, daß die Ehefrau nur veranlaßt werden soll, von der Kreditverpflichtung ihres Ehemannes Kenntnis zu nehmen. Diese Unklarheit der Vertragsurkunde geht zu Lasten der Klägerin. Damit ist die Beklagte nicht Kreditnehmerin des Vertragsverhältnisses vom 02.03.1989 geworden. Die Klägerin kann ihr daher nicht entgegenhalten, daß zu Lasten der Beklagten der Vertrag vom 28.06.1991 weithin nur ein Umschuldungsvertrag gewesen sei.

3. Da ein Darlehensrückgewähranspruch daher zu Lasten der Beklagten nicht im Verhältnis der Parteien zueinander begründet worden ist, war die Klage weder hinsichtlich der Hauptanträge noch der Hilfsanträge als begründet anzusehen. Es war daher wie aus dem erkennenden Teil des Urteils ersichtlich zu entscheiden.

Die Nebenentscheidungen folgen gesetzlicher Regelung.