OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.11.2014 - OVG 10 N 27.12
Fundstelle
openJur 2014, 24843
  • Rkr:

Zur Nichtigkeit des Kostenbescheides eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 26. Januar 2012 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 7.247,10 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin, eine GmbH, die sich in Liquidation befindet und daher gerichtlich durch den Liquidator vertreten wird (vgl. § 70 Satz 1 GmbHG), wendet sich gegen einen Kostenbescheid in Höhe von 7.247,10 EUR des Beklagten, einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, für die Erstellung eines Vorabzuges eines amtlichen Lageplans. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Anfechtungsklage gegen den Kostenbescheid sei unzulässig, weil die Klägerin nicht gemäß § 70 Abs. 1 VwGO rechtzeitig Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt habe, weshalb dieser Bestandskraft erlangt habe (vgl. I.). Auch ihr Hilfsantrag habe keinen Erfolg, weil die Nichtigkeit des Bescheides nach § 44 Abs. 1 VwVfG nicht gegeben sei (vgl. II.).

Der dagegen gerichtete Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

I. 1. Die Klägerin hat hinsichtlich des geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vorliegen, soweit mit diesem die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage mangels rechtzeitiger Einlegung eines Widerspruchs gegen den Kostenbescheid als unzulässig abgewiesen worden ist. Derartige Zweifel sind dann gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und auch die Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses solchen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, NJW 2010, 1062, juris). Maßgebend für die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts sind allein die vorgebrachten Gründe der Klägerin (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung.

Nach diesem Maßstab ist das auf die widerlegliche Zugangsfiktion nach § 41 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwVfG zielende Vorbringen der Klägerin, wonach sie den Zugang des angegriffenen Kostenbescheides hinreichend substantiiert bestritten habe, weshalb Zweifel im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 2 VwVfG (gemeint ist wohl § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) an der ordnungsgemäßen Zustellung genährt worden seien und das Verwaltungsgericht zu Unrecht aufgrund von Indizien von einem Zugang des Bescheides ausgegangen sei, nicht geeignet, die Richtigkeit des angegriffenen Urteils ernstlich in Zweifel zu ziehen.

Nach § 1 VwVfGBbg i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG). Das bedeutet, dass die gesetzliche Zugangsfiktion dann nicht eingreift, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, dass im konkreten Fall die auf der Erfahrung des täglichen Lebens beruhende Vermutung, dass eine gewöhnliche Postsendung den Empfänger binnen drei Tagen erreicht, nicht zutrifft. Das schlichte Bestreiten des Betroffenen, der Verwaltungsakt sei ihm nicht zugegangen, reicht regelmäßig nicht aus, um die Zugangsvermutung des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zu entkräften. Vielmehr muss der Adressat sein Vorbringen nach Lage des Einzelfalls derart substantiieren, dass zumindest ernsthafte Zweifel am Zugang begründet werden. Jedenfalls reicht das einfache Bestreiten dann nicht aus, wenn weitere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Adressat den Bescheid doch erhalten hat (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 27. Januar 2012 - OVG 10 S 13.11 -, BA S. 3, Beschluss vom 26. September 2013 - OVG 10 M 2.12 -, juris Rn. 4; OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. August 2012 - 12 LA 180/11 -, juris 6).

Der Sache nach ausgehend von dem vorgenannten Maßstab ist das Verwaltungsgericht zu der Würdigung gelangt, dass die Fiktion der Bekanntgabe nach § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG hier greift und die Klägerin diese Zugangsfiktion nicht hinreichend erschüttert habe. Mit Blick auf die Gesamtumstände sei nämlich davon auszugehen, dass der Klägerin der Bescheid zugegangen sei. Dies ergebe sich insbesondere aus den dem Bescheid nachfolgenden Schreiben der H... GmbH vom 12. November 2009 und 23. Dezember 2009. In diesen werde nämlich im Betreff auf den Kostenbescheid Bezug genommen und nicht etwa - was naheliegend gewesen wäre - gerügt, dass der Bescheid nicht zugegangen sei. Es werde auf die Mahnung des Beklagten inhaltlich durch die Aussage reagiert, dass der Forderung nicht nachgekommen werden könne. Im Schreiben vom 23. Dezember 2009 heiße es ausdrücklich, dass die Übersendung einer entsprechenden Auftragsbestätigung erbeten werde, damit die Forderung gegebenenfalls anerkannt werden könne. Der nicht erfolgte Zugang des Bescheides werde nicht gerügt. Es entspreche aber einem allgemeinen Erfahrungssatz, dass die Tatsache eines nicht zugegangenen Bescheides zunächst nach Kenntnis davon gerügt werde. Der Umstand, dass die Klägerin erst im Klageverfahren nach rechtskundiger Beratung vorgebracht habe, dass ihr der Bescheid nicht zugegangen sei, sei eine bloße Schutzbehauptung. Diese Würdigung stellt die Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung nicht in substantiierter Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung in Frage. Auch der vorgebrachte Umstand, dass die Klägerin ihrem Prozessbevollmächtigten bereits bei Mandatserteilung (für die Klageerhebung im Mai 2010) mitgeteilt haben will, dass sie den Bescheid „nie“ bekommen habe, erklärt nicht hinreichend, warum sie nicht auf die Mahnung vom 14. Oktober 2009 dem Beklagten gegenüber gerügt hat, dass ihr der Bescheid nicht zugegangen sei.

Auch der Umstand, dass der Kostenbescheid mit Hilfe der R... (RPV) übermittelt wurde, steht der Zugangsfiktion des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe eine Einzelfallprüfung zur Zuverlässigkeit der Zustellung durch das private Zustellunternehmen vornehmen müssen, greift nicht. Zustellungen werden nach § 2 Abs. 2 VwZG i.V.m. § 1 BbgVwZG durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post) ausgeführt. Das Verwaltungsgericht hat, ohne dass die Klägerin dem entgegengetreten ist, ausgeführt, dass der RPV nach § 5 Abs. 1 PostG unter der Nr. P 9... eine Lizenz erteilt worden sei und sie damit Erbringer von Postdienstleistungen, also Post im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG sei (vgl. dazu auch OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 31. Juli 2009 - OVG 10 S 36.08 -, juris Rn. 7). Angesichts dessen und mangels substantiierten Vortrags der Klägerin zur fehlenden Zuverlässigkeit der Zustellung durch dieses private Postzustellunternehmen war das erstinstanzliche Gericht nicht gehalten, die von der Klägerin geforderte Einzelfallprüfung zur Zustellung durch den konkreten Erbringer von Postdienstleistungen vorzunehmen.

2. Auch die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) greift nicht durch.

Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Vorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2013 - 1 BvR 667/13 -, juris Rn. 10 m.w.N.).

Ausgehend von diesem Maßstab ist das Vorbringen der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit ihrem Sachvortrag auseinandergesetzt, dass ihre Schreiben - gemeint sind die Schreiben der H... vom 12. November und 23. Dezember 2009 - insoweit nur den Betreff der vorhergehenden Schreiben wiederholen würden, nicht geeignet, eine Gehörsverletzung hinreichend darzutun. Denn die Klägerin legt damit nicht substantiiert besondere Umstände dar, aus denen sich klar ergibt, dass das Verwaltungsgericht ihr Vorbringen zu den vom erstinstanzlichen Gericht gewürdigten Schreiben überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat. Soweit die Klägerin sich der Sache nach dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht die oben genannten Schreiben im Hinblick auf § 41 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwVfG anders gewürdigt hat, als sie es für richtig hält, liegt darin keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Selbst eine inhaltlich unrichtige Beweiswürdigung kann nämlich nicht mit der Gehörsrüge angegriffen werden.

Auch die Ausführungen der Klägerin, es sei schriftsätzlich vorgetragen worden, dass der Zeuge G... bei Zugang der Mahnung sich unverzüglich mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt und den (fehlenden) Zugang des Bescheides gerügt habe, lässt nicht auf eine Nichtberücksichtigung ihres Vortrags schließen. Dass das Gericht dieses Vorbringen in Erwägung gezogen hat, zeigt der Umstand, dass es in den Entscheidungsgründen ausgeführt hat, dass der Geschäftsführer der Klägerin nach deren Vorbringen im gerichtlichen Verfahren nur nach dem Grund der Mahnung bzw. der vermeintlichen Forderung gefragt und nicht auch den Nichterhalt des Bescheides gerügt habe. Die Richtigkeit dieser Erwägung wird durch das entsprechende Vorbringen der Klägerin im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30. November 2010 (S.2) bestätigt.

Die im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Klägerin hat mit ihrer Rüge, das Verwaltungsgericht habe ihr keinen sachdienlichen Hinweis gegeben, dass ihr Bestreiten des Zugangs des Kostenbescheides nicht ausreiche, eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht nicht substantiiert dargelegt. Diese konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Ein hiergegen verstoßendes Verhalten des Gerichts läge nur vor, wenn es einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hätte, mit der der unterliegende Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte. Anhaltspunkte für eine solche Überraschungsentscheidung hat die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht dargetan.

Auch eine Aufklärungsrüge wurde nicht den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

II.1. Es bestehen auf Grundlage der Zulassungsbegründung der Klägerin auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, soweit das Verwaltungsgericht den Hilfsantrag als unbegründet abgewiesen hat, weil die Nichtigkeit des Kostenbescheides nach § 44 Abs. 1 VwVfG nicht gegeben sei.

Nach § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die aus Rechtsmängeln abgeleitete Folge der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts stets als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz angesehen worden, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trage (u.a. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1997 - BVerwG 8 C 1/96 -, NVwZ 1998, 1061, juris Rn. 28). Besonders schwerwiegend im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG ist daher nur ein Fehler, der den davon betroffenen Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich erscheinen, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar sein lässt. Dagegen ist die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes nicht schon deswegen anzunehmen, weil er einer gesetzlichen Grundlage entbehrt oder die in Frage kommenden Rechtsvorschriften unrichtig angewendet worden sind. Die mangelnde Übereinstimmung eines Bescheides mit der anzuwendenden Rechtsgrundlage zieht regelmäßig seine Rechtswidrigkeit, nicht aber seine Nichtigkeit nach sich (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2000 - BVerwG 1 B 78/99 -, Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 11, juris Rn. 9; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 27. Januar 2012 - OVG 10 S 13.11 -). Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Bezugspunkt der Offensichtlichkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG ist das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. April 2011 - BVerwG 6 B 41/10 -, Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 102, juris Rn. 4). Die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2000 - BVerwG 11 B 26/00 -, NVwZ 2000, 1039; juris Rn. 8).

Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bei dem Kostenbescheid vom 3. September 2009 nicht gegeben. Es fehlt nach der eingehend begründeten Bewertung des erstinstanzlichen Gerichts jedenfalls an der Offensichtlichkeit eines Fehlers.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Bewertung folgen nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, das Verwaltungsgericht unterstelle fälschlicherweise, dass der Beklagte mit der Herstellung eines amtlichen Lageplans beauftragt worden sei, obwohl sie lediglich die Vermessung eines Restgrundstückes nachgefragt habe. Ausgehend von dem angegriffenen Kostenbescheid ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Erstellung eines Vorabzuges eines amtlichen Lageplans nach der Bauvorlagenverordnung für ein Bauvorhaben begehrt habe. Ein offensichtlich besonders schwerwiegender Fehler ist diesbezüglich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegeben. Zwar trifft es zu, dass im Schreiben vom 3. Januar 2008 an den Beklagten eine Immobiliengesellschaft nur ein Angebot für die Vermessung eines Restgrundstückes verlangt hat. Der Beklagte hat dies aber so verstanden, dass die Erstellung eines amtlichen Lageplans nach der Bauvorlagenverordnung für die Teilfläche eines Grundstückes gewünscht war und hat dafür die Kostenschätzung vom 4. Januar 2008 erstellt, die als Bestätigung im Namen der Klägerin unterschrieben und mit ihrem Firmenstempel versehen an den Beklagten zurückgesandt wurde, weshalb jedenfalls kein Fehler vorliegt, bei dem die Fehlerhaftigkeit offenkundig zutage getreten ist.

Ohne Erfolg bleibt auch das Vorbringen der Klägerin, dass von ihr keine hoheitliche Leistung beauftragt, eine amtliche Vermessungstätigkeit mithin nicht nachgefragt worden sei. Zwar ist der dieser Rüge zugrundeliegende Ansatz richtig, dass öffentlich bestellte Vermessungsingenieure nur solche Leistungen mit Abgabenbescheid abrechnen dürfen, die ihrem hoheitlichen Wirkungskreis unterfallen (vgl. OVG NW, Urteil vom 7. März 2005 - 10 A 2994/02 -, DWW 2005, 211, juris Rn. 32). Das Verwaltungsgericht ist aber zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Erstellung eines Vorabzuges eines amtlichen Lageplans nach der Bauvorlagenverordnung für ein Baugrundstück um eine hoheitliche Tätigkeit handelt. Bei der Erstellung eines solchen Lageplans werden Tatbestände mit öffentlichem Glauben beurkundet. Bestätigt wird dies auch durch die Regelung der Tarifstelle 5.5.1 der damals anwendbaren Vermessungsgebühren- und Kostenordnung in der Fassung vom 12. Januar 2004 (GVBl. II S. 107). Ein schwerwiegender Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umständen offensichtlich ist, ist daher auch insoweit nicht ersichtlich. Aus den gleichen Gründen kann daher auch die Rüge der Klägerin nicht greifen, wonach der Bescheid wegen fehlender hoheitlicher Verwaltungskompetenz des beklagten Vermessungsingenieurs nichtig sei.

Soweit die Klägerin geltend macht, der Kostenbescheid sei nichtig, weil für die ihm zugrundeliegende Vermessungsleistung kein Antrag gestellt worden sei, genügt dieses Vorbringen nicht, um die Annahme des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, wonach selbst wenn - wofür freilich wenig spreche - eine Auftragserteilung für die Erstellung eines amtlichen Lageplans fehlen würde, es nicht offensichtlich im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG sei, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Kostenbescheides nicht gegeben wären. Mit dieser Argumentation setzt die Klägerin sich nicht substantiiert auseinander. Gegen das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers, der offensichtlich ist, spricht zudem der Umstand, dass die bereits erwähnte Kostenschätzung des Beklagten - auf deren Grundlage der Vorabzug des amtlichen Lageplans erstellt wurde - immerhin im Namen der Klägerin am 15. Januar 2008 unterschrieben wurde, weshalb jedenfalls ein gänzliches Fehlen einer Mitwirkung eines Vertreters der Klägerin an der Beauftragung des Beklagten nicht vorliegt. Hinzu kommt, dass entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nach überwiegender Ansicht die fehlende Mitwirkung in Form eines Antrages des vom Verwaltungsakt Betroffenen keine Nichtigkeit des Verwaltungsaktes begründet (vgl. Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 44 Rn. 17; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 44 Rn. 8; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 44 Rn. 21). Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 24. Juni 1992 - 11 A 10189/92 -, GewArch 1992, 428, juris Ls. 1 u. Rn. 17) zur Anmeldung für eine Gesellenprüfung durch Überweisung der Prüfungsgebühr, denn die dortige Entscheidung eines Prüfungsausschusses war gerade nicht antragsgebunden.

2. Die Darlegungen der Klägerin rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Klägerin bezeichnet die Frage als grundsätzlich bedeutsam,

ob ein Verwaltungsakt und insbesondere ein Gebührenbescheid eines Beliehenen nichtig ist, wenn es am erforderlichen Antrag für die erbrachte Leistung fehlt, oder der Beliehene einen Verwaltungsakt außerhalb der ihm hoheitlich übertragenen Kompetenzen erlässt.

Das Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache neben der Bezeichnung der Frage Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage (u.a. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 30. April 2013 - OVG 10 N 58.10 - juris Rn. 6). Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage muss im Urteil des Verwaltungsgerichts zum entscheidungstragenden Begründungsteil gehören und sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 8. September 2014 - OVG 10 N 34.14 -). Dies hat die Klägerin nicht dargelegt. Vielmehr ist aus den Ausführungen zu II.1. ersichtlich, dass es jedenfalls nicht offensichtlich ist, dass es an einem der Klägerin zurechenbaren Antrag für die Erstellung des Vorabzuges des amtlichen Lageplans gefehlt hat. Auch hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass hier die Erstellung des Vorabzuges des amtlichen Lageplans nach der Bauvorlagenverordnung für ein Grundstück keine hoheitliche Tätigkeit des Beklagten sein soll.

3. Die Klägerin hat auch mit der die Bewertung und Würdigung des Verwaltungsgerichts zu § 44 Abs. 1 VwVfG betreffenden Verfahrensrüge eine Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör durch Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) nicht substantiiert dargelegt. Es fehlt an hinreichendem Vortag dazu, dass ihr tatsächliches Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Vielmehr ist das erstinstanzliche Gericht in seiner Bewertung und Würdigung (vgl. UA S. 11) auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags der Klägerin eingegangen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).