BGH, Urteil vom 15.06.2000 - VII ZR 212/99
Fundstelle
openJur 2010, 7239
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 20. Mai 1999 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten restlichen Werklohn für die Errichtung eines Zweifamilienhauses in K. . Die Beklagten hatten die Klägerin mit der Bauausführung eines von ihr angebotenen Typenhauses, der Bauplanung und der Bauleitung beauftragt. Mit der aus dem Leistungsprogramm der Klägerin herausgenommenen Errichtung des Kellers beauftragten die Beklagten den Streithelfer der Klägerin. Die Beklagten rechnen mit Ansprüchen wegen fehlerhafter Planung der Abdichtung auf und machen mit der Widerklage weitergehende Schadensersatzansprüche geltend.

Die von der Klägerin erstellte Genehmigungsplanung sah keine Abdichtungsmaßnahmen für den Keller gegen drückendes Wasser vor. Eine schriftliche Ausführungsplanung wurde insoweit nicht erstellt. Abweichend von der Genehmigungsplanung wurde der Keller mit einer stärkeren Sohlplatte errichtet. Die vertikale Abdichtung erfolgte mit einer bituminösen, spachtelbaren Dichtungsmasse. Während der Bauausführung ließ die Klägerin durch ihren Subunternehmer einen Durchbruch in der Kellerwand für ein Entwässerungsrohr stemmen. Diese Rohrdurchführung wurde nur unzureichend abgedichtet.

Das Bauvorhaben wurde am 15. November 1991 abgenommen.

Im Dezember 1993 kam es zu einer Überflutung des Kellers, weil durch alle Kellerwände und durch die unzureichende Abdichtung der Rohrdurchführung Grundwasser in den Keller drang.

Die Klägerin hat Restwerklohn in Höhe von 4.589,13 DM geltend gemacht. Die Beklagten haben mit Schadensersatzansprüchen wegen der Feuchtigkeitsschäden aufgerechnet und im Juni 1996 in Höhe von 70.000 DM Widerklage erhoben.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 1.289,13 DM stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klageforderung auf 1.199,13 DM gekürzt. Die nur noch in Höhe von 68.800,87 DM verfolgte Widerklage hatte auch in der Berufungsinstanz keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie den Klageabweisungsantrag und den Widerklageantrag weiter verfolgen.

Gründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, der Klägerin seien keine Planungsfehler im Zusammenhang mit der Errichtung des Kellers anzulasten. Auch wenn die Klägerin die planerische Verantwortung für das Gesamtobjekt behalten haben und sich aktiv in die Ausführungsplanung eingeschaltet haben sollte, lasse sich kein Planungsfehler erkennen. Das geänderte Planungskonzept mit verstärkter Sohlplatte und vertikaler Abdichtung aus spachtelbarer Masse habe den örtlichen Verhältnissen Rechnung getragen. Nach dem Stand der Technik sei eine Dickbeschichtung aus bestimmten Materialien in ausreichender Stärke geeignet, Kellerwände gegen drückendes Wasser abzudichten, wie dem Berufungsgericht aus Begutachtungen in anderen Prozessen bekannt und auch in der "Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen erdberührter Bauteile mit kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen" festgehalten sei. Allerdings sei bei dem Lastfall drückendes Wasser das Abdichtungsmaterial zweilagig in einer Mindest-Trockenschichtdicke von 4 mm aufzubringen, wobei die Dickbeschichtung über die Hohlkehle hinaus auslaufend über den Sohlplatten-Überstand geführt werden müsse.

Der Sachverständige habe diese Konzeption für ausreichend erklärt und den Wassereinbruch darauf zurück geführt, daß die Dickbeschichtung nur in einer Stärke von 1,5 mm aufgebracht und nicht über die Hohlkehle geführt worden sei. Der Wassereinbruch sei deshalb auf handwerkliche Ausführungsmängel zurückzuführen.

Die Klägerin hafte auch nicht für die fehlerhafte Abdichtung der Rohrdurchführung. Es stehe nicht fest, wer die Abdichtung vorgenommen habe. Verantwortlich für eine ordnungsgemäße Abdichtung sei das mit der Errichtung des Kellers beauftragte Unternehmen. Die Klägerin habe insoweit keine Bauaufsichtspflicht gehabt.

Die Ansprüche der Beklagten dürften zudem verjährt sein, weil die Abnahme am 15. November 1991 erfolgt, der Wassereinbruch im Dezember 1993 geschehen und die Geltung der VOB/B wirksam vereinbart worden sei.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Planung verkannt (1.) und zu Unrecht einen Bauaufsichtsfehler hinsichtlich der Rohrdurchführung verneint (2.). Der Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Planungs-und Bauaufsichtsfehler ist nicht verjährt (3.).

1. Das Berufungsgericht läßt es offen, ob die Klägerin die planerische Verantwortung für den Keller hatte. In der Revision ist daher davon auszugehen, daß die Klägerin eine Planung schuldete, die eine dauerhafte Abdichtung gegen drückendes Wasser vorsah. Eine Abdichtung gegen drückendes Wasser war notwendig. In den Keller des Bauwerks ist Grundwasser eingedrungen.

a) Die Klägerin hat diese Planung nicht vertragsgerecht erbracht.

aa) Die Entwurfs-und Genehmigungsplanung der Klägerin sah keine Abdichtung gegen drückendes Wasser vor. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, sie habe mit drückendem Wasser nicht rechnen müssen. Die in ihrer Leistungsbeschreibung vorgesehene bituminöse Abdichtung sollte lediglich gegen Bodenfeuchtigkeit schützen.

bb) Nach der Darstellung der Klägerin hat sie in der Bauphase keine weiteren, die Abdichtung des Kellers betreffenden Anordnungen erteilt, weil dieser aus ihrem Leistungsprogramm herausgenommen und von einem anderen Unternehmen errichtet worden sei. Außerdem habe sich auch nach dem Aushub der Baugrube keine Notwendigkeit gezeigt, eine Abdichtung gegen drückendes Wasser vorzunehmen. Die objektiv unzureichende Entwurfsplanung ist also nach ihrer Darstellung nicht nachgebessert worden. Der insoweit bereits vorhandene Planungsfehler wirkte fort. Entgegen der Auffassung des Landgerichts entlastet es die Klägerin nicht, daß ohne ihre Veranlassung versucht wurde, eine Abdichtung gegen drückendes Wasser zu erstellen. Dieser Versuch ist gescheitert. Das liegt daran, daß die Klägerin eine vor der Ausführung notwendige detaillierte Planung nicht erstellt hat (vgl. unten cc).

cc) Nach der Behauptung der Beklagten hat der Geschäftsführer der Klägerin mit dem Streithelfer die Aufbringung einer bituminösen Abdichtung besprochen. Diese Anordnung erfüllt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Anforderungen an eine vertragsgerechte Planung der Abdichtung gegen drückendes Wasser.

(1)

Die Planung der Abdichtung eines Bauwerks muß bei einwandfreier handwerklicher Ausführung zu einer fachlich richtigen, vollständigen und dauerhaften Abdichtung führen. Wie detailliert diese Planung sein muß, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich sind die Anforderungen an die Ausführung insbesondere unter Berücksichtigung der vorhandenen Boden- und Wasserverhältnisse und die Kenntnisse, die von einem ausführenden Unternehmer unter Berücksichtigung der baulichen und örtlichen Gegebenheiten zu erwarten sind. Sind Details der Ausführung besonders schadensträchtig, müssen diese unter Umständen im einzelnen geplant und dem Unternehmer in einer jedes Risiko ausschließenden Weise verdeutlicht werden (vgl. zur Detailplanung der Abdichtung BGH, Urteil vom 25. Oktober 1973 -VII ZR 181/72 = BauR 1974, 63, 65; Urteil vom 11. Mai 1978 -VII ZR 313/75 = BauR 1978, 405, 406).

(2)

Die vom Berufungsgericht herangezogene "Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen erdberührter Bauteile mit kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen" legt offen, daß die Dickbeschichtung überhaupt nur dann geeignet zur Abdichtung gegen drückendes Wasser sein könnte, wenn die beschriebenen Ausführungsmodalitäten eingehalten werden. Die Dickbeschichtung muß unter bestimmten technischen Bedingungen in einer Mindeststärke von 4 mm aufgebracht werden. Sie muß zudem zweilagig erfolgen und über die Hohlkehle über den Sohlplattenüberstand hinaus geführt werden.

Der Senat hat nicht darüber zu befinden, ob eine derart ausgeführte Dickbeschichtung gegen drückendes Wasser geeignet ist. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht angefochten. Auf ihrer Grundlage steht fest, daß die schadensträchtige Abdichtung mit einer Dickbeschichtung grundsätzlich im Detail geplant werden muß. Die Planung muß dem ausführenden Unternehmer verdeutlichen, daß er eine Abdichtung gegen drückendes Wasser vorzunehmen hat. Sie muß zudem die wichtigsten Maßnahmen gegen die besondere Schadensanfälligkeit darstellen, wozu die zweilagige Herstellung und das Herumführen um den Sohlplattenüberstand gehören. Angaben zur Stärke der Dickbeschichtung sind jedenfalls dann geboten, wenn eine Abdichtung gegen Bodenfeuchtigkeit geringere Stärken erlaubt. Von einer derartig detaillierten Planung kann der Architekt nur absehen, wenn sie dem Unternehmer bereits bekannt ist und der Architekt sich darauf verlassen kann, daß sie auch ohne nochmaligen planerischen Hinweis ordnungsgemäß ausgeführt wird.

(3) Diese Voraussetzungen hat die Klägerin mit der bloßen Anweisung an den ausführenden Unternehmer, eine bituminöse Abdichtung vorzunehmen, nicht erfüllt. Das gilt selbst dann, wenn der Streitgehilfe davon ausgegangen sein sollte, daß eine Abdichtung gegen drückendes Wasser notwendig sei. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, daß diesem Unternehmer die besonderen Risiken der Ausführung durch bituminöse Abdichtung bekannt gewesen seien und sie sich darauf hätte verlassen können, daß dieser die Abdichtung ohne detaillierte Anordnungen ordnungsgemäß vornimmt.

b) Die Beklagten haben gemäß § 635 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Klägerin, wenn diese den Planungsfehler zu vertreten hat. Sie hat behauptet, die Grundwassergefahr sei nicht erkennbar gewesen. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß eine Haftung der Klägerin selbst dann in Betracht kommt, wenn sie lediglich die Entwurfs-bzw. Genehmigungsplanung schuldete. In diesem Fall kommt es darauf an, ob sie den objektiven Fehler dieser Planung zu vertreten hatte. Das Gutachten des Sachverständigen B. legt das nahe.

2.

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht eine Haftung der Klägerin für die unzureichend abgedichtete Rohrdurchführung in der Kellerwand verneint. Die Kellerwand wurde von einer Subunternehmerin der Klägerin aufgestemmt, umeine Rohrdurchführung für die Sanitärinstallation zu schaffen. Diese gehörte zum Gewerk der Klägerin, für das sie auch die Bauleitung übernommen hatte. Nachdem sie selbst im Rahmen der Bauleitung die Rohrdurchführung angeordnet hatte, war sie verpflichtet, die ordnungsgemäße Ausführung der Rohrdurchführung zu überwachen und sicher zu stellen, daß durch diese Maßnahmen keine Gefahr für die Abdichtung des Bauwerks entsteht. Das hat sie nicht getan, so daß sie den Beklagten aus § 635 BGB für den aus dem vertragswidrigen Verhalten entstandenen Schaden haftet.

3.

Der Schadensersatzanspruch der Beklagten ist nicht verjährt. Schadensersatzansprüche gegen den Architekten aus fehlerhafter Planung oder Bauleitung verjähren nach § 638 BGB fünf Jahre nach der Abnahme des Architektenwerkes (BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 -VII ZR 128/91 = ZfBR 1992, 275; Urteil vom 30. September 1999 -VII ZR 162/97 = BauR 2000, 128 = ZfBR 2000, 97). Diese Frist war zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen. Eine abweichende Frist ergibt sich nicht aus Ziff. 1.5 der von der Klägerin gestellten Bedingungen des Bauvertrages. Danach ist Vertragsgrundlage fürdie Durchführung des Bauvorhabens die VOB/B. Die VOB/B ist keine Vertragsbedingung für Architektenleistungen. Ob gleichwohl in Ziff. 1.5 auch die Gewährleistungsfrist für die Architektenleistungen dem § 13 Nr. 4 VOB/B unterstellt werden sollte, kann dahinstehen. Eine solche Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist wäre nach § 11 Nr. 10 f AGBG unwirksam (BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 -VII ZR 372/89 = BGHZ 114, 383, 392).