OLG Köln, Urteil vom 06.06.2012 - 18 U 240/11
Fundstelle
openJur 2012, 86984
  • Rkr:
Tenor

Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.09.2011 - 91 O 162/09 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Urteil richtet.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 25%, die Beklagte zu 75%.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachge­lassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird die Revision zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 28.08.2009 gefassten Beschlüssen.

Die Klägerin ist Aktionärin der Beklagten. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft, deren Aktien auf den Namen lauten. § 15 Abs. 2 ihrer Satzung lautet:

Das Stimmrecht kann durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. Wenn weder ein Kreditinstitut noch eine Aktionärsvereinigung bevollmächtigt werden, so können Vollmachten schriftlich, per Telefax oder auf eine vom Vorstand jeweils zu bestimmende Weise auch unter Nutzung elektronischer Medien erteilt werden. (…)

In der Einladung zur Hauptversammlung vom 28.08.2009 heißt es u.a.:

Vollmachten (…) sind schriftlich, per Telefax oder per E-Mail (unter Angabe des vollständigen Namens des Aktionärs und seiner Adresse) zu erteilen. Die Aktionäre können die entsprechenden Vordrucke verwenden, die sie zusammen mit der Einladung/der Eintrittskarte erhalten.

In der Hauptversammlung erklärte der damalige Vorsitzende des Aufsichtsrats, Herr W.:

Diejenigen Aktionäre und Aktionärsvertreter, die die Hauptversammlung vorzeitig verlassen möchten, können einen anderen Teilnehmer der Hauptversammlung oder den Stimmrechtsbevollmächtigten der Gesellschaft mit der Vertretung ihrer Aktien beauftragen. Hierzu steht ein Vordruck auf dem Stimmabschnittsbogen zur Verfügung. Die Vollmacht sei am Aktionärsempfang abzugeben, damit das Teilnehmerverzeichnis entsprechend berichtigt werden kann.

In der Hauptversammlung waren 5.054.044 Stückaktien, entsprechend 67,01% des Grundkapitals, erschienen. An den Abstimmungen nahmen jedenfalls teilweise die im Aktienregister als Aktionärinnen eingetragenen C. (C) - eine US-amerikanische Privatbank - mit 964.999 Aktien (= 12,6% des Grundkapitals) und T.  AG (T) - ein Schweizer Unternehmen, das u.a. Wertpapiere verwaltet - mit 1.114.150 Aktien (= 14,77% des Grundkapitals) teil. Bei den Aktien der BBH handelte es um Fremdbesitz, was auch im Aktienregister der Beklagten vermerkt war. Eigentümerin der Aktien war die Firma B.. Dieser hatte die C für die Hauptversammlung das Recht zur Stimmausübung übertragen. Die T war zunächst als Platzhalter gemäß § 67 Abs. 4 AktG in das Aktienregister eingetragen. 1.114.150 Aktien aus dem Platzhalterbestand wurden vom 13.08. bis 01.09.2009 in den stimmberechtigten Bestand der T umgebucht, weil der oder die Eigentümer der Aktien das Stimmrecht ausüben wollten. Dabei wurden sie irrtümlich als Eigenbesitz der T bezeichnet. Die C, die T und der oder die Eigentümer der für die T registrierten Aktien haben keine Mitteilungen nach §§ 21 ff. WpHG abgegeben.

Unter TOP 3 wurden die Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten im Wege der Einzelabstimmung entlastet, unter TOP 4 die Firma E. GmbH als Abschlussprüferin gewählt und unter TOP 6 die Herrn D. und O. in den Aufsichtsrat gewählt. Abgestimmt wurde jeweils, indem zunächst die Nein-Stimmen sowie die Stimmenthaltungen ermittelt wurden und sodann die Ja-Stimmen durch Substraktion von den präsenten Stimmen errechnet wurden. Über die Gegenvorschläge der Klägerin zu TOP 4 und 6 wurde nicht mehr abgestimmt, nachdem der Vorsitzende des Aufsichtsrats die Annahme der Verwaltungsvorschläge verkündet hatte.

Mit ihrer am 28.09.2009 bei Gericht eingegangen Klage, hat die Klägerin die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Beschlüsse zu TOP 3, 4 und 6 geltend gemacht. Darüber hinaus hat sie die positive Feststellung der Annahme ihrer Gegenvorschläge zu TOP 4 und 6 begehrt.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Aktien der C und der T hätten aufgrund der Verletzung von Mitteilungspflichten einem Stimmrechtsausschluss unterlegen, so dass die Beschlussergebnisse fehlerhaft festgestellt worden seien. Auch soweit es sich um Aktien im Fremdbesitz handele, hätten C und T den Meldepflichten des § 21 WpHG unterlegen.

Dass Herr W. in der Hauptversammlung für Vertretungsfälle die Abgabe einer schriftlichen Vollmacht verlangt habe, verstoße zudem gegen § 134 AktG und stehe nicht im Einklang mit § 15 Abs. 2 der Satzung sowie den Bestimmungen in der Einladung zur Hauptversammlung. Dies sei ein relevanter Verfahrensverstoß.

Die Klägerin hat ferner behauptet, dass im Falle einer Abstimmung über ihre Vorschläge zu TOP 4 und 6 weitere Aktionäre mit insgesamt 2.277.894 Stimmen für diese votiert hätten, was bei korrekter Zählung zur Annahme der Vorschläge geführt hätte. Daher sei deren Annahme festzustellen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat insbesondere die Auffassung vertreten, Legitimationsaktionäre unterfielen nicht § 21 WpHG, ein etwa in den Angaben zur Bevollmächtigung in der Hauptversammlung liegender Verfahrensverstoß in der Hauptversammlung sei nicht relevant und eine positive Beschlussfeststellung sei unzulässig.

Die Beklagte hat zudem die Auffassung vertreten, 800.000 Stimmen der U. AG, die - unstreitig - jeweils im Sinne der Klägerin gestimmt hat, hätten einem Stimmrechtsverbot unterlegen. Diese Aktien, für die - unstreitig - die U. AG als Legitimationsaktionärin im Aktienregister eingetragen sei, gehörten tatsächlich einem Herrn V. bzw. der von ihm gegründeten W. GmbH bzw. seien ihm i.S.v. § 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zuzurechnen. Eine entsprechende Mitteilung nach §§ 21 ff. WpHG sei nicht erfolgt. Dies ergebe sich aus Äußerungen des Herrn V. gegenüber Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Beklagten im Vorfeld der Hauptversammlung, welche die Beklagte im Einzelnen vorträgt.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 01.08.2011 hat die Beklagte nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht noch geltend gemacht, die Klägerin führe einen unzulässigen Insichprozess, weil eines ihrer Vorstandsmitglieder am 12.08.2010 in den Aufsichtsrat der Beklagten gewählt worden sei. Außerdem habe die Klägerin zum Zeitpunkt der Hauptversammlung und auch zum Zeitpunkt der Klageerhebung einem Stimmrechtsausschluss nach § 28 WpHG unterlegen, weil ihre Stimmrechtsmitteilung vom 02.07.2009 unrichtig gewesen sei. Die Klägerin habe es versäumt, bei der Berechnung ihres Stimmanteils eigene Aktien, welche die Beklagte zu dieser Zeit gehalten habe, heraus zu rechnen, was zu einem Stimmanteil von 11,391% statt 10,607% geführt hätte. Die Aktien der Klägerin seien zudem nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG Herrn F. zuzurechnen, der die Stimmen der Klägerin in der Hauptversammlung vom 28.08.2009 vertreten habe. Herr F. habe keine Mitteilung nach §§ 21 ff. WpHG abgegeben.

Das Landgericht hat zunächst mit Versäumnisurteil vom 16.02.2011 antragsgemäß die Beschlüsse zu TOP 3, 4, 5 - insoweit hatte die Klägerin die Klage allerdings schon zurückgenommen - und 6 für nichtig erklärt und die Annahme der Gegenvorschläge der Klägerin zu TOP 4 und 6 festgestellt.

Auf den Einspruch der Beklagten hat es das Versäumnisurteil mit Urteil vom 07.09.2011, gegen das beide Parteien Berufung eingelegt haben, hinsichtlich TOP 5 und der positiven Beschlussfeststellung aufgehoben.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung die positive Beschlussfeststellungsklage zu TOP 4 weiter, zu TOP 6 hat sie die Klage im Hinblick auf den Ablauf der Wahlperiode für den Aufsichtsrat für erledigt erklärt.

Sie beantragt sinngemäß,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 07.09.2011 - 91 O 162/09 - das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 16.02.2011 - 91 O 162/09 - zu Ziffer 1.) e) aa) aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte, für die ihr Prozessbevollmächtigter unter dem 04.10.2012 Berufung mit dem Zusatz „vertreten durch den Vorstand“ eingelegt hat, beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen sowie unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 07.09.2011 - 91 O 162/09 - das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 16.02.2011 - 91 O 162/09 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Teilerledigungserklärung der Klägerin hat die Beklagte sich nicht angeschlossen. Sie behauptet, auch die Mitglieder des Aufsichtsrats hätten ihrem Prozessbevollmächtigten Vollmacht erteilt. Mit Schriftsatz vom 24.05.2012 hat sie zudem einen im Umlaufverfahren gefassten Beschluss des Aufsichtsrats vom 14.05.2012 in Kopie vorgelegt, wonach dieser seine Vertretung durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten genehmigt.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten und verteidigt insoweit das landgerichtliche Urteil. Sie rügt die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Berufungsverfahren und bestreitet, dass die Berufung auch im Namen des Aufsichtsrats der Beklagten eingelegt worden sei.

II.

Die Berufungen beider Parteien haben keinen Erfolg.

1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

a) Die Formalien der Berufung sind in Ordnung. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der verlängerten Frist ausreichend begründet worden.

aa) Die Beklagte ist im Berufungsverfahren auch ordnungsgemäß vertreten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die Berufung zwar entgegen § 246 Abs. 2 S. 2 AktG zunächst nur im Namen der Beklagten „vertreten durch den Vorstand eingelegt“, hat aber mit Schriftsatz vom 17.12.2012 klargestellt, dass es sich hierbei lediglich um eine unvollständige Angabe gehandelt habe und die Beklagte auch im Berufungsverfahren von Vorstand und Aufsichtsrat vertreten werde. Die fehlende Angabe der Vertretungsorgane in der Berufungsbegründung ist für sich genommen unschädlich (Hüffer, AktG, § 246, Rn. 30). Der Senat hat keine Veranlassung, an der Klarstellung durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu zweifeln. Dass er zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung nach Aktenlage durch den Aufsichtsrat nicht wirksam bevollmächtigt war, ist eine von der Vertretung der Beklagten durch den Aufsichtsrat im Berufungsverfahren zu trennende Frage.

bb) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagen war nach Aktenlage zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung vom Aufsichtsrat der Beklagten nicht wirksam bevollmächtigt. Diese Mangel ist aber durch Genehmigung der Prozessführung durch den Aufsichtsrat geheilt worden.

(1) Das Prinzip der Doppelvertretung gilt auch für die Erteilung der Prozessvollmacht (Hüffer in: MüKo AktG, § 246, Rn. 55), so dass die Vollmacht durch Vorstand und Aufsichtsrat erteilt werden musste.

Dies war bei Berufungseinlegung nicht der Fall. Während die Bevollmächtigung durch den Vorstand der Beklagten nicht zweifelhaft und auch von der Klägerin nicht gerügt worden ist, begründete bereits die Einlegung der Berufung im Namen der Beklagten lediglich vertreten durch den Vorstand - auch wenn es sich hierbei um eine Fehlbezeichnung handelte - ernsthafte Zweifel an der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung durch den Aufsichtsrat, die der Senat auch schon vor der Rüge der Klägerin von Amts berücksichtigen konnte (vgl. BGH NJW 2001, 2095, 2096 m.w.Nw.). Die Beklagte hat diese Zweifel nicht ausräumen können. Vielmehr hat sich bestätigt, dass ihr Prozessbevollmächtigter bei Einlegung der Berufung nicht ordnungsgemäß durch den Aufsichtsrat bevollmächtigt war. Die Beklagte trägt selbst lediglich eine Vollmachtserteilung seitens des Aufsichtsrats durch Herrn N. vor und hat hierzu in Kopie ein Vollmachtsformular zur Akte gereicht. Bei diesem ist allerdings schon die Datierung unklar: Über einem - möglicherweise durchgestrichenen - Datum vom 03.10.2011 steht noch der 16.04.2012. Das legt nahe, dass das Formular Herrn N. erst nachträglich vorgelegt worden ist und er das Datum 03.10.2011 durch das zutreffende Datum seiner Unterschriftsleistung ersetzt hat. Danach wäre der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei Einreichung der Berufung mit Schriftsatz vom 04.10.2011 vom Aufsichtsrat nicht bevollmächtigt gewesen.

Selbst wenn das Vollmachtsformular aber tatsächlich am 03.10.2011 unterzeichnet worden ist, folgt daraus keine ordnungsgemäße Bevollmächtigung. Insoweit kann offen bleiben, ob Herr N., wie die Beklagte nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 24.05.2012 vorgetragen hat, am 03.10.2011 Vorsitzender des Aufsichtsrats war. Die Beklagte hat hierzu zwar einen angeblich telefonisch gefassten Aufsichtsratsbeschluss vom 28.09.2011 vorgelegt, es bestehen allerdings begründete Zweifel daran, ob dieser Beschluss tatsächlich gefasst worden ist. Die dort angeblich beschlossenen Veränderungen im Aufsichtsrat sind, wie eine Online-Handelsregisterrecherche des Senats ergeben hat, entgegen § 107 Abs. 1 S. 2 AktG nicht zum Handelsregister angemeldet worden. Die Klägerin weist in ihrem Schriftsatz vom 01.06.2012 auch zutreffend darauf hin, dass sie weder im Jahresfinanzbericht der Beklagten für das Jahr 2011 noch im Bericht des Aufsichtsrats zur Hauptversammlung am 25.06.2012 Erwähnung finden.

Auch wenn Herr N. am 03.10.2011 Vorsitzender des Aufsichtsrats gewesen wäre, würde die Vollmachtserteilung durch ihn indessen nicht ausreichen. Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat erfolgt grundsätzlich durch den gesamten Aufsichtsrat (Hüffer, AktG, Rn. 4). Dieser kann seinen Vorsitzenden lediglich zur Kundgabe des im Gremium gebildeten Willens als Erklärungsvertreter ermächtigen (Habersack in: MüKo, AktG, § 107, Rn. 59). Dass Herr N. durch den Aufsichtsrat ermächtigt worden ist, Prozessvollmacht für das Berufungsverfahren zu erteilen, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

(2) Der Mangel der Vollmacht des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist jedoch rückwirkend geheilt worden, indem der amtierende Aufsichtsrat die Prozessführung durch Beschluss vom 14.05.2012 genehmigt hat. Die Genehmigung der Prozessführung durch den Vertretenen oder die Erteilung einer ordnungsgemäßen Vollmacht heilen den Vollmachtsmangel, solange noch kein das Rechtsmittel als unzulässig verwerfendes Prozessurteil vorliegt (Gemeinsamer Senat NJW 1984, 2149). Dass die Genehmigung erst nach der mündlichen Verhandlung erfolgt und dem Senat erst mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.05.2012 mitgeteilt worden ist, schadet daher nicht. Dass es sich bei den Unterzeichnern des Aufsichtsratsbeschlusses um die aktuellen Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten handelt, hat der Senat anhand einer Online-Handelsregisterrecherche überprüft. Auch die Klägerin hat dies in ihrer Stellungnahme zum Schriftsatz vom 24.05.2012 nicht in Zweifel gezogen.

b) In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

aa) Die Zulässigkeit der Klage hat das Landgericht mit zutreffender Begründung bejaht. Die Monatsfrist für die Klageerhebung gemäß § 246 Abs. 1 AktG ist eingehalten. Es handelt sich auch nicht um einen unzulässigen Insichprozess. Parteien des Rechtsstreits sind die Klägerin und die Beklagte. Dass es personelle Überschneidungen in ihren Organen gibt bzw. während des Verfahrens gab, führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage.

bb) Das Landgericht hat die Hauptversammlungsbeschlüsse zu TOP 3, 4 und 6 im Ergebnis zu Recht für nichtig erklärt, weil sie anfechtbar sind, §§ 241 Nr. 5, 243 Abs. 1 AktG.

(1) Die Anfechtbarkeit folgt indes nicht aus den Erklärungen des Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten, Herrn W., in der Hauptversammlung zur Vollmachtserteilung.

(a) Diese Erklärungen verstoßen bereits nicht gegen das Gesetz oder die Satzung der Beklagten.

(aa) Gemäß § 134 Abs. 3 S. 1 AktG kann das Stimmrecht in der Hauptversammlung durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. § 134 Abs. 3 S. 2 AktG sah in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung (im Folgenden a.F.) für die Vollmachtserteilung Schriftform vor, was auch die (qualifizierte) elektronische Form gemäß §§ 126 Abs. 3, 126a BGB einschloss (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 134, Rn. 2a). In der Satzung konnten Erleichterungen bestimmt werden, wovon die Beklagte in § 15 Abs. 2 ihrer Satzung teilweise Gebrauch machte (Telefax) bzw. die Bestimmung dem Vorstand überließ (elektronische Medien). Der Vorstand wiederum hatte - unbeschadet der Frage der Zulässigkeit dieser Delegation - in der Einladung zur Hauptversammlung die Vollmachtserteilung per eMail zugelassen.

Die Art und Weise des Vollmachtsnachweises regelt das Gesetz nicht. Nachdem zum 25.01.2001 die entsprechende Regelung weggefallen ist, kann jedenfalls die Aushändigung der Urkunde zum Verbleib bei der Gesellschaft nicht mehr verlangt werden. Bei schriftlich erteilten Vollmachten kann die Gesellschaft sich aber nach allgemeinen Grundsätzen weiterhin die Vollmachtsurkunde vorlegen lassen (§ 174 BGB). Bei Vollmachtserteilung in Textform muss sie die Vollmachtserteilung in einer dem jeweiligen elektronischen Medium entsprechenden Form zur Kenntnis nehmen können (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 134, Rn. 24; Rieckers in: Spindler/Stilz, AktG, § 134, Rn. 75).

(bb) Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Erklärungen des Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten in der Hauptversammlung nicht zu beanstanden.

Was die Art der Vollmachtserteilung angeht, kann offen bleiben, ob § 15 Abs. 2 der Satzung der Beklagten überhaupt wirksam ist, soweit die Bestimmung die Möglichkeit, die Vollmacht anders als schriftlich oder per Telefax zu erteilen, der Entscheidung des Vorstands überlässt. Das erscheint zweifelhaft, weil § 134 Abs. 3 S. 2 AktG a.F. lediglich die Möglichkeit vorsah, Erleichterungen in der Satzung zu bestimmen. Eine Ermächtigung des Vorstands im gesetzlichen Aufgabenbereich der Hauptversammlung, die für Satzungsregelungen allein zuständig ist (§ 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG), bedarf aber einer gesetzlichen Grundlage (Kubis in: MüKo, AktG, § 119, Rn. 92), an der es hier fehlt.

Der Hinweis des Vorsitzenden des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung, für die Vollmachtserteilung stehe ein Vordruck auf dem Stimmabschnittsbogen zur Verfügung, kann jedenfalls nicht als Einschränkung der zulässigen Möglichkeiten der Vollmachtserteilung verstanden werden. Herr W. hat ausdrücklich nur erklärt, dass dieser Vordruck zur Verfügung stehe. Das wird ein durchschnittlicher Aktionär in Kenntnis der Satzungsbestimmungen und der Einladung zur Hauptversammlung lediglich als Hinweis auf die Möglichkeit, den Vordruck zu benutzen, nicht aber als Beschränkung der Vollmachtserteilung auf diese Form verstehen.

Das Gleiche gilt auch für die Erklärung, die Vollmacht sei am Aktionärsempfang „abzugeben“. „Abgeben“ kann zwar im allgemeinen Sprachgebrauch im Sinne von „hinterlegen“ bzw. „in Verwahrung geben“ verstanden werden. Durch die Erläuterung, dass es um die Berichtigung des Teilnehmerverzeichnisses gehe, war aber hinreichend klargestellt, dass die Beklagte die Vollmacht nicht behalten, sondern lediglich erfassen wollte. Ein etwaiges Missverständnis eines Aktionärs wäre durch Nachfrage beim Aktionärsempfang leicht aufzuklären gewesen, wo unstreitig die Abgabe der Vollmachtsurkunde nicht verlangt wurde.

(b) Im Übrigen würde es einem etwaigen Gesetzes- oder Satzungsverstoß an der erforderlichen Relevanz fehlen.

Versteht man den Hinweis auf den Vordruck auf dem Stimmabschnittsbogen als Beschränkung der Möglichkeit der Vollmachtserteilung auf diese Form, ist nicht erkennbar, dass dies einen Aktionär in seinem Teilnahme- oder Stimmrecht beeinträchtigt haben kann (vgl. Drescher in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 243, AktG, Rn. 7). Da der Stimmabschnittsbogen jedem Teilnehmer der Hauptversammlung zur Verfügung stand, wäre durch eine derartige Beschränkung kein Teilnehmer gehindert gewesen, einen anderen zu bevollmächtigen.

Die Erklärungen zur Vollmachtserteilung können zudem auch deshalb keinen Einfluss auf die Abstimmungen zu sämtlichen streitgegenständlichen Tagesordnungspunkten mit Ausnahme der Entlastung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Herrn W., gehabt haben, weil bei diesen stets die volle Zahl der in der Hauptversammlung präsenten Stimmen mit abgestimmt hat. Es hat demnach entweder keinen Vertretungsbedarf gegeben oder alle Teilnehmer, welche die Hauptversammlung vorzeitig verlassen haben, haben sich wirksam vertreten lassen. In der Hauptversammlung waren nämlich ausweislich des Protokolls maximal 5.054.044 Stimmen vertreten. Bei allen Abstimmungen zu TOP 3, 4 und 6 mit Ausnahme der Abstimmung über die Entlastung des Herrn W. betrugt die Präsenz ebenfalls 5.054.044 Stimmen.

(2) Die streitgegenständlichen Hauptversammlungsbeschlüsse sind aber anfechtbar, weil die von der C und der T vertretenen Stimmen einem Stimmrechtsausschluss nach § 28 Abs. 1 S. 1 WpHG unterlagen. Diese Unternehmen hatten gegen die Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1 WpHG verstoßen.

(a) Dass C und T ausweislich des Aktienregisters der Beklagten jeweils die Schwellen von 3%, 5% und 10% der Stimmrechte überschritten haben, ohne dies gemäß § 21 Abs. 1 WpHG der Beklagten und der BaFin mitgeteilt zu haben, ist unstreitig.

(b) C und T waren zu Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 WpHG verpflichtet.

(aa) Hinsichtlich der C hat die Klägerin ihren ursprünglichen Vortrag, bei deren Aktien habe es sich um Eigenbesitz gehandelt, nicht aufrecht erhalten. Dass die C danach lediglich als sogenannte Legitimationsaktionärin für die Aktien der B. in das Aktienregister eingetragen war, lässt ihre Mitteilungspflicht indes nicht entfallen:

Ob auch derjenige, der nach § 67 Abs. 1 AktG in das Aktienregister eingetragen ist, obwohl er nicht Eigentümer der Aktien ist (Legitimationsaktionär), den Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 WpHG unterliegt - ein Fall der Zurechnung nach § 22 WpHG scheidet vorliegend aus - ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Eine Auffassung verneint eine Mitteilungspflicht. § 21 Abs. 1 WpHG stelle auf die in Aktien verbriefte Mitgliedschaft, aus der das Stimmrecht folge, und nicht auf das Stimmrecht selbst ab. Nicht derjenige, der zur Stimmrechtsausübung ermächtigt ist, sondern der Inhaber der Aktie sei nach § 21 Abs. 1 WpHG meldepflichtig. Der Wortlaut der Vorschrift sei insoweit missverständlich und entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, wie er etwa in der BT-Drs. 14/4051, S. 16 zum Ausdruck komme (OLG Stuttgart, Urteil vom 10.11.2004 - 20 U 16/03 -, Juris-Tz. 45; Nolte in: Heidelberger Komm. zum AktG, Anh. § 22/§ 21 WpHG, Rn. 3, Dehlinger/Zimmermann in: Fuchs, WpHG, § 21, Rn. 32). Die Gegenmeinung stellt auf die Fiktionswirkung des § 67 Abs. 2 AktG ab und sieht jedenfalls auch den Eingetragenen als mitteilungspflichtig an (Bayer in: MüKo, AktG, § 67, Rn. 57 ff.; Cahn in: Spindler/Stilz, AktG, § 67, Rn. 18; Dieckmann BB 1999, 1985, 1987; Wieneke in: Heidelberger Komm. zum AktG, § 67, Rn. 15).

Zutreffend erscheint dem Senat eine vermittelnde Ansicht, die grundsätzlich von den Eigentumsverhältnissen ausgeht, aber eine zusätzliche Meldepflicht des Registeraktionärs neben dem Eigentümer annimmt, wenn der Registeraktionär nach außen unbeschränkt zur Stimmrechtsausübung berechtigt ist (Schneider in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21, Rn. 49 ff.), was für den Legitimationsaktionär gemäß § 67 Abs. 2 AktG stets zutrifft.

Hierfür spricht bereits der Wortlaut von § 21 Abs. 1 WpHG, der ausdrücklich auf die Stimmrechte abstellt. Es entspricht zudem allgemeiner Auffassung, dass die Eintragung in das Aktienregister gemäß § 67 Abs. 2 AktG eine unwiderlegbare Vermutung oder Fiktion der Aktionärsstellung gegenüber der Gesellschaft begründet, so dass nur der Eingetragene - und zwar auch dann, wenn die wahren Eigentumsverhältnisse offen liegen - berechtigt ist, die mitgliedschaftlichen Rechte, die aus den Aktien folgen, wahrzunehmen. Ihn treffen aber auch ebenso alle mitgliedschaftlichen Pflichten (Hüffer, AktG, § 67, Rn. 12 ff.). Ein Grund, die Mitteilungspflichten nach § 21 WpHG von der Wirkung des § 67 Abs. 2 AktG auszunehmen, ist nicht erkennbar, zumal die allein auf die wahren Eigentumsverhältnisse abstellende Auffassung nicht erklären kann, wen im Falle eines nicht offen gelegten Fremdbesitzes die Mitteilungspflicht treffen soll.

Das entspricht auch dem Ziel der §§ 21 ff. WpHG, den Anlegern ein möglichst genaues Bild von den Beteiligungsverhältnissen an einem Unternehmen zu ermöglichen, u.a. um ggfls. Unternehmensübernahmen antizipieren zu können und dem Missbrauch von Insiderinformationen entgegenzuwirken (Schneider in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21, Rn. 17 ff.; Dehlinger/Zimmermann in: Fuchs, WpHG, vor §§ 21 bis 30, Rn. 15 f.). Hierfür ist eine Kumulation von Stimmrechten ebenso relevant wie die wahren Eigentumsverhältnisse an den Aktien. Der Gesetzgeber hat diesem Gedanken einerseits durch die Zurechnungsvorschriften des § 22 WpHG Rechnung getragen. Dem Ziel eines möglichst hohen Transparenzniveaus würde es indes zuwiderlaufen, wenn den Legitimationsaktionär, der gegenüber der Gesellschaft allein zur Stimmausübung berechtigt ist, keine Meldepflicht träfe. Denn ob die Stimmrechtsausübung des Legitimationsaktionärs im Innenverhältnis gebunden ist oder ob er die Stimmrechte nach eigenem Ermessen ausüben kann, so dass sie ihm ggfls. auch nach § 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG zuzurechnen sind, wird im Regelfall für Außenstehende nicht erkennbar und auch nicht zu ermitteln sein.

Ein erklärter Wille des Gesetzgebers steht dem nicht entgegen. Zum einen betrifft die für die Gegenauffassung zitierte BT-Drs. 14/4051 nicht § 21 WpHG, sondern die Neufassung von § 135 Abs. 7 AktG im Rahmen des NaStraG (entspricht jetzt § 135 Abs. 6 AktG). Dort wird auch lediglich die Auffassung geäußert, die Bindungswirkung dieser Vorschrift für die Stimmrechtsausübung von Kreditinstituten lasse die Mitteilungspflicht nach § 21 WpHG entfallen. § 135 Abs. 6 AktG steht aber der Vermutungs- bzw. Fiktionswirkung des § 67 Abs. 2 AktG gerade nicht entgegen (Bayer in: MüKo, AktG, § 67, Rn. 58). Außerdem hat diese Auffassung des Gesetzgebers keinen Eingang in den Wortlaut der betreffenden Vorschriften gefunden.

Die hier vertretene Auffassung führt schließlich auch nicht zu Problemen in der praktischen Umsetzung. Ob ein Legitimationsaktionär eine der Schwellen des § 21 Abs. 1 WpHG überschreitet, ist für die Gesellschaft ohne Weiteres erkennbar, so dass in der Hauptversammlung ohne Schwierigkeiten geprüft werden kann, welche Aktien ggfls. einem Stimmrechtsausschluss unterliegen. Für den Legitimationsaktionär führt die Meldepflicht nur zu geringem Mehraufwand. Rechtsunsicherheiten hat allein die Meldepflicht des tatsächlichen Eigentümers zur Folge, weil stets mit der Aufdeckung eines verdeckten Fremdbesitzes nach der Hauptversammlung gerechnet werden muss, der bei Überschreitung der Schwellen des § 21 Abs. 1 WpHG zur Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen führt.

(bb) Daraus folgt auch die Meldepflicht der T. Die Beklagte verweist zwar zurecht darauf, dass eine Platzhaltereintragung eines Kreditinstituts nach § 67 Abs. 4 AktG die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 AktG nicht auslöst, so dass in diesem Fall auch eine Mitteilungspflicht des Kreditinstituts ausscheidet (Bayer in: MüKo, AktG, § 67, Rn. 58). Hinsichtlich der in der Hauptversammlung vertretenen Stimmen war die T aber unstreitig nicht nach § 67 Abs. 4 AktG als Platzhalter eingetragen, sie waren vielmehr nach dem eigenen Vortrag der Beklagten aus dem Platzhalterbestand ausgebucht und in den stimmberechtigten Bestand eingebucht worden, so dass die T insoweit Legitimationsaktionärin war.

Außerdem fehlt es hinsichtlich dieser Stimmen an einer Meldung des materiellen Eigentümers der Aktien. Soweit die Beklagte, die in erster Instanz lediglich von einem Aktionär gesprochen hat, insoweit die Möglichkeit in den Raum stellt, dass es sich um mehrere Eigentümer gehandelt haben könnte, von denen ggfls. keiner mehr als 3% der Stimmrechte inne gehabt haben könnte, zeigt gerade der Umstand, dass auch die Beklagte hierzu lediglich Vermutungen anstellen kann, dass nur die Meldepflicht des Legitimationsaktionärs zu einer gewissen Rechtssicherheit und Transparenz führt.

(c) Die Berücksichtigung der Stimmen von C und T ist erkennbar nicht nur relevant, sondern unmittelbar kausal für die Annahme der Verwaltungsvorschläge zu den streitgegenständlichen Tagesordnungspunkten. Die Stimmen von BBH und T summieren sich auf 2.064.149 Stimmen, während die Verwaltungsvorschläge ausweislich des Protokolls der Hauptversammlung maximal mit einer Mehrheit von 2.043.124 angenommen worden sind.

(d) Diesem Ergebnis stehen Stimmrechtsauschlüsse für die Aktien der U. und der Klägerin nicht entgegen. Einer derart maßgeblichen Änderung der Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung - BBH und T vertraten 41% der präsenten Stimmen - wird man auch dann nicht die Relevanz absprechen können, wenn auch Stimmrechtsausschlüsse zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen wären. Es ist nicht auszuschließen, dass andere Aktionäre mit der Klägerin gestimmt hätten, wenn deren Gegenvorschläge aufgrund geänderter Mehrheitsverhältnisse größere Aussicht auf Erfolg gehabt hätten.

Im Übrigen reicht der Vortrag der Beklagten zu den Eigentums- und Einflussverhältnissen an den für die U. AG eingetragenen Aktien nicht aus, um eine Mitteilungspflicht des Herrn V. bzw. seiner Firma W. GmbH gemäß §§ 21 ff. WpHG zu begründen. Dass Herr V. im Vorfeld der Hauptversammlung - wohl um ein Aktienpaket zu verkaufen - von „seinen“ Aktien gesprochen hat, lässt nicht den Schluss auf die materiellen Eigentumsverhältnisse oder das Vorliegen der Voraussetzungen einer Zurechnung nach § 22 WpHG zu.

Der Vortrag der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 01.08.2011 ist - abgesehen von seiner Verspätung - ebenfalls nicht geeignet, die Voraussetzungen eines Stimmrechtsausschlusses zu Lasten der Klägerin zu begründen. Selbst wenn man entgegen der h.M. (Schneider in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21, Rn. 59; Dehlinger/Zimmermann in: Fuchs, WpHG, § 21, Rn. 27) die Auffassung vertreten wollte, bei der Ermittlung des Stimmanteils des Meldepflichtigen seien von der Gesellschaft selbst gehaltene Aktien nicht zu berücksichtigen, wäre der Fehler in der Mitteilung der Klägerin vom 02.07.2009 minimal. Insbesondere hätte die Klägerin auch bei Nichtberücksichtigung der eigenen Aktien der Beklagten keine weitere Schwelle gemäß § 21 Abs. 1 WpHG überschritten. Unwesentliche Unrichtigkeiten der Mitteilung nach § 21 Abs. 1 WpHG lösen aber keinen Rechtsverlust aus (Dehlinger/Zimmermann in: Fuchs, WpHG, § 28, Rn. 13).

Der Vortrag zur Zurechnung der Stimmrechte der Klägerin zu Herrn F. schließlich ist ohne jede Substanz. Dass Herr F. - ob absichtlich oder versehentlich - im „Cc“ einer eMail betreffend den Verkauf eines Aktienpakets der Klägerin stand, lässt keinerlei Rückschlüsse auf seinen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Klägerin zu.

2. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist ebenfalls unbegründet. Das Landgericht hat das Versäumnisurteil vom 16.02.2011 hinsichtlich der positiven Beschlussfeststellungen zu Recht aufgehoben.

a) Die positive Feststellung der Annahme des Gegenantrags der Beklagten zu TOP 4 kommt nicht in Betracht.

aa) Die Statthaftigkeit der positiven Beschlussfeststellungsklage, bei der es sich der Sache nach um eine Gestaltungsklage handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich anerkannt (BGH NJW 1980, 1465, 1467 f.; BGH, Urteil vom 31.05.2011 - II ZR 216/10 -, Juris-Tz. 9; Hüffer in: MüKo, AktG, § 246, Rn. 85; Drescher in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 246 AktG, Rn. 50). Entwickelt worden ist sie für Fälle der unrichtigen Feststellung ablehnender Beschlüsse. In diesen Fällen ist dem Kläger mit der Feststellung, dass der ablehnende Beschluss nichtig ist, nicht geholfen. Er hat vielmehr ein Interesse an der Feststellung, dass bei richtiger Stimmzählung der beantragte Beschluss gefasst worden wäre (BGH NJW 1980, 1465, 1467; Hüffer in: MüKo, AktG, § 246, Rn. 84). Teilweise wird sogar die Auffassung vertreten, für eine isolierte Anfechtungsklage fehle in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis (Drescher in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 246 AktG, Rn. 50). Neben den Fällen der unrichtigen Stimmzählung hält der Bundesgerichtshof eine positive Beschlussfeststellung auch in solchen Fällen für möglich, in denen die Ablehnung des beantragten Beschlusses darauf beruht, dass Gegenstimmen missbräuchlich unter Verletzung von gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten abgegeben worden sind (BGH NJW 1984, 489, 491 f.; Schwab in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 38).

bb) Vorliegend ficht die Klägerin indessen nicht einen ablehnenden Beschluss an. Ihre Anfechtungsklage richtet sich vielmehr mit Erfolg gegen Beschlüsse, mit denen die Verwaltungsvorschläge zu den TOP 3, 4 und 6 angenommen worden sind. Über die Nichtigkeit dieser Beschlüsse hinaus will sie festgestellt wissen, dass statt dieser Beschlüsse ihr Gegenvorschlag zu TOP 4 angenommen worden ist. Das ist aber schon deshalb nicht möglich, weil über diesen Antrag in der Hauptversammlung gar nicht abgestimmt worden ist. Eine derart isolierte positive Beschlussfeststellungsklage ist abzuweisen (Heer in: ZIP 2012, 803, 808 f.). Das ergibt sich auch aus den Erwägungen des Bundesgerichtshofs, die zur grundsätzlichen Zulassung der positiven Beschlussfeststellungsklage geführt haben:

Zwar könnte es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, daß einerseits der protokollierte Beschluß auf die Anfechtungsklage hin durch ein rechtsgestaltendes Urteil für nichtig erklärt, andererseits ein anderer gültiger Beschluß positiv festgestellt werden soll, obwohl tatsächlich nur ein einziger Beschluß vorliegt (R. Fischer, LM Anm. zu § 53 GmbHG). Dieser Widerspruch löst sich aber zwangslos auf, wenn man bedenkt, daß es hier nicht darum geht, einen mangelhaften und deshalb wirksam angefochtenen Beschluß durch einen überhaupt nicht gefaßten anderen Beschluß zu ersetzen; vielmehr richtet sich die Anfechtungsklage lediglich gegen die Unrichtige Feststellung eines in Wirklichkeit gar nicht so zustande gekommenen Beschlusses, wogegen die damit verbundene Feststellungsklage verbindlich klären soll, was in Wahrheit beschlossen worden ist. Mit der Beseitigung des „Scheinbeschlusses”, der nur bis

zu einem rechtskräftigen Urteil nach § 248 AktG als gefaßt gilt, wird der Weg für die Feststellung des richtigen Beschlußergebnisses frei (…).

BGH NJW 1980, 1465, 1467 (unter III.3.a), Unterstreichung nicht im Original)

Grundlage für die Zulassung der positiven Feststellungsklage war mithin gerade der Umstand, dass nur ein bei zutreffender Bewertung tatsächlich gefasster, nicht aber ein bloß fiktiver Beschluss festgestellt werden kann. Die Möglichkeit der Feststellung eines Beschlussergebnisses, über das nicht abgestimmt wird, wird in der Literatur nur vereinzelt vertreten (Heidel in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Auflage, § 246 AktG, Rn 12a).

Dass die Feststellung der Annahme eines Antrags, über den nicht abgestimmt worden ist, ausscheidet, folgt auch zwingend daraus, dass ein fiktives Abstimmungsergebnis nicht vorhersehbar ist, und zwar weder mit absoluter noch mit einer dem Beweismaß des § 286 ZPO genügenden Sicherheit. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle der Feststellung der Ablehnung eines Vorschlags weitere Gegenvorschläge gemacht worden wären, die ggfls. zu einem anderen als dem zuvor verabredeten Stimmverhalten geführt hätten.

Ob hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn im Einzelfall nur ein einziges Beschlussergebnis mit Gesetz oder Satzung in Einklang stehen kann oder aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten allein die die Annahme einer bestimmten Beschlussvorlage in Betracht kommt, bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Fallgestaltung liegt nicht vor. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats bewusst eine Abstimmung über den Beschlussantrag der Beklagten zu TOP 4 verhindert hat, was ebenfalls möglicherweise Anlass bieten könnte, eine positive Beschlussfeststellung zuzulassen.

b) Aus diesen Gründen war die Klage auch hinsichtlich der ursprünglich begehrten Feststellungen zu TOP 6 unbegründet, so dass eine Feststellung der Hauptsacherledigung insoweit ausscheidet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Revision zuzulassen ist, liegen hinsichtlich der Berufung der Beklagten vor. In der entscheidungserheblichen Frage, ob den Legitimationsaktionär eine Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1 WpHG trifft, weicht der Senat von der Auffassung des OLG Stuttgart im Urteil vom 10.11.2004 - 20 U 16/03 - (Juris-Tz. 45) ab.

Hinsichtlich der Berufung der Klägerin ist ein Zulassungsgrund dagegen nicht ersichtlich. Die Frage, in welchem Umfang die positive Beschlussfeststellungsklage zulässig ist, ist höchstrichterlich geklärt. Eine hiervon abweichende, vereinzelt gebliebene Literaturauffassung führt nicht zu einer Rechtsunsicherheit, die eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich erscheinen lässt.

Streitwert für das Berufungsverfahren:              100.492,60 €