OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.02.2012 - 6 B 181/12
Fundstelle
openJur 2012, 84944
  • Rkr:

Unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume schließen die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen nicht aus, solange auf der Grundlage dieser Beurteilungen ein Qualifikationsvergleich nach Bestenauslesegrundsätzen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich bleibt (wie Beschluss vom 22. September 2011 - 6 A 1284/11 -).

Für eine konkrete Verwendungsentscheidung ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Mit der Beschwerde wird vergeblich geltend gemacht, die streitgegenständliche Auswahlentscheidung stehe nicht im Einklang mit dem "Gebot der Berücksichtigung gleicher Beurteilungszeiträume und Beurteilungsstichtage". Der Antragsgegner hätte - mit der Folge einer abweichenden Auswahlentscheidung - die vorangegangene dienstliche Beurteilung des Beigeladenen (vom 2. Oktober 2009) heranziehen müssen, weil der Leistungsvergleich auf der Grundlage aktueller und weitestmöglich vergleichbarer dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen habe.

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller, inhaltlich aussagekräftiger dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102.

Die Beurteilungszeiträume, die die Beurteilungen erfassen, müssen dabei so lang bemessen sein, dass über jeden Bewerber verlässliche, auch langfristige Aussagen getroffen werden können. Unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume schließen die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen nicht aus, solange im Einzelfall auf der Grundlage dieser Beurteilungen ein Qualifikationsvergleich nach Bestenauslesegrundsätzen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich bleibt. Dass die Beurteilungszeiträume (annähernd) gleich lang sind, ist nicht erforderlich

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. September 2011 - 6 A 1284/11 -, juris, und vom 26. Januar 2009 - 6 B 1594/08 -, RiA 2009, 140; Hamb. OVG, Beschluss vom 25. April 2008 - 1 Bs 52/08 -, DÖD 2008, 263.

Gemessen daran bildeten - entgegen der Auffassung des Antragstellers - die für ihn sowie für den Beigeladenen vorliegenden dienstlichen Beurteilungen jeweils vom 2. September 2011 eine taugliche Entscheidungsgrundlage für die Auswahlentscheidung. Sie waren, da das Ende des Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der im Oktober 2011 getroffenen Entscheidung nur einige Monate zurücklag, hinreichend aktuell. Diese aktuellen Beurteilungen decken übereinstimmend die letzten 1 ¾ Jahre bis zum Beurteilungsstichtag ab: Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 2. September 2011 erfasst den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. März 2011, die des Beigeladenen den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 31. März 2011. Für die Abweichung hat sich der Antragsgegner darauf gestützt, dass für den Beigeladenen eine sogenannte "Nachbeurteilung" für den Beurteilungszeitraum vom 11. Dezember 2007 bis zum 30. Juni 2009 vorlag, was wiederum darauf beruht, dass ihm unter dem 10. Dezember 2007 für den Zeitraum vom 10. März 2003 bis zum 10. Dezember 2007 eine Beurteilung aus besonderem Anlass erteilt worden war.

Für die Eignung der genannten aktuellen Beurteilungen als Vergleichsgrundlage ist maßgeblich, dass die von ihnen erfassten Beurteilungszeiträume zum gleichen Stichtag enden. Für eine konkrete Verwendungsentscheidung ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend; Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind für die Entscheidung regelmäßig von geringerem Gewicht. Daher ist für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Stichtag oder zumindest nicht zu erheblich auseinander fallenden Stichtagen endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Stichtag beginnt.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller ferner geltend, der Antragsgegner hätte - mit der Folge eines abweichenden Entscheidungsergebnisses - die vorangegangene dienstliche Beurteilung des Beigeladenen in den Blick nehmen müssen, wobei aufgefallen wäre, dass er - der Antragsteller - im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 1. Juli 2009 besser abgeschnitten habe als der Beigeladene. Das Vorbringen krankt schon daran, dass die Annahme, der Antragsteller habe in dem benannten Zeitraum bessere Leistungen erbracht, spekulativ ist. Die ihm erteilte dienstliche Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. März 2011, mit der ihm als Gesamtnote der Leistungsbeurteilung vier Punkte zuerkannt und er als "für eine Beförderung gut geeignet" erachtet worden ist, stellt eine zusammenfassende Bewertung der im gesamten Zeitraum gezeigten Leistung und Befähigung dar. Eine separate Beurteilung seiner Leistung und Befähigung im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 1. Juli 2009 liegt nicht vor. Der Beurteilung ist auch nicht zu entnehmen, dass die Leistungen des Antragstellers im Beurteilungszeitraum gleichmäßig gut waren; es ist durchaus möglich, dass die positive Beurteilung auf einer Steigerung gerade in den letzten beiden Jahren des Beurteilungszeitraums beruht. Im Übrigen kann bezüglich dieses Beschwerdevorbringens auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden, wonach es mit dem Bestenauslesegrundsatz unvereinbar gewesen wäre, einen Qualifikationsvorsprung des Beigeladenen unter Hinweis auf die Beurteilung seiner Leistungen in einer im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits mehr als zwei Jahre zurückliegenden Zeitspanne abzulehnen.

Ein Verstoß gegen das "Gebot der gleichmäßigen Anwendung erlassener Beurteilungsrichtlinien" ist nach alledem nicht ersichtlich. Auf das Beschwerdevorbringen zur selbständig tragenden Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts einzugehen, erübrigt sich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.