LAG Köln, Urteil vom 25.02.2011 - 3 Sa 673/10
Fundstelle
openJur 2012, 78929
  • Rkr:

Parallelsache zu 3 Sa 1470/09.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16.12.2009 – 2 Ca 1638/09 G – abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die vereinbarte Befristung zum 31.01.2011 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung und den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war bei der A GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgängern im Betrieb in B bis zum 31.05.2008 tätig. Die Insolvenzschuldnerin beschäftigte dort ca. 1600 Arbeitnehmer.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 01.04.2007 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter führte den Geschäftsbetrieb zunächst fort und versuchte in der Folgezeit den Betrieb zu veräußern. Am 21.03.2008 schloss er mit der Beklagten, die seinerzeit noch als N mbH firmierte, einen Kaufvertrag über die Betriebsmittel der Insolvenzschuldnerin. Dieser Kaufvertrag stand ursprünglich u.a. unter der sog. Closing-Bedingung, dass sämtliche Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin an den hier maßgeblichen Standorten dem Insolvenzverwalter ein unwiderrufliches Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages zur Aufhebung des Arbeitsvertrages mit der Insolvenzschuldnerin und zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft unterbreiten. Am 31.05.2008 – wenige Minuten vor dem geplanten Erwerb - wurde der Vertrag einvernehmlich ergänzt und eine geringfügige Abweichung von der vorgenannten 100%-Quote vereinbart. Einen Tag vorher, am 30.05.2008, hatte der Insolvenzverwalter die Arbeitsverhältnisse der 64 Arbeitnehmer, die bis zu diesem Zeitpunkt den dreiseitigen Vertrag noch nicht unterzeichnet hatten, fristlos gekündigt. Ebenfalls am 31.05.2008 bestätigten der Insolvenzverwalter und die NC Beteiligungsgesellschaft mbH, dass die vorgenannten Kaufverträge über alle wesentlichen Vermögensgegenstände der Insolvenzschuldnerin vollzogen werden (Bl. 100 d. A.).

Bereits zuvor hatte die Beklagte, wiederum noch als N mbH firmierend, am 12.03.2008 mit dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie NRW und der IG Metall Bezirksleitung NRW einen Betriebs- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BTV) abgeschlossen. Nach der Vorbemerkung zu diesem BTV beabsichtigt die Beklagte, Vermögensgegenstände der in der Insolvenz befindlichen Insolvenzschuldnerin zu erwerben. Als Voraussetzung für den Vollzug der Transaktion wird u.a. die aktive Unterstützung und Erbringung von Sanierungsbeiträgen der IG Metall und der Arbeitnehmervertreter ausdrücklich benannt. § 3 BTV legt fest, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs 1.132 unbefristete und 400 befristete Arbeitnehmer (inklusive der Auszubildenden) in dem streitbefangenen Betrieb beschäftigen wird.

Ebenfalls rund einen Monat vor dem Vollzug des Kaufvertrages hatte der Insolvenzverwalter am 28.04.2008 mit dem Betriebsrat und der IG Metall eine zugleich als Interessenausgleich und Tarifvertrag geltende Betriebsvereinbarung (BV Auffangstrukturen) geschlossen. § 3 dieser BV Auffangstrukturen lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 3 Interessenausgleich und Sozialplan

(1) Gegenstand und Durchführung der Betriebsänderung. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Betriebes ist eine Fortführung im Rahmen des Insolvenzverfahrens auf Grund der weiterhin entstehenden Verluste, die zu einer Masseschmälerung führen würden, nicht möglich. Eine Übertragung des Betriebs auf einen Betriebserwerber ist deshalb zwingend notwendig, ansonsten muss der Betrieb vom Insolvenzverwalter abgewickelt und zum nächst möglichen Zeitpunkt stillgelegt werden. ...

Zur Vermeidung der Betriebsstilllegung ohne übertragende Sanierung ist daher geplant, die Betriebsmittel der I zum 01.06.2008 an einen Dritten zu übertragen. Der Dritte (die N mbH ...) hat jedoch die vorherige Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten verbunden mit dem Übertritt in eine Transfergesellschaft zur Bedingung der Übernahme der Betriebsmittel gemacht, weil eine Fortführung des Betriebes mit der gesamten Belegschaft und auch der Eintritt in alle Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB aus seiner Sicht nicht möglich ist. ..."

In § 4 der BV Auffangstrukturen heißt es u.a.:

"§ 4 Finanzierung der Transfergesellschaft

... Berechnungsgrundlage dieser Finanzierungszusage ist, dass von den in die Transfergesellschaft zum 01.06.2008 übergetretenen Beschäftigten nach dem 01.06.2008 maximal 50 Beschäftigte verbleiben ..."

Integraler Bestandteil dieser BV Auffangstrukturen sind als verbundene Anlagen u.a. eine Namensliste aller Beschäftigten nach § 125 InsO, die Musterfassung eines dreiseitigen Vertrages sowie ein Insolvenzsozialplan.

Am 03.05.2008 fand eine Betriebsversammlung statt. Hier wurde die gesamte anwesende Belegschaft ausführlich über das den oben genannten Vereinbarungen zugrunde liegende BQG-Modell informiert. Die Information erfolgte durch den Insolvenzverwalter sowie Vertreter der Transfergesellschaft und der Beklagten. Alle Arbeitnehmer erhielten sodann den oben genannten dreiseitigen Vertrag zur Aufhebung des Arbeitsvertrages mit der Insolvenzschuldnerin und zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft sowie vier weitere Vertragsdokumente (jeweils in zweifacher Ausfertigung). Wesentlicher Inhalt des dreiseitigen Vertrages war die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Insolvenzschuldnerin zum 31.05.2008, 24:00Uhr und die Begründung eines neuen sachgrundlos auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnisses mit der m Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft mit Wirkung zum 01.06.2008, 00:00 Uhr. Bei den weiteren Vertragsdokumenten handelte es sich um einen unbefristeten und drei unterschiedlich lange (12, 20, 32 Monate) befristete Arbeitsverträge mit der Beklagten, jeweils beginnend am 01.06.2008, 00:30 Uhr. Die Arbeitnehmer sollten sowohl den dreiseitigen Vertrag als auch sämtliche vier Arbeitsvertragsangebote unterschrieben zurückreichen.

Der Kläger unterzeichnete den dreiseitigen Vertrag und gab die vier vorbereiteten schriftlichen Vertragsangebote ab. Am 30.5.2008 nahm die Beklagte das Angebot des Klägers auf Abschluss eines auf 32 Monate bis zum 31.01.2011 befristeten Arbeitsvertrages an. Insgesamt nahm die Beklagte, wie im BTV vorgesehen, rund 1500 Arbeitsvertragsangebote an, von denen 400 auf Abschluss befristeter Verträge gerichtet waren. Mit diesen Arbeitnehmern und den von der Insolvenzschuldnerin erworbenen Betriebsmitteln führte sie die Produktion in der bisherigen Betriebsstätte am 01.6.2008 fort. Ob die ansonsten kontinuierliche Produktion am Sonntag, den 01.06.2008 für 24 Stunden unterbrochen war, ist streitig.

Mit seiner am 25.06.2009 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangen Klage macht der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten über das vereinbarte Befristungsende hinaus geltend. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung verstoße gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 TzBfG. Wegen des erfolgten Betriebsübergangs sei die Beklagte als "derselbe Arbeitgeber" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Außerdem überschreite die Befristungsdauer die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässige Höchstgrenze von zwei Jahren.

Der Kläger hat weiter gemeint, der dreiseitige Vertrag sei wegen Umgehung des § 613a BGB unwirksam, denn er habe der Umgehung der ansonsten bei Kündigungen erforderlichen Sozialauswahl gedient. Diese Vereinbarung stelle auch kein Risikogeschäft im Sinne der sog. BQG-Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar. Zum einen sei auf der Betriebsversammlung erklärt worden, dass rund 1500 Mitarbeiter weiter beschäftigt würden und lediglich rund 50 Arbeitnehmer in der Transfergesellschaft verbleiben müssten. Zum anderen unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich von denen der bisherigen BAG-Rechtsprechung, da hier der Erwerber bei Abgabe der Vertragsangebote bereits festgestanden habe. In dieser Situation sei der dreiseitige Vertrag bei realistischer Betrachtung nichts anderes als ein einseitiges Angebot des Klägers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass der Erwerber dies nicht fortsetzen wolle. Eine solche Vereinbarung sei von § 613a BGB nicht gedeckt.

Der Kläger hat ferner mit Schreiben vom 22.10.2008 und 29.05.2009 gegenüber dem Insolvenzverwalter und der Transfergesellschaft die Anfechtung des dreiseitigen Vertrages wegen arglistiger Täuschung und Drohung erklärt. Hierzu hat er behauptet, er sei getäuscht worden, da das sog. Closing durchgeführt worden sei, obwohl 64 Arbeitnehmer den dreiseitigen Vertrag nicht unterschrieben hatten. Jedenfalls sei die im dreiseitigen Vertrag vereinbarte Bedingung nicht eingetreten, da es wegen der fehlenden Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages durch sämtliche Arbeitnehmer an einer wesentlichen Voraussetzung für das Closing gefehlt habe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die vereinbarte Befristung zum 31.01.2011 aufgelöst werden wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat das Vorliegen eines Betriebsübergangs bestritten. Sie hat ferner die Auffassung vertreten, die streitgegenständliche Befristung sei rechtswirksam. Die Befristungsdauer von 32 Monaten sei nach § 14 Abs. 2a TzBfG zulässig, da es sich bei der Beklagten um ein neu gegründetes Unternehmen handele. Das gelte selbst dann, wenn die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB gegeben wären.

Die Beklagte hat weiter gemeint, auch der dreiseitige Vertrag sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liege insoweit keine Umgehung des § 613a BGB vor. Auch eine Umgehung der Sozialauswahl sei nicht erfolgt. Die Beklagte habe vielmehr das nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässige sog. BQG-Modell nach der Dörries-Scharmann-Rechtsprechung zugrunde gelegt und auf diese Weise eine Vielzahl von Arbeitsplätzen gesichert. Der dreiseitige Vertrag sei ein sog. Risikogeschäft im Sinne dieser Rechtsprechung. Auch ein fehlender Bedingungseintritt könne nicht eingewandt werden, da die vom Kläger behauptete Bedingung gar nicht vereinbart worden sei.

Die Beklagte hat bestritten, weitergehende, über den Inhalt der im Rahmen der Betriebsversammlung am 03.05.2008 erteilten Informationen hinausgehende Zusagen gemacht zu haben. Insbesondere sei nicht zugesagt worden, nahezu alle Arbeitnehmer zu übernehmen. Schließlich fehle es auch an den Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 123 BGB.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 154 ff. d. A.) Bezug genommen. Gegen dieses ihm am 11.01.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.02.2010 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 12.04.2010 begründet.

Zur Berufungsbegründung behauptet der Kläger, es liege ein Betriebsübergang auf die Beklagte vor, der am 01.06.2008 um 00:00 Uhr vollzogen worden sei. Die Beklagte habe sämtliche Vermögenswerte der Insolvenzschuldnerin übernommen. Mit Ausnahme der halbstündigen Unterbrechung am 01.06.2008 zwischen 00:00 Uhr und 00:30 Uhr sei die Produktion nahtlos fortgeführt worden. Abgesehen von den unwirksam außerordentlich gekündigten sowie den wenigen in der Beschäftigungsgesellschaft verbliebenen Arbeitnehmer habe die Beklagte die gleichen Aufträge mit den gleichen Produktionsmitteln und dem gleichen Material sowie der im wesentlichen gleichen Belegschaft unverändert fortgeführt. Da es sich bei dem Betrieb der Insolvenzschuldnerin um einen sog. betriebsmittelgeprägten Betrieb gehandelt habe, mache dies einen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB aus. Hiervon ausgehend stelle der dreiseitige Vertrag ein Umgehungsgeschäft dar. Der zugehörige Aufhebungsvertrag sei vom Kläger nicht freiwillig unterzeichnet worden. Ein Risikogeschäft im Sinne der einschlägigen BAG-Rechtsprechung liege nicht vor. Außerdem meint der Kläger, dass bereits aus dem lediglich 29-minütigen Verbleib in der Transfergesellschaft ersichtlich sei, dass die Übernahme in diese Gesellschaft nur zum Schein erfolgt sei. Folge des Betriebsübergangs sei außerdem, dass der befristete Arbeitsvertrag gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verstoße. § 14 Abs. 2a TzBfG sei nicht einschlägig, da die Beklagte ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden sei, um den Betrieb der Insolvenzschuldnerin zu übernehmen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16.09.2009, Az. 2 Ca 1638/09 G, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die vereinbarte Befristung zum 31.01.2011 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt der Entscheidung des Arbeitsgerichts bei und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie bestreitet weiterhin das Vorliegen eines Betriebsübergangs und hält den dreiseitigen Vertrag für rechtswirksam. Weder sei der Wechsel des Klägers in die Transfergesellschaft nur zum Schein erfolgt, noch fehle es an der erforderlichen Freiwilligkeit des Klägers. Dem Kläger sei aufgrund der Hinweise in der Betriebsversammlung bewusst gewesen, dass es sich bei dem dreiseitigen Vertrag um ein Risikogeschäft handele. Dieses sei er freiwillig eingegangen. Ein Scheingeschäft liege nicht vor, da jeder Arbeitnehmer damit habe rechnen müssen, in der Transfergesellschaft zu verbleiben. Dass die Transfergesellschaft nicht zum Schein eingerichtet worden sei ergebe sich ferner daraus, dass diese ab Juni 2008 für über 80 Arbeitnehmer Transfer- und Qualifizierungsleistungen erbracht habe und dies für viele nach Ablauf der jeweiligen Befristungen bei der Beklagten ausgeschiedenen Arbeitnehmer auch jetzt noch tue. Außerdem spreche die Zustimmung und Unterstützung der beteiligten Betriebsräte und der Gewerkschaft bei der gesamten Transaktion gegen ein Scheingeschäft.

Die Beklagte habe auch keine Sozialwahl umgangen, denn Alter und Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer hätten für sie bei den Einstellungsentscheidungen keine wesentliche Rolle gespielt. Der Beklagten sei es vielmehr um eine betriebsgerechte Besetzung der einzelnen Funktionen gegangen. Sogar langfristig erkrankte Arbeitnehmer seien "ausgewählt" worden. Auch eine Umgehung von § 613a BGB liege nicht vor. Die Beklagte habe allenfalls die Rechtsfolgen dieser Vorschrift vermieden, was rechtlich nicht zu beanstanden sei.

Die Beklagte meint weiter, wegen des fehlenden Betriebsübergangs habe auch kein Vor-Arbeitsverhältnis mit der Beklagten im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestanden. Im Übrigen sei auch die Befristungsdauer nicht zu beanstanden, da § 14 Abs. 2a TzBfG eingreife. Selbst wenn ein Betriebsübergang vorläge, hätte die Beklagte nach dieser Vorschrift als neu gegründetes Unternehmen eine sachgrundlose Befristung über 32 Monate vereinbaren können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Feststellungsklage ist begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht durch die vereinbarte Befristung beendet worden, sondern besteht über den 31.01.2011 hinaus fort.

1. Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben. Die Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Das Arbeitsverhältnis war auf den 31.01.2011 befristet, die vorliegende Klage ist am 25.06.2009 beim Arbeitsgericht eingegangen. Eine solche Geltendmachung vor Fristbeginn ist unproblematisch möglich und wahrt die gesetzliche Frist (BAG, Urteil vom 13.10.2004 – 7 AZR 654/03 -, NZA 2005, 469; BAG, Urteil vom 21.12.2005 – 7 AZR 541/04 -, NZA 2006, 321).

2. Zwischen den Parteien besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Sowohl der dreiseitige Vertrag zwischen Kläger, Insolvenzverwalter und der Transfergesellschaft M GmbH als auch der befristete Arbeitsvertrag mit der Beklagten sind nach § 134 BGB unwirksam, da sie eine Umgehung des § 613a Abs. 1 BGB darstellen. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist zwingendes Recht. Eine Vereinbarung, die dagegen verstößt, ist nach § 134 BGB unwirksam (ständige Rechtsprechung des BAG seit BAG, Urteil vom 29.10.1975 – 5 AZR 444/74 -, BAGE 27, 291; zuletzt BAG, Urteil vom 19.03.2009 – 8 AZR 722/07 -, NZA 2009, 1091).

a) Die Beklagte hat den Betrieb der Insolvenzschuldnerin, in dem der Kläger beschäftigt war, gemäß § 613a Abs. 1 BGB übernommen.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteiles auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist dabei die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche, den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie z.B. ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden oder den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (zuletzt BAG, Urteil vom 23.09.2010 – 8 AZR 567/09 -, NZA 2011, 197; BAG, Urteil vom 24.04.2008 – 8 AZR 268/07 -, NZA 2008, 1314 jeweils m. w. Nachweisen).

Bei betriebsmittelarmen und dienstleistungsorientierten Branchen und Arbeitszwecken, bei denen es wesentlich auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch ihre gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit in diesem Sinne darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hat. Die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) stellt hingegen keinen Betriebsübergang dar (vgl. BAG, Urteil vom 21.05.2008 – 8 AZR 481/07 -, EzA § 613a BGB 2002 Nr. 96). In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (BAG, Urteil vom 06.04.2006 – 8 AZR 249/04 -, BAGE 117, 362; BAG, Urteil vom 23.09.2010 – 8 AZR 567/09 -, NZA 2011, 197 jeweils m. w. Nachweisen).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB hier erfüllt. Der Kläger hat im einzelnen vorgetragen, die Beklagte habe sämtliche Vermögenswerte der Insolvenzschuldnerin, die einen sog. betriebsmittelgeprägten Betrieb geführt habe, aufgrund eines Kaufvertrages übernommen. Die Produktion sei mit Ausnahme einer halbstündigen Unterbrechung am 01.06.2008 zwischen 00:00 Uhr und 00:30 Uhr nahtlos fortgeführt worden. Dabei habe sie die gleichen Aufträge am gleichen Produktionsort mit den gleichen Produktionsmitteln und dem gleichen Material sowie der im Wesentlichen gleichen Belegschaft unverändert fortgeführt. Abgesehen von den unwirksam außerordentlich gekündigten sowie den wenigen in der Beschäftigungsgesellschaft verbliebenen Arbeitnehmern seien alle früheren Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin von der Beklagten eingestellt worden. Insbesondere der Weiterführung der laufenden Aufträge komme dabei besondere Bedeutung zu, wie sich aus dem eigenen Vortrag der Insolvenzschuldnerin ergebe, die in den Kündigungsschutzverfahren selbst vorgetragen habe, dass der Verlauf zwischen Auftragsvergabe und Produktionsaufnahme in der Regel mindestens zwei Jahre betrage. Ohne Fortführung der Aufträge sei daher der Betrieb nicht lebensfähig.

Diesem Vortrag des Klägers ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat zuletzt lediglich eingewandt, der Kläger habe nicht hinreichend zur betrieblichen Organisation vorgetragen und ohnehin habe am 01.06.2008 gar kein Betrieb übergehen können, da mit der vertraglichen Aufhebung der Arbeitsverhältnisse und der außerordentlichen fristlosen Kündigung aller derjenigen Arbeitnehmer, die die dreiseitigen Verträge nicht unterzeichnet hatten, die Identität der wirtschaftlichen Einheit zerfallen sei. Letzteres ist ein offensichtlicher Zirkelschluss, da die Wirksamkeit der Aufhebungsverträge gerade vom Vorliegen eines Betriebsübergangs und dessen Umgehung abhängt. Die desweiteren angesprochenen fristlosen Kündigungen sind soweit sie von den gekündigten Arbeitnehmern gerichtlich angegriffen worden sind, von der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln für unwirksam erachtet worden (vgl. LAG Köln, Urteil vom 11.12.2009 – 11 Sa 85/09 -). Weiterer Vortrag des Klägers zur betrieblichen Organisation ist bei der dargelegten Fortführung sämtlicher Aufträge der Insolvenzschuldnerin mit den vorhandenen Produktionsmitteln an der gleichen Produktionsstätte mit der im Wesentlichen identischen Belegschaft nicht erforderlich. Erkennbar soll mit dem Sachvortrag des Klägers zum Ausdruck gebracht werden, dass der Betrieb in der bestehenden Form von der Beklagten weitergeführt wird. Bei diesem Sachvortrag wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, ihrerseits substantiiert Einwände vorzutragen. Das ist nicht geschehen. Unerheblich im Rahmen der Gesamtbetrachtung ist insoweit der zwischen den Parteien streitige Umstand, ob der Betrieb von der Beklagten nahtlos fortgeführt, oder ob die Arbeit am 01.06.2008 erst mit der Nachtschicht um 22:00 Uhr wieder aufgenommen worden ist. Selbst eine 24-stündige Unterbrechung änderte nichts an der erfolgten Fortführung der bestehenden wirtschaftlichen Einheit.

b) Rechtsfolge dieses Betriebsübergangs ist gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB der Eintritt der Beklagten in die Rechte und Pflichten der im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse. Diese Rechtsfolge erfasst auch das Arbeitsverhältnis des Klägers, denn der dreiseitige Vertrag vom 13./20.05.2008, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Kläger und Insolvenzschuldnerin zum 31.05.2008, 24:00 Uhr beinhaltet, ist wegen Umgehung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß § 134 BGB ebenso unwirksam wie der befristete Arbeitsvertrag des Klägers mit der Beklagten.

aa) Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem Betriebsveräußerer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrages mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) trotz eines anschließenden Betriebsübergangs grundsätzlich wirksam, wenn die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. Es komme vor allem darauf an, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag freiwillig abschließe, die BQG zwischengeschaltet sei und der Arbeitnehmer keine sichere Aussicht darauf habe, bei dem Erwerber eingestellt zu werden (vgl. BAG, Urteil vom 10.12.1998 – 8 AZR 324/97 -, NZA 1999, 422; BAG, Urteil vom 18.08.2005 – 8 AZR 523/04 -, NZA 2006, 145; BAG, Urteil vom 23.11.2006 – 8 AZR 349/06 -, NZA 2007, 866).

Etwas anderes gilt nach dieser Rechtsprechung nur dann, wenn der Aufhebungsvertrag die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes bezweckt, weil zugleich ein neues Arbeitsverhältnis vereinbart oder zumindest verbindlich in Aussicht gestellt wird. Eine Umgehung könne danach allenfalls dann vorliegen, wenn die Übernahme in eine Beschäftigungsgesellschaft nur zum Schein vorgeschoben oder offensichtlich bezweckt werde, die Sozialauswahl zu umgehen. Das Bundesarbeitsgericht führt insofern aus, die Umgehung versuche ein rechtlich unerlaubtes Ziel auf einem scheinbar gangbaren Weg zu erreichen. Dabei werde der "Wortlaut" des Gesetzes zwar vielleicht formal erfüllt, ohne aber seinem Sinn und Zweck gerecht zu werden. Bei der Umgehung sei also nicht nur ein bestimmter Weg zum Ziel, sondern das Ziel selbst verboten (vgl. BAG, a.a.O.).

bb) Wendet man diese Grundsätze der BAG-Rechtsprechung im vorliegenden Fall an, ist eine objektive Gesetzesumgehung zu bejahen. Denn eine Betrachtung der Gesamtumstände ergibt, dass das Ziel des Aufhebungsvertrags zwischen Kläger und Insolvenzschuldnerin nicht in der endgültigen Beendigung der Vertragsbeziehungen bestand, sondern vielmehr für die Beklagte in der Betriebsübergangssituation bei Fortführung des Betriebs der Insolvenzschuldnerin eine freie Auswahl der Arbeitnehmer gewährleistet werden sollte.

Dahingestellt bleiben kann dabei, ob bei dem vorliegend zugrunde gelegten Vertragsmodell angenommen werden kann, dass dem Kläger ein neues Arbeitsverhältnis verbindlich in Aussicht gestellt worden ist. Festzuhalten bleibt zunächst die formale Argumentation der Beklagten, dass dem Kläger im Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages unstreitig keine verbindliche Zusage gemacht worden ist, er werde bei der Beklagten weiterbeschäftigt werden. Allerdings bleibt fraglich, ob bei richtigem Verständnis der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei dieser formalen Betrachtung stehengeblieben werden kann. Denn zu diesem Zeitpunkt stand aufgrund der Regelungen im Betriebs- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag vom 12.03.2008 (§ 3 Abs. 1 BTV) fest, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs 1.532 Arbeitnehmer inkl. Auszubildenden beschäftigen würde. Auch in § 4 der ebenfalls vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrages unterzeichneten Betriebsvereinbarung Auffangstrukturen vom 28.04.2008 gehen die Beteiligten (Insolvenzverwalter, Betriebsrat und IG Metall) davon aus, dass nach dem 01.06.2008 maximal 50 Arbeitnehmer in der Transfergesellschaft verbleiben. Selbst unter Hinzurechnung der 64 fristlos gekündigten Arbeitnehmer, die den dreiseitigen Vertrag nicht unterschrieben hatten, ergibt sich damit eine "Weiterbeschäftigungsquote" von rund 93%. Dies legt durchaus nahe, von einer nahezu verbindlichen Aussicht im oben genannten Sinne zu sprechen.

Entscheidend für die Qualifizierung als Umgehungsgeschäft ist demgegenüber die offensichtliche Zweckrichtung der gesamten Vertragsgestaltung. Diese beruht auf einem geplanten, zielgerichteten Vorgehen aller beteiligten Parteien, wobei letztlich die Vorgaben der Beklagten hinsichtlich der "personellen Bereinigung" von wesentlicher Bedeutung gewesen sind. Die Beklagte gibt selbst an, dass sie den von ihr als Erwerb von Betriebsmittel bezeichneten, oben näher dargestellten Betriebserwerb unter anderem davon abhängig gemacht habe, dass alle im Betrieb B beschäftigten Arbeitnehmer den oben genannten dreiseitigen Vertrag unterzeichnen. Dementsprechend heißt es in § 3 der BV Auffangstrukturen vom 28.04.2008 auch, dass "der Erwerber die vorherige Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten verbunden mit dem Übertritt in eine Transfergesellschaft zur Bedingung der Übernahme der Betriebsmittel gemacht hat". Eine solche gezielte Schaffung eines arbeitnehmerfreien Betriebs zwecks Erwerbs aller wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel bei gleichzeitig von vornherein geplanter "Neu"- Einstellung des wesentlichen Teils der früheren Belegschaft läuft dem Normzweck des § 613a Abs. 1 BGB diametral zuwider. Schon in frühen Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass dieser insbesondere darin bestehe, den sozialen Besitzstand der Arbeitnehmer zu erhalten und einen lückenlosen Bestandsschutz zu gewähren (BAG, Urteil vom 22.02.1978, DB 1978, 1453; BAG, Urteil vom 26.02.1987, DB 1987, 991).

Daher hat das Bundesarbeitsgericht in der oben genannten BQG-Rechtsprechung auch nicht allein auf die verbindliche Inaussichtstellung eines neuen Arbeitsverhältnisses abgestellt, sondern auch eine offensichtliche Umgehung beispielsweise der Sozialauswahl als unzulässiges Umgehungsgeschäft qualifiziert. Nicht der Weg, sondern das Ziel sei verboten. Genau dies ist hier der Fall. Dabei ist unerheblich, ob es der Beklagten konkret um eine Umgehung der Sozialauswahl gegangen ist. Ausschlaggebend für die Beklagte war nach ihrem eigenen Sachvortrag die so bestehende Möglichkeit, Stellen "betriebsgerecht", also ohne sonstige rechtliche Beschränkungen, mit den zuvor bei der Insolvenzschuldnerin tätigen Arbeitnehmern besetzen zu können. Es ging der Beklagten somit um eine Befreiung von den Restriktionen des § 613a Abs. 1 BGB, nämlich der zwangsläufigen Übernahme aller Arbeitnehmer. Der Umgehungszweck des gesamten aus dreiseitigem Vertrag und Abschluss eines neuen (un-)befristeten Vertrages bestehenden Modells ist damit offensichtlich. Konsequenterweise räumt die Beklagte selbst freimütig ein, dass es ihr um die Vermeidung der Rechtsfolgen des § 613a BGB gegangen ist. Soweit sie meint, dass ein solches Vorgehen rechtlich nicht zu beanstanden sei, lässt sie unberücksichtigt, dass dies nur soweit gilt, wie diese Rechtsfolgenvermeidung nicht im Wege der objektiven Umgehung zwingender Rechtsnormen erreicht wird. Genau das ist aber hier der Fall.

Denselben Umgehungsansatz verfolgt der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts in einer weiteren Entscheidung, bei der es nicht um die Einschaltung einer Transfergesellschaft ging. Hier hat der Senat ausgeführt, dass § 613a BGB insbesondere dann umgangen werde, wenn im Fall eines Betriebsübergangs zugleich mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem bisherigen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsübernehmer vereinbart werde (BAG, Urteil vom 21.05.2008 – 8 AZR 481/07 -, NZA 2009, 144). Die Situation im vorliegenden Fall ist ähnlich. Sie unterscheidet sich nur dadurch, dass die Beklagte bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages ihren umfangsmäßig feststehenden und aus der vorhandenen Belegschaft zu deckenden Personalbedarf noch nicht nach außen personifiziert hatte. Nur der Kläger hatte sich durch die Abgabe der vier Vertragsangebote gebunden. Betrachtet man den Vorgang als Gesamtheit, liegt offensichtlich eine Kontinuität vor, die im Übrigen letztlich auch zur Weiterführung der langfristigen Aufträge erforderlich ist.

Noch deutlicher hat der 8. Senat dies in der eingangs bereits angeführten Entscheidung vom 19.03.2009 (8 AZR 722/07, NZA 2009, 1091) zum Ausdruck gebracht. Danach stellt eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer oder dem in Aussicht genommenen Betriebserwerber dann eine zur Unwirksamkeit nach § 134 BGB führende Umgehung des § 613a Abs. 1 BGB dar, wenn es Grund und Ziel der Vereinbarung ist zu verhindern, dass der künftige Betriebserwerber in sämtliche bestehenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt. Nichts anderes ist hier der Fall. Zusätzlich stellt der Senat dabei noch klar, dass es selbstverständlich keinen sachlichen Grund darstellt, wenn der potentielle Betriebserwerber (wie hier) zum Ausdruck bringt, er werde den Betrieb ohne solche vorherigen Maßnahmen nicht übernehmen.

Zuletzt hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bei einem vergleichbaren Sachverhalt ebenfalls das Vorliegen eines Umgehungstatbestands bejaht (LAG Niedersachsen, Urteil vom 18.02.2010 – 7 Sa 779/09 -, LAGE § 613a BGB 2002 Nr. 29). Wenngleich dort ein noch geringerer Prozentsatz der Belegschaft übernommen wurde und die Auswahl der Arbeitnehmer – anders als im vorliegenden Fall - in einem Losverfahren erfolgte, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt, dass die gewählte Konstruktion erkennbar allein dazu diente, die Kontinuität der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer zu unterbrechen, mit denen der Betrieb letztlich fortgeführt wurde. Ebenso wie hier belegten auch dort alle Begleitumstände, dass von vornherein eine übertragende Sanierung beabsichtigt war (LAG Niedersachen a.a.O.).

Die Auffassungen im Schrifttum sind geteilt. Einerseits wird die Bedeutung des BQG-Modells mit der vom ihm gewährleisteten Möglichkeit sich eine "Wunschmannschaft" zusammenstellen zu können, für die Sanierungspraxis hervorgehoben (vgl. etwa Mehrens, BB 2010, 2184; Fuhlrott/Chwalisz, FA 2011, 38), wobei allerdings auch von den Befürwortern dieses Modells darauf hingewiesen wird, dass die Transfergesellschaft für einen Teil der Arbeitnehmer ihren Zweck erfüllen müsse (Reinhard, ArbRB 2010, 184). Andererseits wird der deutliche Umgehungscharakter dieser Vertragsgestaltung herausgestellt (Küttner/Kreitner, Personalbuch 2011, 18. Aufl., Betriebsübergang Rz. 44).

c) Im Ergebnis bleibt somit festzustellen, dass die gesamte Vertragsgestaltung bestehend aus dreiseitigem Vertrag zwischen dem Kläger, dem Insolvenzverwalter und der Transfergesellschaft sowie neuem befristeten Arbeitsvertrag mit der Beklagten wegen Umgehung des § 613a Abs. 1 BGB gemäß § 134 BGB unwirksam ist und der Kläger wegen des erfolgten Betriebsübergangs in einem unveränderten unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht.

3. Die gleiche Rechtsfolge ergibt sich aus §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 16 TzBfG.

Nach dieser Vorschrift ist die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Zugrunde zu legen ist dabei ein rechtlicher Arbeitgeberbegriff (BAG, Urteil vom 16.07.2008 – 7 AZR 278/07 -, NZA 2008, 1347 m. w. Nachw.). Hieraus folgt, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG im Falle eines nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers vollzogenen Betriebsübergangs auf eine spätere Einstellung des Arbeitnehmers durch den Betriebserwerber keine Anwendung findet (BAG, Urteil vom 18.08.2005 – 8 AZR 523/04 -, NZA 2006, 145; APS/Backhaus, 3. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 398). Das gilt jedoch nicht, wenn wie im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Beendigung auf den Betriebserwerber nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen ist. In diesem Fall besteht gerade gesetzlich angeordnete Arbeitgeberidentität und eine nachträgliche Befristung durch den Betriebserwerber scheidet nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG aus (ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 93; KR/Lipke, 9. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 426; APS/Backhaus, a.a.O.).

4. Auch § 14 Abs. 2a TzBfG vermag die streitgegenständliche Befristung nicht zu rechtfertigen.

Diese Vorschrift erlaubt in den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens grundsätzlich die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages bis zur Dauer von vier Jahren. Mit ihr verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, Existenzgründer zu unterstützen. Ihnen soll gerade in der Aufbauphase, in der der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens noch ungewiss und der Personalbedarf regelmäßig nur schwer abschätzbar ist, die Entscheidung zu Einstellungen erleichtert werden (vgl. zu Normzweck und Entstehungsgeschichte APS/Backhaus, 3. Aufl., § 14 TzBfG rn. 405a ff.).

Dieser Normzweck greift in dem Fall einer gleichzeitig mit der Neugründung des Unternehmens erfolgenden Betriebsübernahme nach § 613a BGB regelmäßig nicht ein. Mangels neuen unternehmerischen Engagements handelt es sich in diesem Fall vielmehr um eine "Umstrukturierung" im Sinne von § 14 Abs. 2a Satz 2 TzBfG (KR/Lipke, 9. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 453). Unter Berücksichtigung der ratio legis des § 14 Abs. 2a TzBfG kann daher in einem solchen Fall von der verlängerten Befristungsmöglichkeit kein Gebrauch gemacht werden (APS/Backhaus, 3. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 415h).

Die 32-monatige Befristungsdauer der streitgegenständlichen Befristung überschreitet daher die selbst im Fall einer bestehenden Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässige Befristungsdauer von 2 Jahren. Dies hat nach § 16 Satz 1 TzBfG die Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Folge.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361 2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

Rechtsanwälte,

Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Dr. Kreitner Kaussen Hennig