VG Hannover, Gerichtsbescheid vom 03.03.2010 - 11 A 726/09
Fundstelle
openJur 2012, 50223
  • Rkr:
Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 13.01.2009 wird insoweit aufgehoben, als dem Kläger darin aufgegeben wurde, pro erwachsenem Tier eine Liegefläche von mehr als 0,3 qm zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen tierschutzrechtliche Auflagen.

Der Kläger ist Schafhalter. Ein Teil seiner Herde - ca. 90 Tiere - befand sich Anfang des Jahres 2009 auf Weiden an der Weser im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Aufgrund einer telephonischen Mitteilung eines Polizeibeamten führten Mitarbeiter des Beklagten am 7.1.2009 dort in Anwesenheit des Klägers eine tierschutzrechtliche Kontrolle durch.

Sie stellten fest, dass für die Tiere weder ein eingestreuter Liegeplatz, noch ein Witterungsschutz und auch kein Zugang zu Wasser vorhanden waren. Unter den Tieren befanden sich frisch geborene Lämmer. Weiter fielen einige Tiere durch Vliesschäden wegen Räudebefalls auf.

Mit dem Kläger wurde die Vereinbarung getroffen, die Schafe auf eine andere Weide umzutreiben. Der dort vorhandene Weideunterstand von 12 qm und eine weiter Fläche 10 bis 12 qm sollten eingestreut und Strohballen als Witterungsschutz dazugestellt werden. Weiter sagte der Kläger zu, einen Tränkebottich auf die Weide zu bringen und die Lämmer und Schafe mit Vliesschäden aufzustallen.

Aufgrund weiterer Beschwerden führte der Beklagte am 09.01.2009 eine Nachkontrolle durch. Folgende Mängel wurden festgestellt: Im Eingangsbereich des Unterstandes lag ein totes Schaf, der Unterstand war nicht eingestreut, darin befanden sich zweckfremde Gegenstände wie Draht und Stühle. Es fehlten die eingestreute Liegefläche außerhalb des Unterstandes und Tränkewasser. Es fanden sich Schafe mit Vliesschäden wegen Räude, ein Ziegenbock mit Lahmheit der Vordergliedmaßen sowie ein stark abgemagerter, moribunder Heidschnuckenbock. Der Kläger sagte zu, noch an dem Tag der Kontrolle Heu und Wasser auf die Weide zu bringen, den moribunden Schafbock, die räudigen Schafe und junge Lämmer aufzustallen sowie eine Räudebehandlung einzuleiten. Die Todesursache des Schafbocks war dem Kläger unbekannt.

Nach einer weiteren Beschwerde über zwei neugeborene Lämmer - eines tot - fand am 10.01.2009 bei einer Außentemperatur von -12 Grad eine weitere Kontrolle statt. Die Mitarbeiter des Beklagten trafen folgende Feststellungen: Offensichtlich hatte ein Schaf frisch abgelammt, ein Lamm war tot. Hinsichtlich der Einstreu, der Tränke und des Zustands im Unterstand waren Änderungen zu dem Befund des Vortags nicht erkennbar. Die räudigen Tiere waren ebenso nach wie vor auf der Weide wie der Ziegenbock mit Lahmheit der Vordergliedmaßen.

Dem Kläger wurde mündlich aufgegeben, die Muttertiere vor dem Lammen aufzustallen, allen Tieren einen Witterungsschutz durch Einstreu auf dem Boden und einen Windschutz durch Rundballen o. Ä. zu verschaffen, die Tiere auf der Weide mindestens einmal täglich ist zu tränken sowie die räudige Tiere von der Weide zu nehmen und gegen Räude zu behandeln.

Am 13.01.2009 ordnete der Beklagten unter Anordnung des Sofortvollzuges und Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes an, ab sofort den Schafen und Ziegen einen trockenen, gegen Regen und Wind geschützten Liegeplatz in ausreichender Größe zur Verfügung zu stellen (0,5 m² pro erwachsenen Tier), Sauglämmer bis zur 4. Lebenswoche oder ältere offensichtlich lebensschwache Lämmer mit den Muttertieren bei Außentemperaturen von 0°C und darunter umgehend aufzustallen oder einzupferchen, zur Ablammung anstehende Schafe sowie Schafe mit Vliesschäden bei Außentemperaturen von 0°C und darunter ebenfalls umgehend aufzustallen oder einzupferchen. Weiter gab er dem Kläger auf, den Schafen und Ziegen Tränkwasser zur freien Aufnahme anzubieten. Falls eine ständige Tränkemöglichkeit nicht zur Verfügung stehe, seien die Tiere mindestens einmal täglich, laktierende Muttertiere zweimal täglich zu tränken; befallene Schafe seien einer Räudebehandlung zu unterziehen. Zur Begründung führte er aus, die bei den Überprüfungen festgestellte Tierhaltung erfordere die angeordneten Maßnahmen. Die „Empfehlungen für die ganzjährige und saisonale Weidehaltung von Schafen" fassten die Anforderungen an eine tierschutzgemäße Schafhaltung zusammen. Diesen Anforderungen genügten die Haltungsbedingungen des Klägers nicht. Alle Schafe benötigten im aufgegebenen Umfang eine eingestreute Liegefläche und einen Witterungsschutz. Insbesondere Mutterschafe während des Ablammens, neugeborene Lämmer und Tiere mit Vliesverlust seien im ungeschützten Freien nicht ausreichend gegen Kälte geschützt. Bei Fütterung von Trockenfutter sei die zusätzliche Aufnahme von Wasser anzubieten. An Räude erkrankte Tiere müssten zur Vermeidung von Gesundheitsschäden behandelt werden.

In der Folge fanden mehrere Überprüfungen statt. Am 22.01.2009 um 9:30 Uhr fanden die Mitarbeiter des Beklagten bei unveränderten Verhältnissen hinsichtlich fehlendem Witterungsschutz, Fehlen von Futter, Schafen mit Vliesschäden und jungen Lämmern auf der Weide ein Schaf vor, das sich nach Feststellungen der anwesenden Veterinärin seit der Nacht unter der Geburt befand, die zum Stillstand gekommen war und Geburtshilfe erforderte, die die Veterinärin leistete. Aufgrund von Beschwerden suchten Mitarbeiter des Beklagten am 09.02. und 10.02. und 11.02.2009 erneut die Schafhaltung des Klägers auf. Relevante Änderungen der Tierhaltung ergaben sich nur hinsichtlich der Versorgung mit Tränkewasser. Ein totes Tier lag auf der Weide, Krähen hatten es bereits angefressen.

Mit Schreiben vom 13.02.2009 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 13.01.2009 erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Den Eilantrag nahm er mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15.04.2009 zurück, verfolgte seine Klage jedoch weiter.

Er ist der Auffassung, seinen Tieren habe stets ein ausreichender Witterungsschutz zur Verfügung gestanden, den die Tiere jedoch nicht benötigten und daher, wenn er angeboten werde, auch nicht aufsuchten. Darüber hinaus sei auch unter Zugrundelegung der neuesten „Empfehlungen für die ganzjährige und saisonale Weidehaltung von Schafen" nur für über 70kg schwere Tiere die geforderte Liegefläche von 0,5 qm erforderlich. Seine Tiere erreichten dieses Gewicht nicht. Der geforderte Witterungsschutz bedürfe als fester Bau einer Baugenehmigung, im Übrigen reichten auch nach den "Empfehlungen" die natürlichen Gegebenheiten auf der Weide wie Dämme und Wälle als natürlicher Witterungsschutz aus. Einen künstlichen Schutz könne der Beklagte rechtmäßig nicht fordern.

Auch die Aufstallungspflicht für frisch geborene Lämmer sei nicht gerechtfertigt. Das Ablammen und die Haltung von Lämmern im Freien sei vorzugswürdig, weil dort ein geringerer Infektionsdruck herrsche. Die Zahl der Totgeburten, Aborte sowie des Verlusts neugeborener Tiere sei auf der Weide wesentlich geringer als bei Stallhaltung. Hinsichtlich der Tränkeverpflichtung sei die Verfügung überflüssig. Obwohl die Tiere Wasser ausreichend durch die Nahrung aufnähmen und ein Tränken daher überflüssig sei, sei er stets bereit gewesen, Wasser zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Auch die Räudebehandlung sei ihm durch Verfügung rechtswidrig aufgegeben worden. Er habe eine ausreichende Räudebehandlung durchgeführt bzw. durchführen lassen. Es sei nicht zu verhindern, dass dies bei einigen Tieren ohne Erfolg bliebe.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 13.01.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus:

Der Kläger habe zum Zeitpunkt der Entscheidung weder über eine eigene Hofstelle noch über eigene Futteranbauflächen oder das notwendigen Zubehör für die Schafhaltung verfügt. Auch seine Sachkunde hebe er trotz wiederholter Anforderungen nicht nachgewiesen. Die Todesrate seiner Tiere - von 160 gehaltenen Tieren seien im Zeitraum November 2008 bis einschließlich 29.04.2009 56 Tiere der Tierverwertung zugeführt worden - lasse an der Sachkunde zweifeln. Selbst wenn wegen des geringeren Gewichts der vom Kläger gehaltenen Tiere eine Fläche von 0,3 qm für ausreichend gehalten werden könnten, hätte der Kläger auch diese dann 27 qm umfassende Einstreufläche nie angeboten. Wegen der geringeren Kältetoleranz dürften Lämmer im Freien nicht ohne Witterungsschutz geboren werden. Angesichts der hohen Verlustrate des Klägers bei Lämmern und der überdurchschnittlichen Zahl schwacher Lämmer sei ein Aufstallen oder Einpferchen wie im Bescheid verlangt geboten, um den notwendigen Wärmeschutz zu gewährleisten. Wegen des offensichtlichen Räudebefalls sei auch deren Behandlung erforderlich, die der Kläger nicht nachgewiesen habe. Von dem nachweislich erworbenen Medikament Dectomax sei nur eine Behandlungsdosis für 20 Schafe entnommen worden.

Wegen des weiteren Sachverhalts im Einzelnen und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagen verwiesen, der beigezogen wurde und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist in dem dem Tenor zu entnehmenden Umfang begründet. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Im Übrigen ist sie unbegründet, weil sich der Bescheid als rechtsfehlerfrei erweist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt ( § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

21Gemäß § 16 a TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen (Satz 1). Sie kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen (Satz 2 Nr. 1). Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss nach § 2 Nr. 1 TierSchG das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Die „Empfehlungen für die ganzjährige und saisonale Weidehaltung von Schafen“ des Nds. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung und des Nds. Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Stand 3/2009 - im Weiteren: Empfehlungen ML- sieht die Kammer als antizipiertes Sachverständigengutachten an (vgl. VG Augsburg: U. vom 13.09.2006 - Au 4 K 04.1258 - zitiert nach juris; VG Oldenburg, U. vom 25.03.2004, - 2 A 1624/00 -). In diesen Empfehlungen hat ausweislich des in der Anlage 10 genannten Personenkreises ein breites Spektrum von Wissenschaftlern, Praktikern, Behörden- und Tierschutzvertretern sein umfassendes Sach- und Fachwissen zusammengetragen. Ergänzend hat das Gericht auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren in Landwirtschaftlichen Tierhaltungen - Empfehlungen für das Halten von Schafen - des Europarates, angenommen vom Ständigen Ausschuss auf dessen 25. Tagung am 06. November 1992 (http://www.coe.int/t/e/legal_affairs/legal_co-operation/biological_safety%2C_use_of_animals/farming/Rec%20sheep%20E.asp, deutsche Übersetzung: http://www.tiho-hannover.de/einricht/itt/lehre/erempf/erschafe.pdf) - im Weiteren: Empfehlungen Europarat - zurückgegriffen.

22Der Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig, soweit dem Kläger eine größere Einstreufläche als 0,3 qm aufgegeben wird. Die Empfehlungen ML sehen die dem Kläger aufgegebene Fläche von 0,5 qm pro Tier von mehr als 70 kg Gewicht vor. Der Beklagte hat nicht bestritten, dass die Tiere des Klägers diese Gewichtsgrenze nicht erreichen. Die Tierschutztransportverordnung - TierSchTrV - vom 11.02.2009 (BGBl I 2009, 375 ) - die zwar zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides noch nicht in Kraft getreten war, deren Maßgaben jedoch zur Bestimmung, welche Fläche unter Tierschutzgesichtspunkten angemessen ist, herangezogen werden können - sieht unter Ziff. 4.3 der Anlage 2) bei Tieren von 50 kg eine Mindestliegefläche für den Transport von 0,3 qm vor. Es handelt sich dabei um das durch Transportnotwendigkeiten begrenzte Mindestplatzangebot. Der Kläger gibt das Gewicht von 30 kg als Regel-, ein Gewicht bis zu 50 kg als Ausnahmefall an. Für Tiere dieser Gewichtskategorie hat er mindestens die in der TierSchTrV genannte Fläche pro Tier eingestreut als Liegefläche vorzuhalten. Soweit die Anforderungen in dem angefochtenen Bescheid darüber hinausgehen, ist deren zwingende Notwendigkeit nicht hinreichend dargetan.

Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Die weiteren Anordnungen des angefochtenen Bescheides sind erforderlich, um die Schafe und Ziegen des Klägers tierschutzgemäß zu ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (§ 2 Nr. 1 TierschutzG).

24Um die Voraussetzungen des § 2 TierschutzG zu erfüllen, muss den Tieren des Klägers ein trockener, gegen Wind und Regen geschützter Liegeplatz zur Verfügung stehen (Ziff. 8 der Empfehlungen). Extrem hohe wie niedrige Temperaturen, sowie hoher Niederschlag oder Luftfeuchtigkeit insbesondere in Verbindung mit Wind führen danach zu einer Unterkühlung des Körpers, die das Wärmeregulierungssystem der Tiere nicht ausgleichen kann. Dazu kommt die Wärmeableitung in den Untergrund - ohne Einstreu - während der Dauer des Wiederkäuens. Entgegen der Auffassung des Klägers reichen die wallartigen Begrenzungen einer Wiese dafür insbesondere im Winter nicht aus. Es handelt sich bei der aufgegebenen Liegefläche auch nicht nur um eine bloße Annehmlichkeit für die Tiere. Nach dem Bekunden des Kreisveterinärs Dr. B. in der mündlichen Verhandlung führt das Fehlen einer isolierten Liegefläche zu verlängerten Standzeiten und damit einer reduzierten Wiederkäuzeit und in deren Folge zu Verdauungsproblemen und vermeidbarem Leiden der Tiere.

Dem Kläger wurde durch die Verfügung nicht vorgegeben, in welcher Weise er diese Voraussetzungen erfüllen muss, insbesondere wurde von ihm nicht die Erstellung von festen, baugenehmigungspflichtigen Bauten verlangt. Es ist aus dem Verwaltungsvorgang erkennbar, dass der Kläger darauf hingewiesen wurde, dass ein akzeptabler Schutz z. B. durch Rundballen am Rand der Einstreufläche hergestellt werden kann. In den vom Kläger selbst herangezogenen Empfehlungen ML ist unter Ziff. 8 ein solcher Schutz dargestellt und daher dem Kläger bekannt. Einer Anordnung fehlt die Bestimmtheit nicht, wenn es dem Betroffenen ermöglicht wird, selbst über die Art ihrer Umsetzung zu entscheiden.

Ebenfalls in Übereinstimmung mit den Empfehlungen ML (Ziff. 7) und den Empfehlungen des Europarates (Art. 28 N. 3. Abs. 2), sind Lämmer nach der Geburt besonders vor Witterungseinflüssen zu schützen. Der Beklagte hat auch hier dem Kläger nicht zwingend vorgegeben, die Lämmer aufzustallen, er kann sie auch im Freien einpferchen. Wenn der Kläger darauf hinweist, dass Lämmer wegen des hohen Infektionsdrucks im Freien besser aufgehoben sind als im Stall, kann er dem auch durch die Wahl des Einpferchens als Schutzmöglichkeit Rechnung tragen. Auch die Empfehlungen ML gehen grundsätzlich mit dem Kläger davon aus, dass eine Freilandhaltung von Schafen auch im Winter der Tiergesundheit förderlich ist. Dies schließt jedoch die Verpflichtung zu einem Witterungsschutz gerade für frisch geborene und lebensschwache Lämmer nicht aus. Im Falle des Klägers ist eine besondere Schutzvorkehrung für diese Lämmer besonders angezeigt. Wenn die Tierkörperbeseitigungsfirma bestätigt, dass sie bei dem Kläger am 13.01.2009 allein acht tote Lämmer entsorgt hat, kann dem Vorbringen des Klägers, bei ihm sterbe kein gesundes Lamm, kaum gefolgt werden.

Auch soweit der Beklagte dem Kläger aufgegeben hat, tragende Mutterschafe vor der Geburt aufzustallen, lässt die Anordnung Fehler nicht erkennen. Beide herangezogene Empfehlungen belegen nachdrücklich, dass Mutterschafe vor der Geburt besonders beobachtet werden müssen und dass für die Geburt ein besonders hoher Witterungsschutz erforderlich ist. Auch wenn der Kläger in Befolgung der Ziff 1.a. der Anordnung für einen ausreichenden Witterungsschutz sorgt, ist im Falle der Weiden des Klägers in dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten noch keine für die Belange des Tierschutzes ausreichende Vorsorge getroffen, weil die notwendige Beobachtung der Tiere und bei Bedarf deren Unterstützung bei der Geburt nicht gewährleistet ist. Der Kläger wohnt im Landkreis Holzminden und konnte auf diese Entfernung eine ausreichende Beobachtung der Tiere weder selbst noch durch die nach eigenem Bekunden nicht sachkundige Frau K. sicherstellen, wie sich aus dem geburtshilflichen Einsatz der Veterinärin am Morgen des 22.01.2009 ergibt. Nach den Empfehlungen ML sind für den Fall einer Schwergeburt warmes Wasser, Desinfektionsmittel und Geburtshilfegleitmittel zur Verfügung zu stellen. Dies ist auf der Weide des Klägers nicht der Fall, wo es an allem fehlte, was die Empfehlungen ML für eine fachgerechte Ablammkontrolle für geboten hält. Bei der Nachkontrolle des Beklagten am 22.01.2009, bei dem die Mitarbeiter Geburtshilfe leisten mussten, standen einfachste Hilfsmittel wie trockenes Stroh zum Abreiben des Lammes nicht zur Verfügung.

Die Verpflichtung zum Aufstallen oder Einpferchen von Schafen mit Vliesschäden ist augenfällig angesichts der Nacktheit größerer Körperpartien und der kalten Witterung geboten, um den Tieren unnötiges Leiden zu ersparen. Ob der Kläger die notwendigen Anstrengungen unternommen hat, um die Tiere gegen Räude zu behandeln, ist dafür ebenso ohne Belang wie der Ausfall des ursprünglich geplanten Winterquartiers. Angesichts der tatsächlich existierenden und durch die Photodokumentation beeindruckend belegten Vliesschäden war es auf jeden Fall erforderlich, diese Tiere nicht weiter ungeschützt im Freien zu halten.

Schließlich begegnet auch die Verpflichtung zur Behandlung räudeerkrankter Tiere keinen rechtlichen Bedenken. Angesichts des offenkundigen Befalls kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger tatsächlich eine Räudebehandlung im November 2008 hat durchführen lassen oder nicht. Bleibt die Behandlung erfolglos, ist sie so lange zu wiederholen, bis ein Erfolg eintritt oder das Tier der Schlachtung zugeführt wird. Die Verpflichtung zur Behandlung ist keine Sanktion für bisheriges Unterlassen, sondern die Verpflichtung zu einer Selbstverständlichkeit, die guter landwirtschaftlicher Praxis unter Beachtung des Tierschutzes entspricht.

Der Kläger hat zugestanden, der Verfügung hinsichtlich der Tränkepflicht nachzukommen, auch wenn er das Tränken nicht für geboten hält. Dennoch ist diese Anordnung nicht überflüssig, denn die Feststellungen des Beklagten haben gezeigt, dass ohne eine ausdrückliche Anordnung Tränkewasser den Tieren nicht angeboten wurde.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger vollständig zu tragen, obwohl er teilweise obsiegt. Gem. § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO, können einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz auferlegt werden, wenn der andere Beteiligte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. So liegt der Fall hier, denn die Reduzierung der verlangten Liegefläche um 0,2 qm stellt nur einen marginalen Teil der Anordnung dar.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 S. 2 ZPO.