ArbG Detmold, Urteil vom 23.08.2007 - 3 Ca 842/07
Fundstelle
openJur 2009, 82
  • Rkr:
Arbeitsrecht
§§ 823, 847 BGB; § 1 KSchG
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Streitwert: 7.000,00 €

Tatbestand

Der Streit entstand, weil der Beklagte im Rechtsstreit(ArbG Detmold 1 Ca 1129/06) vorzutragen wagte, was nun der Klägerin sehr missfällt. Sie fordert deshalb Schmerzensgeld. Dass der Beklagte schweigen soll verlangt sie ferner voller Groll.

Was ist der Grund für ihre Klage? Nun, der Beklagte hat in ... einst einen Spielbetrieb besessen. Die Klägerin ihrerseits indessen erhielt - als Aufsicht eingesetzt - für diese Tätigkeit zuletzt als Stundenlohn, wie man das kennt nur sieben Euro und 11 Cent.

Oft kamen dorthin manche Kunden erst in den späten Abendstunden, um sich - vielleicht vom Tagesstress beim Spielen auszuruh’n. Indes behauptet nunmehr der Beklagte, dass es die Klägerin dann wagte, so neben ihren Aufsichtspflichten noch andere Dinge zu verrichten:

so habe sie sich nicht geniert und auf dem Hocker masturbiert. Was dabei auf den Hocker troff befände sich im Hockerstoff. Die Spielbar sei aus diesem Grunde als „Russenpuff“ in aller Munde. Er habe zwar nun dies Geschehen nicht selbst vor Ort mitangesehen.

Doch hätten Zeugen ihm beschrieben, was dort die Klägerin getrieben. Er kündigte aufgrund der Kunde der Klägerin aus andrem Grunde, um - dies ließ er jedoch betonen - den Ruf der Klägerin zu schonen. Die Klägerin klagte dann sogleich. (ArbG Detmold 1 Ca 1129/06). Man einigte sich im Vergleich - hier mag man die Parteien loben - denn der Vertrag ward aufgehoben und - um die Sache abzurunden - die Klägerin noch abgefunden.

Der Klägerin reichte dies nicht hin, denn ihr steht noch nach Mehr der Sinn. Sie habe nie vor all den Zockern sich selbst befriedigt auf den Hockern. Der Pein, die man ihr zugefügt, der werde nur durch Geld genügt. Die Lügen - für sie nicht zu fassen - muss der Beklagte unterlassen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2007 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, dass die Klägerin mehrfach sexuelle Handlungen nach Dienstschluss in der Diensthalle der Fa. ... GmbH vorgenommen habe;

3. dem Beklagten anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten gegen ihn festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, es fehle dieser Klage der Grund, dies stehe außer Frage. Er habe nichts etwa „erdichtet“ nein, nur in dem Prozess (ArbG Detmold 1 Ca 1129/06) berichtet - und so die Kündigung begründet - was vorher Zeugen ihm verkündet und diesen habe er geglaubt. Dies sei ihm doch wohl noch erlaubt. Was nun die Klägerin bestreitet, das habe er auch nie verbreitet. Er habe doch nur im Prozess berichtet wie gehört. Indes: er könne schließlich nach Belieben was dort die Klägerin getrieben beweisen: erstens durch die Zeugen; die würden sicher nichts verschweigen Und zweitens durch den Stoffbezug des Hockers, die die Klägerin trug. Er reichte ihn - den gut verpackten - bereits zu den Verfahrensakten (ArbG 1 Ca 1129/06 Pl. Hülle Bl. 30), auf dass nunmehr die Analyse der Klägerin Tun exakt bewiese.

Was die Parteien noch so sagen ist in der Akte nachzuschlagen.

Gründe

Die Klage - wie die Kammer findet - ist vollumfänglich unbegründet.

I.

Auch wenn’s der Klägerin missfällt: es gibt für sie kein Schmerzensgeld; denn der Beklagte durfte hier sich äußern, wie er’s tat. Dafür gilt dies hier nur in den Verfahren - sonst darf er auch nichts offenbaren.

Er hat - um auf den Punkt zu kommen - insoweit etwas wahrgenommen, was der, der die Gesetze kennt „berechtigtes Interesse“ nennt. (vgl. § 193 StGB.) Zwar könnte man zu Recht hier fragen:

darf man denn einfach etwas sagen, wenn man es nur von anderen hört und dies wen es betrifft empört? Besteht nicht wenigstens die Pflicht, dass man sich informiert und nicht leichtfertig irgendwas verbreitet, was anderen Verdruss bereitet?

Dass der Beklagte so ganz „locker“ erfand das Treiben auf dem Hocker, er also nicht aus Zeugenmunde erfuhr die „sexuelle Kunde“, hat selbst die Klägerin nicht erklärt. So war es ihm auch nicht verwehrt die Kunde für sich selbst zu nützen, hierauf die Kündigung zu stützen. Die Klägerin hat nämlich nicht bestritten, dass hier ein Bericht der Zeugen stattfand, der Beklagte nur wiedergibt, was man ihm sagte. Auch dafür, dass die beiden Zeugen persönlich vielleicht dazu neigen bewusst die Unwahrheit zu sagen ward im Prozess nicht vorgetragen. So musste der Beklagte nicht misstrauen ihrem Tatbericht um selbst der Sache nachzugehen was in der Spielbar so geschehen. Nur wenn sein Ziel war zu verletzen, die Klägerin herabzusetzen, sie zu verleumden, zu entehren war ihm dies deutlich zu verwehren. Kurz: es kommt letztlich darauf an, ob’s der Beklagte selbst ersann, er also gleichsam phantasierte, wie sich die Klägerin gerierte.

Und deshalb bleibt auch unergründet, was sich im Hockerstoff befindet und ob die Zeugen sah’n und hörten, was dem Beklagten sie erklärten. Nein, der Beklagte muss mitnichten ein hohes Schmerzensgeld entrichten.

II.

Auch unbegründet - ohne Frage - ist hier die Unterlassungsklage. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass der Beklagte sozusagen nun coram publico beschrieben was auf dem Hocker sie getrieben. Nur im Prozess hat er erklärt, was jetzt die Klägerin empört. Das durfte er - wie dargestellt, womit natürlich das entfällt, was letztlich Grund der Klage war:

die zu befürchtende Gefahr, dass der Beklagte überall herumerzählt den „Hockerfall“, bestrebt ist, unter allen Leuten was man ihm zutrug zu verbreiten.

Die Kosten, dies bleibt noch zu sagen; sind von der Klägerin zu tragen. (vgl. § 91 ZPO)

Der Streitwert war nach den Gesetzen (vgl. §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO, 23 Abs. 3 RVG) - wie hier geschehen - festzusetzen.

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