BGH, Beschluss vom 29.11.2017 - XII ZB 414/17
Fundstelle
openJur 2018, 4355
  • Rkr:
Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Juli 2017 wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.

Wert: bis 500 €

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung einer gegen ihren früheren Ehemann (im Folgenden: Insolvenzschuldner) gerichteten Forderung zur Insolvenztabelle.

Im Februar 2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet und die Antragsgegnerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Die Antragstellerin hat mit ihrer beim Landgericht eingereichten Klage, die an das Amtsgericht und dort dann an das Familiengericht verwiesen worden ist, die Feststellung verschiedener Forderungen zur Insolvenztabelle beantragt. Neben zwei Forderungen wegen behaupteter Darlehenstilgungsvereinbarungen und einem Anspruch aus einer abgetretenen Grundschuld hat sie eine Forderung auf Erstattung von Bausparbeiträgen, die sie für den Insolvenzschuldner geleistet haben will, in Höhe von 2.951,69 € geltend gemacht.

Das Familiengericht hat die Anträge zurückgewiesen und dabei zu den Bausparbeiträgen ausgeführt, es werde schon nicht klar, ob es sich um einen tilgungsersetzenden Vertrag oder ein Ansparkonzept handele, was aus dem Vertrag letztlich geworden sei und welche Leistungen die Antragstellerin wann, in welcher Höhe und warum erbracht habe. Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht wegen des Betrags von 2.951,69 € verworfen, weil insoweit keine ausreichende Beschwerdebegründung vorliege; im Übrigen hat es sie zurückgewiesen.

Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen diese Entscheidung, soweit ihre Beschwerde verworfen worden ist.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011, 1929 Rn. 8 mwN). Auch der von der Rechtsbeschwerde behauptete Verstoß des Beschwerdegerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

2. Das Oberlandesgericht hat die Erstbeschwerde mangels einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Rechtsmittelbegründung verworfen. Damit hält es sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

a) Gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2015 - XII ZB 611/14 - FamRZ 2015, 1375 Rn. 9 mwN).

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO muss die Rechtsmittelbegründung die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Die gesetzliche Regelung bezweckt, formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Rechtsmittelbegründungen auszuschließen, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschleunigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken. Die Rechtsmittelbegründung muss zudem geeignet sein, die erstinstanzliche Entscheidung im Umfang der Anfechtung in Frage zu stellen. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile der angefochtenen Entscheidung erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (BGH Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 166/14 - NJW 2015, 3040 Rn. 11 mwN). Besondere formale Anforderungen werden insoweit allerdings nicht gestellt. Die Rechtsmittelbegründung erfordert insbesondere weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen (Senatsbeschluss vom 4. November 2015 - XII ZB 12/14 - NJW-RR 2016, 80 Rn. 6 mwN).

b) Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, befasst sich die Beschwerdebegründung der Antragstellerin nicht mit dem Anspruch auf Erstattung der Bausparbeiträge und geht auf die vom Familiengericht insoweit gegebene Begründung für die Antragsabweisung nicht ein. Soweit in der Beschwerdebegründung allgemein ausgeführt ist, der von der Antragstellerin erstinstanzlich gehaltene Sachvortrag müsse mangels wirksamen Bestreitens als richtig unterstellt werden, so dass sich eine Antragsabweisung wegen Beweisfälligkeit verbiete, kann das nicht dem die Bausparbeiträge betreffenden Streitgegenstand gelten. Das Familiengericht hatte nämlich hierzu nicht einen Beweis, sondern bereits eine ausreichende Darlegung vermisst.

Die eingangs der Beschwerdebegründung erfolgte Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen ist als Begründung unzureichend (st. Rsp., vgl. BGH Beschluss vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14 - NJW-RR 2015, 511 Rn. 7 mwN und Senatsbeschluss vom 18. Dezember 1991 - XII ZB 128/91 - FamRZ 1992, 538). Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Oberlandesgericht habe die Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 30. Juni 2017 unberücksichtigt gelassen. Dieser Schriftsatz, der fast acht Monate nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist beim Oberlandesgericht eingegangen ist, war die Stellungnahme der Antragstellerin auf den vorangegangenen Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts und konnte den Mangel der Beschwerdebegründung nicht beheben. Denn nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist kann eine unzulängliche Rechtsmittelbegründung nicht mehr geheilt werden (vgl. BGH Beschluss vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14 - NJW-RR 2015, 511 Rn. 15 mwN). Ob das Familiengericht tatsächlich, wie die Antragstellerin im Schriftsatz vom 30. Juni 2017 geltend gemacht hat, erstinstanzlichen Vortrag der Antragstellerin übergangen hat, ist daher für die Frage, ob eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Rechtsmittelbegründung vorliegt, unerheblich (vgl. BGH Beschluss vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14 - NJW-RR 2015, 511 Rn. 11).

Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling Vorinstanzen:

AG Aachen, Entscheidung vom 28.07.2016 - 220 F 111/16 -

OLG Köln, Entscheidung vom 10.07.2017 - II-10 UF 135/16 -