OLG Bremen, Beschluss vom 16.08.2018 - 4 UF 57/18
Fundstelle
openJur 2018, 199
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 71 F 2322/17

1. Die gerichtliche Anordnung eines paritätischen Wechselmodells setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus.

2. Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes. Das gilt insbesondere dann, wenn die Wohnorte der Eltern weit auseinander liegen (hier mehr als 100 km) und eine verlässliche Planung wegen ständig wechselnder Arbeitszeiten eines Elternteils nicht möglich ist.

Tenor

1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Bremen vom 17.5.2018 wird zurückgewiesen.

2. Der Kindesvater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kindeseltern streiten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre am [...] 2015 geborene Tochter A. Die Kindeseltern waren seit 2011 zusammen und haben am [...] 2016 die Ehe miteinander geschlossen. Seit dem [...] 2017 leben sie getrennt voneinander, nachdem die Kindesmutter ohne Absprache mit dem Kindesvater zusammen mit der gemeinsamen Tochter aus der gemeinsamen Ehewohnung in X. ausgezogen und zu ihren Eltern nach Y. gezogen war.

Der Kindesvater ist als Pilot bei der [...] in Vollzeit beschäftigt. Er wird auf Langstreckenflügen eingesetzt und ist bei Einsätzen i.d.R. mehrere Tage am Stück ortsabwesend. Seine Einsatzpläne erhält er immer gegen Ende des Monats für den darauffolgenden Monat. Der Kindesvater hat einen Anspruch auf 10 freie Tage im Monat. Seinen Angaben zufolge würde er bei einer Reduzierung seiner Arbeitszeit auf etwa 70% für Monate im Voraus feste Einsatzpläne erhalten, allerdings nur, wenn er sein Kind mindestens zu 50% betreue. Die Kindesmutter ist mit einem Umfang von 20 Wochenstunden bei einem Unternehmen in Z. teilzeitbeschäftigt. Die Kindesmutter, der aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts Bremen vom 28.9.2017 (71 F 3129/17 SO) die Alleinentscheidungsbefugnis im Hinblick auf den Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung zusteht, hat A. für den Zeitraum ab August 2018 in einem [....] Kindergarten [in Y.] angemeldet. Dort wird A. seit dem 7.8.2018 eingewöhnt.

Die Trennung der Kindeseltern verläuft streitig. Dies betrifft insbesondere den künftigen Lebensmittelpunkt A.s und die jeweiligen Betreuungsanteile der Eltern. Im Hinblick auf das Umgangsrecht des Vaters mit A. haben die Eltern bereits zwei Hauptsache- und drei Eilverfahren geführt.

Beide Eltern haben erstinstanzlich widerstreitende Anträge auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für A. gestellt. Ziel des Kindesvaters ist es, den Lebensmittelpunkt des Kindes zurück nach X. zu verlegen und dort ein paritätisches Wechselmodell zu praktizieren. Die Kindesmutter sieht sich als Hauptbezugsperson des Kindes und lehnt eine Rückkehr nach X. ab.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das Amtsgericht der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für A. übertragen. Es ist hierbei der Empfehlung der Sachverständigen, der sich auch das Jugendamt und der Verfahrensbeistand angeschlossen haben, gefolgt.

Hiergegen wendet sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde, mit welcher er sein erstinstanzliches Ziel eines Wechselmodells weiterverfolgt. Die Kindesmutter, das Jugendamt und der Verfahrensbeistand verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung.

In einem parallel geführten Umgangsverfahren (Gesch.-Nr. 71 F 2452/17 UG) hat das Amtsgericht den Umgang des Kindesvaters mit A. mit Beschluss vom 18.05.2018 dahingehend geregelt, dass ab dem 14.07.2018 ein 14-tägiger Umgang jeweils in der Zeit von Donnerstag, 7:45 Uhr, bis Sonntag, 16:30 Uhr, stattzufinden habe. Ferner hat das Amtsgericht Regelungen für die Feiertage und Urlaubszeiten getroffen. Insofern wird auf den Tenor des - nicht angefochtenen – Beschlusses vom 18.05.2018 verwiesen.

Der Senat hat A. und die Kindeseltern persönlich angehört. Auf die Anhörungsvermerke vom 08.08.2018 und 10.08.2018 wird Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Kindesvaters hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Familiengericht mit der angefochtenen Entscheidung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für A. gemäß § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf die Kindesmutter alleine übertragen. Es kann zunächst vollinhaltlich auf die ausführlich, sorgfältig und ausgewogen begründete und mithin überzeugende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts Bezug genommen werden, deren Gründe sich der Senat zu Eigen macht. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

1.

Eine Sorgerechtsentscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB erfordert eine doppelte Kindeswohlprüfung. Es ist in zwei Stufen zu prüfen, ob (erstens) die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und (zweitens) die Übertragung gerade auf den antragstellenden Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht. Die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge entspricht dem Kindeswohl unter anderem dann am besten, wenn aufgrund fehlender elterlicher Kooperationsfähigkeit oder -bereitschaft die Ausübung der gemeinsamen Sorge nicht möglich ist. Das ist der Fall, wenn es an einem Mindestmaß an Übereinstimmung in Sorgeangelegenheiten von erheblicher Bedeutung fehlt. Erforderlich ist insoweit das Fortbestehen einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Kindeseltern. Von einer solchen kann nicht mehr ausgegangen werden, wenn stattdessen eine konkrete und nachhaltige Einigungsunfähigkeit festzustellen ist, die sich negativ auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes auswirkt (vgl. Palandt/Götz, BGB, 77. Auflage, § 1671 Rn. 12 und 15).

Auf der zweiten Prüfungsstufe ist die Frage, welcher Elternteil besser in der Lage ist, die Entwicklung und Erziehung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gewährleisten, anhand folgender, von der Rechtsprechung herausgearbeiteter Kindeswohlkriterien zu prüfen: Förderungsprinzip, Bindungen des Kindes, Kontinuitätsprinzip und Kindeswille. Diese Kriterien haben zwar grundsätzlich jeweils den gleichen Stellenwert, jedes kann aber mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung dessen sein, was dem Kindeswohl im Einzelfall am besten entspricht (Palandt/Götz, a a.O., § 1671 Rn. 26.).

2.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im Hinblick auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge erforderlich, denn die Eltern können sich über den zukünftigen Lebensmittelpunkt von A. nicht einigen. Ziel der Kindesmutter ist es, dass A. auch zukünftig ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Haushalt hat. Demgegenüber strebt der Kindesvater ein paritätisches Wechselmodell an.

3.

Es entspricht dem Kindeswohl am besten, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Kindesmutter zu übertragen, denn die Voraussetzungen für eine gerichtliche Anordnung des vom Kindesvater angestrebten Wechselmodells liegen nicht vor.

a) Das Gesetz schließt nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, auf das Wechselmodell gerichtete – umgangs- oder sorgerechtliche – Entscheidungen nicht aus (BGH, Beschluss vom 01.02.2017, XII ZB 601/15, FamRZ 2017, 532 Rn. 24). Insbesondere hat der BGH die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils im Wege einer Umgangsregelung gemäß § 1684 Abs. 3 BGB gebilligt. Aber auch die Anordnung eines Wechselmodells im Rahmen einer sorgerechtlichen Entscheidung schließt der BGH nicht aus (BGH, a.a.O., Rn. 24) bzw. setzt sie sogar voraus (BGH, a.a.O., Rn. 19). Allerdings hat der BGH in der genannten Entscheidung offen gelassen, ob ein sorgerechtlich begründetes Wechselmodell durch Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Befürworter des Wechselmodells, durch Übertragung eines wechselnden Aufenthaltsbestimmungsrechts auf beide Elternteile oder in anderer Weise anzuordnen ist (vgl. insofern Hammer, FamRZ 2015, 1433, 1436 ff.). Diese Frage kann vorliegend offen bleiben, weil die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anordnung eines Wechselmodells nicht vorliegen.

Die paritätische Betreuung des Kindes getrennt lebender Elternteile stellt weder den gesetzlichen Regelfall dar noch besteht eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Einführung der paritätischen Betreuung als Regelmodell (BVerfG, FamRZ 2018, 593; 2015, 1585). Ob ein Wechselmodell anzuordnen ist, ist vielmehr nach Lage des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (BVerfG, FamRZ 2015, 1585 Rn. 21). Entscheidender Maßstab für die Regelung des Umgangs ist das Kindeswohl unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern. Ob im Einzelfall danach die Anordnung des Wechselmodells geboten sein kann, ist unter Berücksichtigung anerkannter Kriterien des Kindeswohls zu entscheiden. Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens. Die Kindeswohldienlichkeit des paritätischen Wechselmodells als hälftig geteilte Ausübung der gemeinsamen Sorge setzt dabei ähnlich wie bei der gemeinsamen Sorge als paritätischer Wahrnehmung des Elternrechts die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraus (BGH, a.a.O., Rn. 25).

Dass zwischen den Eltern über die Betreuung des Kindes im Wechselmodell Konsens besteht, ist hingegen keine Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung. Würde der entgegengesetzte Wille eines Elternteils gleichsam als Vetorecht stets ausschlaggebend sein, so würde der Elternwille ohne Rücksicht auf die zu Grunde liegende jeweilige Motivation des Elternteils in sachwidriger Weise über das Kindeswohl gestellt (BGH, a.a.O., Rn. 26).

Das Wechselmodell ist danach anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen zum Wohl des Kindes gehört (§ 1626 Abs. 3 S. 1 BGB). Dies beinhaltet allerdings keinen Vorrang des Wechselmodells vor anderen Betreuungsmodellen. Beim Wechselmodell kommt hinzu, dass dieses gegenüber herkömmlichen Umgangsmodellen höhere Anforderungen an die Eltern und das Kind stellt, das bei doppelter Residenz zwischen zwei Haushalten pendelt und sich auf zwei hauptsächliche Lebensumgebungen ein- bzw. umzustellen hat. Ein Wechselmodell kommt zudem nur bei einer auf sicherer Bindung beruhenden tragfähigen Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen in Betracht. Hierbei kann gegebenenfalls auch Bedeutung gewinnen, in welchem Umfang beide Elternteile schon zur Zeit des Zusammenlebens in die Betreuung des Kindes eingebunden waren. Wesentlicher Aspekt ist zudem der vom Kind geäußerte Wille, dem mit steigendem Alter zunehmendes Gewicht beizumessen ist (BGH, a.a.O., Rn. 29).

Zwischen den Eltern ergibt sich bei der praktischen Verwirklichung der geteilten Betreuung erhöhter Abstimmungs- und Kooperationsbedarf, was geeignete äußere Rahmenbedingungen, so etwa eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte und die Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen, aber auch eine bestehende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraussetzt (BGH, a.a.O., Rn. 30).

Bei bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung wird das Wechselmodell dagegen in der Regel nicht dem Kindeswohl entsprechen, da das Kind durch vermehrte oder ausgedehnte Kontakte auch mit dem anderen Elternteil verstärkt mit dem elterlichen Streit konfrontiert wird und durch den von den Eltern oftmals ausgeübten Koalitionsdruck in Loyalitätskonflikte gerät (BVerfG, FamRZ 2018, 593; 2015, 1585; BGH, a.a.O., Rn. 31; Götsche, jurisPR-FamR 7/2018 Anm. 4; a.A.: Sünderhauf, FamRB 2013, 327ff.). Dabei wird die Ablehnung eines Wechselmodells durch einen Elternteil im Regelfall zumindest indiziell eher für die Annahme einer solchen Konfliktlage sprechen (Götsche, jurisPR-FamR 7/2018 Anm. 4). In der Praxis wird die gerichtliche Anordnung eines paritätischen Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils daher wohl nur in wenigen Familien dem Kindeswohl entsprechen (Salzgeber, NZFam 2014, 921, 929; a.A.: Sünderhauf, FamRB 2013, 290ff. und 327ff.).

b) Im vorliegenden Fall entspricht das Wechselmodell im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl nicht am besten. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Kindesvaters, wonach er für den Fall eines Obsiegens im vorliegenden Verfahren seine Arbeitszeit auf etwa 70% reduzieren wolle, was zur Folge habe, dass er fortan feste, planbare Einsatzpläne erhalte, so dass ein Wechselmodell im wochenweisen Wechsel praktiziert werden könne.

aa) Vorliegend ist eine der grundlegenden Voraussetzungen für ein Wechselmodell, nämlich eine gewisse Nähe der Wohnorte der Eltern zueinander, nicht gegeben.

Die Sachverständige Dipl.-Psych. [...] kommt in ihrem nachvollziehbaren und widerspruchsfreien schriftlichen Gutachten vom 25.03.2018 zu der Feststellung, dass die Bereitschaft der Kindeseltern zu einer Kooperation im Sinne des Kindeswohls bei beiden Elternteilen eingeschränkt sei. Trotz dieser elterlichen Konflikte und der wechselnden Dienstpläne des Kindesvaters sei – insbesondere angesichts der guten und sicheren Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen – ein Wechselmodell nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gelte allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Nähe der Wohnorte der Kindeseltern zueinander gegeben sei. Nur dann würden die wichtigen zukünftigen Kontinuitäten wie Kita- oder Grundschulbesuch gewährleistet werden können. Es sei nicht mit dem Kindeswohl vereinbar, wenn A. zukünftig im wöchentlichen Wechsel zwei Kitas in X. und Y. besuchen müsste. Eine solche zusätzliche Belastung sei dem Kind, welches durch die elterlichen Konflikte ohnehin bereits emotional belastet sei, nicht zumutbar (S. 60 GA). Dieser Einschätzung kann nur zugestimmt werden. Denn das Kind müsste sich ansonsten nicht nur im wöchentlichen Wechsel auf zwei elterliche Haushalte einstellen, sondern auch auf zwei Betreuungseinrichtungen, also auf zwei verschiedene Umgebungen, Betreuungskonzepte, Betreuungspersonen, Abläufe, Rituale usw. Auch Salzgeber setzt voraus, dass ein paritätisches Wechselmodell nur in Betracht kommt, wenn die Kinder die Tagesbetreuungsstätte bzw. die Schule von den Wohnungen beider Elternteile aus gut erreichen können (Salzgeber, NZFam 2014, 921, 923). Soweit das OLG Hamm die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils auch bei großer Entfernung zwischen den Haushalten der Eltern für möglich hält (OLG Hamm, Beschluss vom 29.08.2017,11 UF 89/17 - NRWE; Bergmann, FamRB 2018, 313), handelt es sich um einen Fall, der von der Besonderheit geprägt ist, dass der Kindesvater zwar weit entfernt vom Wohnort der Mutter lebt, aber auch sein in der Nähe des Wohnortes der Mutter gelegenes Elternhaus nutzen und dies auch mit seiner Berufstätigkeit verbinden kann. Aufgrund dieser Besonderheit ist dem dreijährigen Kind in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall trotz Anordnung eines nahezu paritätischen Wechselmodells nur jeweils eine Woche pro Monat der Kita-Besuch nicht möglich. In diesem speziellen Fall mögen in Abwägung mit den ohne das Wechselmodell drohenden Auswirkungen von Trennungsschmerz und Beziehungsverlusten des Kindes die Entfernung und die damit verbundenen Transporte des Kindes von geringerem Belang seien. Derartige Bedingungen gibt es vorliegend aber nicht.

Das Amtsgericht hat insofern auch zutreffend ausgeführt, dass es den Familiengerichten nicht möglich ist, Einfluss auf die Wahl des Lebensmittelpunktes der Kindeseltern zu nehmen. Auch der Versuch einer mittelbaren Einflussnahme auf die Kindesmutter durch Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Kindesvater kommt nicht in Betracht. Dem steht der übergeordnete Grundsatz des Kindeswohls entgegen, denn das Kind würde bei einem solchen Experiment – mit ungewissem Ausgang - als bloßes Objekt behandelt werden. Denn dass die Kindesmutter – gezwungenermaßen - nach X. ziehen würde, wenn man das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind nur auf ihn übertrüge, ist eine reine Spekulation des Kindesvaters.

bb) Darüber hinaus entspricht das Wechselmodell dem Kindeswohl im vorliegenden Fall auch wegen der hohen elterlichen Konfliktbelastung nicht am besten.

Wie ausgeführt wird bei bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung das Wechselmodell in der Regel nicht dem Kindeswohl entsprechen (BVerfG, a.a.O.; BGH, a.a.O., Rn. 31, Götsche, jurisPR-FamR 7/2018 Anm. 4). Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ab wann die elterliche Konfliktbelastung als so hoch einzuschätzen ist, dass sie der Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils entgegensteht. Insofern könnten sich Parallelen zur Auslegung der Kooperationsfähigkeit und –bereitschaft bei der Prüfung der Aufrechterhaltung bzw. Anordnung der gemeinsamen Sorge anbieten (Bergmann, FamRB 2018, 313, 314; vgl. BGH, a.a.O. Rn. 25). Das OLG Hamm bejaht das Vorliegen einer ausreichenden Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit bereits dann, wenn die Eltern sich trotz bestehender Konflikte und laufender Gerichtsverfahren über die wesentlichen Entwicklungen des Kindes austauschen. Sofern die Eltern jedenfalls über die wesentlichen Erziehungsfragen grundsätzlich einig seien und es vermögen, notwendige Informationen bezüglich der Kinder auszutauschen, seien die kommunikativen Voraussetzungen des Wechselmodells gegeben (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 29.08.2017,11 UF 89/17 Rn. 55 - NRWE). Der Umstand, dass Eltern trotz bestehender Konflikte in der Lage sind, ohne die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe Umgangskontakte einvernehmlich zu regeln, mag gegebenenfalls ein Indiz dafür sein, dass eine für die Anordnung eines Wechselmodells ausreichende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft vorhanden ist (OLG Stuttgart, FamRZ 2018, 35). Götsche meint hingegen, das Wechselmodell verlange deutlich mehr als nur ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen bzw. eine tragfähige soziale Beziehung. Die Eltern müssten in der Lage sein, bestehende Konflikte einzudämmen und sich hochmotiviert an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren (Götsche, jurisPR-FamR 7/2018 Anm. 4).

Welche Auffassung vorzugswürdig ist, kann vorliegend offen bleiben, da die Kindeseltern sich über die wesentlichen Erziehungsfragen nicht grundsätzlich einig sind und es wegen ihrer Hochstrittigkeit nicht vermögen, notwendige Informationen bezüglich ihrer Tochter auszutauschen.

Sie sind beispielsweise nicht in der Lage, den Umgang des Kindesvaters mit A. ohne gerichtliche Inanspruchnahme einvernehmlich zu regeln, so dass sie im Verlaufe der bislang etwa einjährigen Trennungszeit bereits zwei gerichtliche Hauptsache- und drei Eilverfahren zum Umgang führen mussten.

Der Kindesvater stellt der Kindesmutter auch nicht seine Dienstpläne zur Verfügung, um auf diese Weise Misstrauen aufseiten der Kindesmutter im Hinblick auf die Anzahl und die Lage der freien Tage des Kindesvaters abzubauen. Auf die seit mehreren Monaten von der Kindesmutter vorgetragene Forderung, ihr die Dienstpläne zur Verfügung zu stellen, hat er bislang nicht reagiert. In der Sitzung des Senats vom 10.08.2018 hat er lediglich lapidar erklärt, er wolle der Kindesmutter die Dienstpläne nicht zur Verfügung stellen, weil diese vertrauliche Informationen enthielten. Um welche Art von vertraulichen Informationen es sich handelt, hat er nicht ausgeführt. Auch dieses Verhalten des Kindesvaters ist ein Beleg für eine mangelnde Kooperationsbereitschaft. Denn zu Recht hinterfragt die Kindesmutter den Vortrag des Kindesvaters im Hinblick auf seine zeitlichen Möglichkeiten, die vom Amtsgericht im parallel geführten Umgangsverfahren mit Beschluss vom 18.5.2018 angeordnete starre Umgangsregelung wahrzunehmen. Auf der einen Seite trägt der Kindesvater vor, dass er sein Kind kaum sehen könne, weil er insbesondere an den Wochenenden zumeist arbeiten müsse. Auf der anderen Seite behauptet er - zuletzt im Schriftsatz vom 10.8.2018 - , dass er derzeit nur an 12-15 Tagen im Monat überhaupt arbeite. Hier würde es ohne Zweifel zu einer besseren Kooperation der Kindeseltern beitragen, wenn der Kindesvater der Kindesmutter seine Dienstpläne - notfalls mit erforderlichen Schwärzungen, um vertrauliche Informationen abzudecken – zur Verfügung stellen würde, um das notwendige Vertrauen wiederherzustellen.

Auch bei der Gesundheitsfürsorge kommunizieren und kooperieren die Kindeseltern nur unzureichend. So führte kurz vor Weihnachten 2017 ein während eines Aufenthalts des Kindes im Haushalt des Vaters von diesem festgestellter Hautausschlag beim Kind zu einer zweifachen Vorstellung A.s in der Notaufnahme. Die Kindesmutter ist der Auffassung, dass das Aufsuchen der Notaufnahme entbehrlich gewesen wäre, wenn der Kindesvater ihr von dem Ausschlag berichtet hätte, weil sie ihm dann hätte mitteilen könne, dass es sich um bereits früher aufgetretene harmlose Hautreizungen gehandelt habe. Darüber hinaus, so die Kindesmutter, sei es ohnehin wiederholt vorgekommen, dass der Kindesvater von ihr gesandte E-Mails, in denen es um die Belange A.s gegangen sei, nicht beantwortet habe. Auch der von den Kindeseltern im Beschwerdeverfahren vorgelegte E-Mail-Verkehr ist ein Beleg für ihre Unfähigkeit zur Kooperation zum Wohle des Kindes. Der vom Kindesvater vorgelegte Schriftwechsel zeigt, dass die Kindeseltern sich nicht einigen können, ob sie Elterngespräche in Y. oder X. führen. Insofern ist auch bemerkenswert, dass die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes in der Senatssitzung vom 10.8.2018 beiden Eltern noch einmal ausdrücklich das Angebot gemacht hat, Beratungsgespräche auch in X. zu ermöglichen und zu finanzieren, ohne dass die Kindeseltern auf dieses Angebot des Jugendamtes mit erkennbarem Interesse reagiert hätten.

Die von der Kindesmutter überreichten E-Mails verdeutlichen nochmals, dass eine Einigung in Umgangsfragen ohne die Inanspruchnahme der Gerichte kaum möglich ist, weil die Kindeseltern in dem wechselseitigen festen Glauben, dass es darauf ankomme, möglichst viel Zeit mit A. zu verbringen, um einzelne Tage und Stunden streiten und hierbei das Kindeswohl völlig aus dem Blick verlieren.

Auch vor dem Hintergrund des widerstreitenden Sachvortrags der Kindeseltern in den gerichtlichen Verfahren kann eine vertrauensvolle Kooperation kaum erwartet werden. So behauptet die Kindesmutter, der Kindesvater habe sich wiederholt in Gegenwart des Kindes abfällig ihr gegenüber bzw. ihren Eltern gegenüber geäußert. Dies wird vom Kindesvater bestritten

Im Übrigen ist es unstreitig, dass die Meinungsverschiedenheiten der Kindeseltern im Hinblick auf die Belange A.s auch schon während der Zeit des Zusammenlebens erheblich und ein wesentlicher Grund für die Trennung der Eltern waren.

Soweit der Kindesvater ausführt, dass mit der Anordnung eines Wechselmodells die zwischen den Kindeseltern bestehenden Konflikte aufgelöst würden, weil der Umstand, dass häufig keine Einigung über den Betreuungsumfang des Kindesvaters habe gefunden werden können, kein Zeichen schlechter Kommunikation, sondern dem unbedingten Wunsch der Mutter geschuldet sei, dem Kindesvater möglichst wenig Betreuungszeiten zuzugestehen, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass es dem Kindeswohl nicht entspricht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen (BGH, FamRZ 2017, 532). Zudem führt die Sachverständige [...] in ihrem schriftlichen Gutachten vom 25.03.2018 aus, dass die Kindeseltern Hinweise zeigten, dass sie den sogenannten hochstrittigen Eltern zuzuordnen seien. Hochstrittigkeit manifestiere sich hauptsächlich in fortdauernden Konflikten bezüglich der Sorgerechts- und Umgangsvereinbarungen (Seite 48 GA). Die Kindeseltern seien bis heute stark von den früheren und bis heute andauernden partnerschaftlichen Konflikten und Auseinandersetzungen im Rahmen der Trennung geprägt. Aufgrund dieser Konflikte sei es beiden Elternteilen bisher nicht ausreichend gelungen, die konflikthafte Paar- von einer konstruktiven Elternebene zu trennen. Beide Elternteile hätten die Bedürfnisse von A. bisher insgesamt zu wenig in den Fokus ihrer erzieherischen Wahrnehmung rücken können (Seite 59 GA). Darüber hinaus geht die Sachverständige davon aus, dass unabhängig von der Entscheidung des Gerichts weitere Elternkonflikte zu erwarten seien (Seite 55 GA). Davon geht auch der Senat aus. Die in den Akten dokumentierten Auseinandersetzungen der Eltern zeigen deutlich, dass die partnerschaftlichen Konflikte der Kindeseltern sich auf die elterliche Ebene verlagert haben und es erschweren, konfliktfreie Regelungen im Hinblick auf die gemeinsame Tochter zu finden (vgl. Seite 47 GA). Entgegen der Darstellung des Kindesvaters betreffen die Konflikte auch nicht nur die Regelung seiner Betreuungszeiten, sondern wirken sich auch auf die Abstimmung in gesundheitlichen Fragen aus und verhindern das Führen von Elterngesprächen.

Im Übrigen ist auch festzuhalten, dass gerade der Kindesvater wiederholt gezeigt hat, dass er nicht immer zu einer sachlichen Auseinandersetzung in der Lage ist. Das zeigen beispielsweise seine Bewertungen, die er in einem Internetportal im Hinblick auf A.s vormaligen [...] Kinderarzt, die von A. besuchte Kita und die vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter vorgenommen hat und seine in der Senatssitzung vom 10.8.2018 im Hinblick auf den Verfahrensbeistand getätigten Äußerungen („männerfeindlich“).

Nach alledem kommt das vom Kindesvater favorisierte Wechselmodell derzeit nicht in Betracht.

3.

Das Förderungsprinzip, die Bindungen des Kindes und der Grundsatz der Kontinuität sprechen dafür, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Kindesmutter zu übertragen.

a) Im Hinblick auf den Förderungsgrundsatz hat die Sachverständige ausgeführt, dass beide Elternteile grundsätzlich erziehungsgeeignet seien.

Bei der Kindesmutter sei die Bindungstoleranz eingeschränkt (Seite 50 GA). Sie sei aber ohne Einschränkungen gegenüber Dritten kooperationsfähig und –bereit (Seite 46 GA).

Auch die Bindungstoleranz des Kindesvaters müsse als wechselhaft und tendenziell als eingeschränkt bewertet werden (S. 50f. GA). Der Kindesvater sei außerdem in seiner Reflexions- und Einsichtsfähigkeit eingeschränkt. Er neige dazu, die wesentlichen Anteile an den elterlichen Konflikten vorwiegend im Handlungsrahmen der Kindesmutter zu sehen. Eigene kritische Anteile seien von ihm bisher wenig erkannt worden. Er sei noch nicht in ausreichendem Maße bereit, sich selbst als Teil des familiären Systems zu sehen und könne deswegen die negativen Auswirkungen auf A. nicht ausreichend wahrnehmen bzw. delegiere sie in den Verantwortungsbereich der Kindesmutter. Zudem seien beim Kindesvater Hinweise darauf festzustellen, dass er bisher vorwiegend die eigenen Bedürfnisse und Kränkungen in den Mittelpunkt seines Handelns stelle. Die negativen Wirkungen auf A. durch die elterlichen Konflikte – von denen er ein Teil sei – könne er wenig anerkennen oder blende sie ganz aus. Dies führe in der Folge zu Empathieverlusten des Kindesvaters für A. (S. 44 GA). Zudem sei seine Kooperationsfähigkeit gegenüber Dritten eingeschränkt, was sich sowohl in dem anfänglichen Misstrauen gegenüber der Sachverständigen als auch bei der Kooperation mit anderen Institutionen, etwa mit dem Kinderarzt, mit dem Spielkreis aber auch im Rahmen der Elterngespräche bei der Erziehungsberatungsstelle gezeigt habe (S. 46 GA).

Auch die diesbezüglichen Ausführungen der Sachverständigen überzeugen. Die mangelnde Einsichts- und Reflexionsfähigkeit des Kindesvaters wird unter anderem daran deutlich, dass er diverse in die Auseinandersetzung der Eltern hineingezogene Beteiligte auf einer Bewertungsplattform im Internet mit unsachlicher Schmähkritik überzogen hat (vergleiche Bl. 412 ff. der Akte). Dies betrifft sowohl den in Y. zunächst konsultierten Kinderarzt Dr. [...] - der die weitere Betreuung von A. deswegen offenbar sogar abgelehnt hat - als auch die von der Mutter ausgewählte Kita und die von der Kindesmutter beauftragten Rechtsanwälte. Dass der Kindesvater seine eigenen Interessen und Befindlichkeiten in den Vordergrund stellt und sich nur begrenzt empathisch seiner Tochter gegenüber zeigt, wird auch dadurch deutlich, dass er in der Sitzung vom 10.8.2018 erklärt hat, er habe pro Monat durchaus ein Anrecht auf vier frei wählbare freie Tage (sog. Off-Tage). Diese wolle er aber nicht für den vom Amtsgericht in dem Parallelverfahren mit Beschluss vom 18.05.2018 angeordneten Umgang einsetzen, sondern lieber für den Besuch von Konzerten oder Hochzeiten.

Im Übrigen hat der Kindesvater nicht nachvollziehbar dargelegt, wie er vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit als Pilot, die – auch bei einer Reduzierung auf 70% der Arbeitszeit - regelmäßig mehrtägige Abwesenheiten mit sich bringen würde, die Versorgung und Betreuung A.s sicherzustellen beabsichtigt. Zwar hat der Kindesvater vorgetragen, dass auch seine Eltern in die Betreuung des Kindes mit eingebunden werden könnten. Ein nachvollziehbares Konzept, wie er für den Fall eines Wechsels des Kindes in seinen Haushalt trotz seiner häufigen berufsbedingten Abwesenheiten die lückenlose Betreuung und Versorgung A.s konkret sicherstellen möchte, hat der Kindesvater aber nicht vorgelegt. Auch in der Sitzung vom 10.8.2018 ist er wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Zeiten, in denen er berufsbedingt die Betreuung A.s nicht sicherstellen kann, von der Kindesmutter übernommen werden. Dass die Kindesmutter nach X. ziehen und diese Betreuungsanteile übernehmen wird, kann aber – wie ausgeführt - nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden.

Der Förderungsgrundsatz spricht vor diesem Hintergrund für die Kindesmutter. Dies gilt trotz der von der Sachverständigen bei der Kindesmutter festgestellten Bindungsintoleranz. Im Hinblick auf die Bindungstoleranz der Kindesmutter hat die Sachverständige in ihrem schriftlichen Gutachten vom 25.03.2018 ausgeführt, dass die Kindesmutter vor allem in sich selbst diejenige Bezugsperson erkenne, die für das Kind wesentlich und relevant sei. Hintergrund dieser Einstellung der Kindesmutter sei mutmaßlich auch ihre Erfahrungen mit den partnerschaftlichen Konflikten, die bei ihr insgesamt zu einer konfliktvermeidenden Haltung und zu dem Wunsch geführt haben, Regelungen für A. weitgehend allein zu treffen. Diese konfliktvermeidende Haltung der Kindesmutter innerhalb des familiären Systems führe jedoch auch zu Einschränkungen ihrer Bindungstoleranz, was die Kindesmutter mutmaßlich teilweise, jedoch nicht ausreichend wahrnehmen könne bzw. nehme sie diese Einschränkungen billigend in Kauf. Sie sei der Meinung, dass ihre eigene Abwesenheit für A. im Rahmen von Umgangskontakten mit dem Kindesvater eine stärkere Belastung sei als dies die Abwesenheit des Kindesvaters für A. bedeute. Ihre Bindungstoleranz sei daher insgesamt ambivalent und teilweise eingeschränkt (Seite 50 GA). Diese Einschätzung wird vom Senat geteilt. Der bisherige Verlauf seit der Trennung der Kindeseltern hat gezeigt, dass die Kindesmutter den Umgangswünschen des Kindesvaters eher beschränkend gegenübertritt. Das betrifft insbesondere Übernachtungskontakte. So hat sie sich anfangs ausdrücklich gegen längere Übernachtungsbesuche des Kindes beim Vater gewandt, obwohl es unstreitig ist, dass der Kindesvater während der Zeit des Zusammenlebens stark in die Betreuung A.s eingebunden war, wenn es auch unterschiedliche Auffassungen im Hinblick auf den genauen Umfang seiner Betreuungsanteile gibt. Zuletzt hatte sie sich gegen den vom Kindesvater gewünschten zweiwöchigen Sommerurlaub mit der kaum nachvollziehbaren Begründung gewandt, dass in den vom Kindesvater gewünschten Zeitraum die Abschlussveranstaltung eines von A. besuchten Spielkreises fiel.

Gleichwohl ist der Senat der Auffassung, dass die Einschränkungen der Bindungstoleranz der Kindesmutter zukünftig nicht zu Einschränkungen des Umgangsrechts des Vaters mit dem Kind führen werden. Denn das Amtsgericht hat in dem parallel geführten Umgangsverfahren ein umfangreiches Umgangsrecht des Kindesvaters mit A. angeordnet. Bislang hat die Kindesmutter – soweit ersichtlich – sämtliche vom Amtsgericht angeordneten Umgangskontakte entsprechend umgesetzt. Es ist zu erwarten, dass sie dies auch zukünftig so handhaben wird.

b) Auch die Bindungen des Kindes sprechen für einen Verbleib A.s im mütterlichen Haushalt, nachdem die Sachverständige diese als die Hauptbindungsperson des Kindes identifiziert hat.

c) Schließlich sichert ein Verbleib A.s im mütterlichen Haushalt auch die Betreuungskontinuität und - angesichts des Umstandes, dass A. inzwischen seit über einem Jahr in Y. lebt – auch die soziale und räumliche Kontinuität.

d) Der Kindeswille kann im vorliegenden Fall nicht entscheidend sein, weil die gerade erst drei Jahre alt gewordenen A. noch nicht zur Bildung eines eigenen Willens in der Lage ist. Die Anhörung des Kindes durch den Senat war dementsprechend unergiebig.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt gemäß §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

5.

Es besteht keine Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Die Zulassungsvoraussetzungen nach § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG liegen nicht vor, denn der vorliegende Einzelfall hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FamFG sind nicht gegeben. Die Fortbildung des Rechts erfordert nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde, denn die sich im vorliegenden Fall stellenden Rechtsfragen - insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der Anordnung eines Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils – sind bereits durch den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 1.2.2017, der der Senat folgt, geklärt worden. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Soweit das OLG Hamm (Beschluss vom 29.08.2017, 11 UF 89/17 - NRWE) ein Wechselmodell trotz weit voneinander entfernt liegender Wohnorte der Eltern angeordnet hat, beruht diese Entscheidung auf den Besonderheiten jenes Falles, der davon geprägt war, dass der Kindesvater auch sein Elternhaus in der Nähe des Wohnortes der Mutter nutzen kann. Grundsätzlich erfordert ein Wechselmodell auch nach Ansicht das OLG Hamm geeignete äußere Rahmenbedingungen, so etwa eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte und die Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen (Rn. 47 der Entscheidung). Der Senat sieht die genannte Entscheidung des OLG Hamm daher nicht im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsprechung. Auch die Frage, ob die für ein Wechselmodell notwendige Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern, wie vom OLG Hamm in der genannten Entscheidung angenommen, bereits dann gegeben ist, wenn die Eltern sich über die wesentlichen Entwicklungen der Kinder austauschen und zwischen ihnen ein Grundkonsens in wesentlichen Erziehungsfragen besteht (Rn. 55 der Entscheidung), erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Denn der Senat kann diese Frage im vorliegenden Fall offen lassen, weil eine solche Kooperationsfähigkeit und ein solcher Grundkonsens - wie bereits ausgeführt – im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben sind.

Vielen Dank für die Einsendung der Entscheidung gilt ROLG Jochen Küchelmann.