LG Duisburg, Urteil vom 16.11.2009 - 23 O 8/09
Fundstelle
openJur 2011, 68676
  • Rkr:
Tenor

hat die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg

auf die mündliche Verhandlung vom 21.09.2009

durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht

und die Handelsrichter Dr. und

für R e c h t erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd die Bezeichnung „Architektur Atelier“ oder „Architekturbüro“ im Firmennamen zu verwenden, ohne in die Architektenliste bei der zuständigen Architektenkammer eingetragen zu sein.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 01.11.2008 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Unterlassung irreführender Werbung.

Die Beklagte, deren einzelkaufmännisches Unternehmen auf die Veräußerung von Grundstücken gerichtet ist, die zum Zeitpunkt ihrer Veräußerung mit einer Genehmigungsplanung nach der HOAI versehen sind, firmiert als " ". Auf ihrer Homepage wirbt sie u. a. mit der Aussage: "Unsere günstigen und scharf kalkulierten Preise beruhen neben unserem Hauskonzept darauf, dass wir kein Bauträger sind, keine Makler zwischengeschaltet haben, lediglich als Architekturbüro fungieren …". Die Beklagte selbst ist nicht als Architektin in die Architektenliste eingetragen. Sie beschäftigt allerdings neben mehreren Diplom-Ingenieuren einen bei der Architektenkammer eingetragenen Architekten, Herrn .

Mit Schreiben vom 17.10.2008 beanstandete der Kläger gegenüber der Beklagten die Verwendung der Bezeichnung "Architektur Atelier" und "Architekturbüro", erteilte ihr eine Abmahnung und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Diese Aufforderung wiederholte er mit Schreiben vom 03.11.2008 und 02.12.2008 jeweils unter Fristsetzung. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte, da sie selbst nicht als Architektin eingetragen sei, nicht berechtigt sei, die Bezeichnung "Architektur Atelier" oder "Architekturbüro" zu verwenden. Neben der Unterlassung dieses Verhaltens begehrt er die Erstattung der ihm entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 208,65 €.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt,

die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd

die Bezeichnung "Architektur Atelier" zu verwenden und/oder

die Bezeichnung "Architekturbüro" zu verwenden

ohne in die Architektenliste bei der zuständigen Architektenkammer eingetragen zu sein,

die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an den Kläger 208,65 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 01.11.2008 zu zahlen.

Nach Teilklagerücknahme in der mündlichen Verhandlung beantragt er nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd die Bezeichnung "Architektur Atelier" oder "Architekturbüro" im Firmennamen zu verwenden, ohne in die Architektenliste bei der zuständigen Architektenkammer eingetragen zu sein,

an den Kläger 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 01.11.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, es sei ihr erlaubt, in ihrer Werbung darauf hinzuweisen, dass ihr Unternehmen Architektenleistungen erbringe. Hierfür sei es ausreichend, dass sie einen eingetragenen Architekten beschäftige.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf die zuletzt beantragte Unterlassung irreführender Werbung aus §§ 3, 4 Nr. 11, 5, 8 Abs. 3 UWG.

Der Kläger ist klagebefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.

Er kann die Beklagte gemäß § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch nehmen, da die Beklagte durch die Art und Weise ihrer Firmierung dem § 3 UWG zuwider handelt und Wiederholungsgefahr besteht.

Nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG liegt eine unlautere Wettbewerbshandlung u. a. dann vor, wenn einer gesetzlichen Vorschrift zuwider gehandelt wird, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Vorschrift stellt § 2 Baukammergesetz NW (BauKaG NW) dar. Nach § 2 Abs. 1 BauKaG NW darf die Berufsbezeichnung "Architekt" nur führen, wer in die von der Architektenkammer geführte Architektenliste eingetragen ist. Nach Abs. 2 der Vorschrift dürfen Wortverbindungen mit Berufsbezeichnungen nach Abs. 1 oder ähnliche Bezeichnungen wie beispielsweise "Architekturbüro" nur von Personen verwendet werden, die entsprechende Berufsbezeichnungen zu führen befugt sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift in seiner Entscheidung vom 02.01.2008 beschäftigt (GRUR 2008, 806). Es hat ausgeführt, das Recht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG erfordere es, zwischen einem von Art. 12 gedeckten bloßen werbenden Hinweis auf die Qualifikation eines Mitarbeiters und der unerlaubten Verwendung einer Berufsbezeichnung in der Firma einer Gesellschaft zu unterscheiden. Auch eine Gesellschaft, die nicht von einem Architekten geleitet werde, aber eingetragene Architekten beschäftige, dürfe damit werben, dass sie Architektenleistungen erbringe. Das Berufsrecht verbiete nämlich weder die Beschäftigung von Architekten noch die Werbung mit deren Qualifikationen. Gerade im Bau- und im Bauträgerbereich, der verschiedene Disziplinen umfasse, könne es zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information über das Leistungsspektrum einer Gesellschaft sachdienlich sein, auch mit der Erbringung von Architektenleistungen zu werben. § 2 Abs. 2 BauKaG NW genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen daher nur dann, wenn der Eintragungsvorbehalt für die Verwendung der Berufsbezeichnung "Architekt" auf die Firmierung der Gesellschaft beschränkt bleibe. Nur die Verwendung der Berufsbezeichnung oder entsprechender Wortverbindungen im Firmennamen der Gesellschaft ist nach dieser verfassungskonformen Auslegung daher durch § 2 BauKaG NW untersagt.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung kann der Beklagten im vorliegenden Fall nicht generell verboten werden, im Wettbewerb handelnd die Bezeichnung "Architektur Atelier" und "Architekturbüro" zu verwenden. In jedem Fall unzulässig ist jedoch die Verwendung von Zusätzen wie "Architektur Atelier" und "Architekturbüro"

im Firmennamen. Mit dem zuletzt einschränkend formulierten Unterlassungsantrag ist die Klage daher begründet.

Die Wiederholungsgefahr wird im Hinblick auf die Verwendung des Firmenzusatzes "Architektur Atelier" durch den bisherigen Verstoß indiziert. Im Hinblick auf die Bezeichnung "Architekturbüro" besteht nach dem Zusammenhang des bisherigen Verhaltens der Beklagten eine Erstbegehungsgefahr, da dieser Zusatz bereits in Werbeanzeigen verwand wurde.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Abmahnkosten ist begründet aus § 12 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Die Abmahnkosten des Vereins sind auch dann voll zu zahlen, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt war (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Auflage, § 12 Rdnr. 1.99).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

für den Antrag zu 1) auf 10.000 €

für den Antrag zu 2) auf 208,65 €.