OLG Hamm, Beschluss vom 13.10.2009 - 15 W 276/09
Fundstelle
openJur 2011, 67963
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. MA-10541-12
Tenor

Der Senat lehnt eine Entscheidung ab.

Gründe

In dem eingangs genannten Grundbuch sind am 07.03.2008 als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen worden die Beteiligte und T.

Für die Beteiligte bestellte das Vormundschaftsgericht am 18.06.2009 Rechtsanwalt I aus H zum Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis "Vertretung des Kindes in der Nachlassangelegenheit nach dem am 14.09.2007 verstorbenen Großvater T2".

Mit Schriftsatz vom 27.07.2009, der am selben Tag beim Amtsgericht einging, beantragte der Ergänzungspfleger, das Grundbuch zu berichtigen, weil die Beteiligte nicht Erbin ihres Großvaters und damit nicht Miteigentümerin des Grundstücks sei. Zur Begründung gab er an, er habe die Annahme der Erbschaft durch die nicht allein sorgeberechtigte Mutter der Beteiligten sowie die Versäumung der Ausschlagungsfrist angefochten und die Erbschaft ausgeschlagen.

Mit Verfügung vom 25.08.2009 lehnte das Grundbuchamt die Eintragung eines Amtswiderspruchs ab. Die Beteiligte legte mit Schriftsatz vom 09.09.2009 bei dem Grundbuchamt beschränkte Beschwerde gem. § 71 Abs. 2 S. 2 GBO mit dem Antrag ein, entweder einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung der Eintragung der Beteiligten vorzunehmen.

Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor.

Der Senat hat eine Entscheidung über die Grundbuchbeschwerde der Beteiligten abzulehnen, weil er in dieser Sache nicht als Rechtsmittelgericht zur Entscheidung berufen ist.

Allerdings entscheidet nach § 72 GBO in der Fassung durch das am 01.09.2009 in Kraft getretene FGG-RG vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) das Oberlandesgericht über eine Beschwerde (§ 71 GBO) gegen eine Entscheidung des Grundbuchamtes. Diese Vorschrift gelangt indessen infolge der Übergangsregelung in Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG auf den vorliegenden Fall noch nicht zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift sind auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des FGG-RG eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zu diesem Zeitpunkt beantragt worden sind, weiterhin die vor Inkrafttreten des FGG-RG geltenden Vorschriften anzuwenden. Ein vor dem 01.09.2009 eingeleitetes Verfahren ist somit vollständig unter Geltung des bisherigen Verfahrensrechts abzuwickeln. Für die Anwendung der Übergangsvorschrift ist weder der Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung oder derjenige des Eingangs der Beschwerde, sondern allein der Zeitpunkt der Einleitung bzw. des Antrags auf Einleitung des Verfahrens maßgebend. Die Anwendbarkeit des bisherigen Verfahrensrechts schließt die gerichtsverfassungsrechtlichen Regelungen zur Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts ein.

Mit dieser Beurteilung schließt sich der Senat der in Rechtsprechung und Literatur nahezu einheitlich vertretenen Auslegung der Übergangsvorschrift an (OLG Köln, Beschl. v. 21.09.2009 - 16 Wx 121/09; Beschl. v. 11.09.2009 - 2 Wx 76/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.09.2009 - I-3 Wx 187/09; Keidel/

Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., Art. 111 FGG-RG, Rdnr. 2; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 2009, Einl., Rdnr. 90; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Auflage, Vorbem. 3 vor § 606). Nur so kann dem Zweck der Übergangsregelung Rechnung getragen werden, der in der Begründung zum Regierungsentwurf des FGG-RG ausdrücklich dahin beschrieben wird, ein unter

Geltung des bisherigen Rechts eingeleitetes Verfahren sei nach dem bisherigen Recht durchzuführen, und zwar einschließlich der Durchführung des Rechtsmittelverfahrens (BT-Drucks. 16/6308, S. 359). Mit dem danach unzweideutigen Willen des Gesetzgebers ist die Auffassung (Prütting/Helms, FamFG, Art. 111 FGG-RG, Rdnr. 5) nicht in Einklang zu bringen, die jeweilige gerichtliche Instanz bilde ein selbständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG mit der Folge, dass bei einer ab dem 01.09.2009 eingelegten Beschwerde auf das gesamte weitere Verfahren einschließlich des Rechtsmittelrechts die Vorschriften des FamFG anwendbar wären. Vielmehr hat der Gesetzgeber einen solchen Wechsel des Verfahrensrechts während eines laufenden Verfahrens, der zu zahlreichen zusätzlichen verfahrensrechtlichen Folgeproblemen führen müsste, gerade ausschließen wollen. Eine abweichende Beurteilung lässt sich auch nicht aus Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ableiten. Denn diese durch das VAStrRefG vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700) eingeführte Vorschrift dient lediglich der Klarstellung der Grundregelung des Abs. 1 S. 1 im Hinblick auf Bestandsverfahren, wie beispielsweise Betreuungssachen. Danach gilt jede Verrichtung, die mit einer Endentscheidung im Sinne des § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG abgeschlossen wird, als selbständiges Verfahren, auf das nach Maßgabe des Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG entweder altes oder neues Verfahrensrecht anzuwenden ist (Keidel/Engelhardt, a.a.O. Art. 111 FGG-RG, Rdnr. 3, 4).

Gegenstand der ausdrücklich mit der Beschränkung gem. § 71 Abs. 2 S. 2 GBO eingelegten Beschwerde ist die Eintragung eines Amtswiderspruchs bzw. einer Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2 GBO. Es handelt sich dabei nicht etwa um die Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens, das mit der nunmehr beanstandeten Eintragung abgeschlossen worden ist. Vielmehr eröffnet § 53 Abs. 1 GBO in beiden Alternativen jeweils ein Amtsverfahren, das zwar mittelbar zu einer sachlichen Überprüfung der vorgenommenen Eintragung führt, dabei jedoch sowohl hinsichtlich des sachlichen Prüfungsumfangs als auch hinsichtlich des anzuwendenden Amtsermittlungsgrundsatzes eigenständigen Regeln folgt. Für die Anwendung des Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG ist deshalb der Zeitpunkt maßgebend, in dem dieses Amtsverfahren von dem Grundbuchamt eingeleitet worden ist. Die Einleitung eines solchen Verfahrens erfolgt von Amts wegen, wobei auch eine entsprechende Anregung eines Beteiligten dazu den Anlass geben kann (§ 24 Abs. 1 FamFG). Hier hat die Beteiligte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.07.2009 zunächst eine Grundbuchberichtigung beantragt. Der Formulierung nach handelt es sich um einen nach § 22 Abs. 1 GBO gestellten Antrag auf eine Berichtigungseintragung. Ein solcher Antrag umfasst jedoch in der Sache auch die Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruchs, jedenfalls dann, wenn er - wie hier - darauf gestützt ist, dass nach Auffassung der Beteiligten die zu berichtigende Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden ist (§ 53 Abs. 1 S. 1 GBO). In dieser Weise hat das Grundbuchamt den Antrag der Beteiligten auch verstanden und ist in eine sachliche Überprüfung eingetreten, die es durch die Verfügung vom 25.08.2009 abgeschlossen hat, mit der die Eintragung eines Amtswiderspruchs abgelehnt worden ist.

Da somit das Amtsverfahren zur Prüfung der Eintragung eines Amtswiderspruchs bereits vor dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist, ist § 72 GBO in seiner bisherigen Fassung anzuwenden: Zuständiges Gericht zur Entscheidung über die eingelegte Beschwerde ist das dem Grundbuchamt übergeordnete Landgericht.