AG Marsberg, Urteil vom 13.10.2004 - 1 C 22/04
Fundstelle
openJur 2011, 33654
  • Rkr:
Tenor

Das Versäumnisurteil vom 09. März 2004 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600,00 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicher-heit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der Beklagte bot über das Internet Auktionshaus G1 einen Pkw Volvo 945 Diesel, Baujahr April 1994, mit Getriebeschaden zum Verkauf an. Dabei gab der Beklagte einen Kilometerstand von 235.000 km an. Nach dem Angebot sollte das Auto als Bastlerfahrzeug ohne Garantie verkauft werden.

Der Kläger erwarb das Fahrzeug am 17.05.2003 durch sein Kaufpreisangebot von 1.250,00 €.

Bei Übergabe des Fahrzeugs wurde der Kaufvertrag schriftlich abgefaßt. Der Kaufpreis wurde wegen zusätzlicher Mängel auf 1.100,00 € herabgesetzt. Als Kilometerstand wurde in der Vereinbarung "laut Tacho 236.000 km" aufgenommen.

In der Folgezeit setzte der Kläger das Fahrzeug instand und verkaufte es am 22.06.2003 zum Preise von 3.760,00 € unter Angabe einer Laufleistung von ca. 236.900 km. Dieser nächste Käufer fand heraus, dass der Volvo-Pkw bereits im Jahre 2002 eine Laufleistung von 319.500 km aufgewiesen hatte. Der Kläger stimmte der Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 22.06.2003 zu und konnte das Fahrzeug wegen der weit höheren Laufleistung als bisher angenommen nur zu einem erheblich geringeren Preis verkaufen.

Mit der Klage macht der Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 2.486,00 € geltend.

Der Kläger trägt vor:

Der Beklagte sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil er als Gebrauchtwagenhändler für die falsch angegebene Laufleistung des Volvo-Pkws einstehen müsse. Bei der Angabe des Kilometerstands handele es sich um eine vereinbarte Beschaffenheit. Der Beklagte habe das Fehlen dieser Beschaffenheit zu vertreten.

Am 09.03.2004 ist gegen den Beklagten im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil ergangen, worin er verurteilt worden ist, an den Kläger 2.486,90 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2003 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil vom 09.03.2004 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils ab-

zuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Er habe sich im November/Dezember 2003 durch Auszug aus der Ehewohnung von seiner Ehefrau getrennt. Die Zustellung der Klage und des Versäumnisurteils seien noch an die vormalige Adresse erfolgt, sodass er zunächst keine Kenntnis von dem Prozess gehabt habe.

Er sei kein Gebrauchtwagenhändler, sondern verkaufe nur gelegentlich eigene Fahrzeuge oder helfe Bekannten beim Verkauf ihres Pkws.

Durch den bei Übergabe des Fahrzeugs abgefaßten schriftlichen Kaufvertrags sei klargestellt, dass es sich bei dem Kilometerstand laut Tacho um den abgelesenen Kilometerstand gehandelt habe. Damit sei eine bestimmte Laufleistung des Fahrzeugs nicht vereinbart gewesen. Eine zu vertretende Pflichtverletzung sei ihm nicht vorzuwerfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin R. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 29.09.2004 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger kann vom Beklagten keinen Schadensersatz wegen eines zu vertretenden Sachmangels (§§ 437, 440, 280 BGB) verlangen.

Die Zustellung der Klageschrift am 18.02.2004 sowie des Versäumnisurteils vom 09.03.2004 am 25.03.2004 waren unwirksam. Der Beklagte hatte sich nach dem Auszug aus der Ehewohnung bereits am 08.12.2003 umgemeldet und unter der neuen Anschrift seine Wohnung. Eine Ersatzzustellung unter der bisherigen Anschrift war unwirksam, weil er dort nicht mehr wohnte. Da durch die unwirksame Zustellung des Versäumnisurteils die Einspruchsfrist nicht zu laufen begonnen hat, konnte der Beklagte am 17.05.2004 noch rechtzeitig Einspruch gegen das Versäumnisurteil einlegen.

Der vom Beklagten an den Kläger verkaufte Volvo-Pkw wies keinen Sachmangel auf, den der Beklagte zu vertreten hat. Die Parteien haben zunächst über das Auktionshaus G1 einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Volvo-Pkw geschlossen. Der Kaufpreis betrug 1.250,00 € und es handelte sich um ein Bastlerfahrzeug mit einem angegebenen Kilometerstand von 235.000. Bei Übergabe des Fahrzeugs haben die Parteien den Kaufvertrag abgeändert und schriftlich niedergelegt, dass der Kaufpreis 1.100,00 € beträgt. Zugleich ist in die schriftliche Vereinbarung aufgenommen worden, dass sich der Kilometerstand laut Tacho auf 236.000 km beläuft.

Die Angabe in der schriftlichen Vereinbarung bei Übergabe des Fahrzeugs, dass die Laufleistung des Pkws laut Tacho 236.000 km beträgt, ist im vorliegenden Fall nicht als vereinbarte Beschaffenheit anzusehen, für die der Beklagte einzustehen hat.

Die Beweisaufnahme - Vernehmung der Zeugin R - hat nicht ergeben, dass der Beklagte einen Gebrauchtwagenhandel betreibt.

Ein Privatmann, der ein 9 Jahre altes Fahrzeug ohne eingebautes Getriebe als Bastlerfahrzeug zum Preise von 1.100,00 € verkauft, will erkennbar durch die Angabe des Kilometerstandes "laut Tacho" nicht für die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs einstehen. Jedenfalls hat es der Beklagte als Privatmann - anders als ein Gebrauchtwagenhändler - nicht zu vertreten, wenn er sich auf den angegebenen Tachometerstand und die Angabe des Vorbesitzers verläßt.

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheidet damit aus.

Das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 11.10.2004 ist, soweit es Angriffs- und Verteidigungsmittel enthält, gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.

Ein Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO ist nicht gegeben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

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